Im Jahr 2009 war die Verblüffung groß – aber auch die Skepsis vieler Expertinnen und Experten. Danach wurde es still um diese Ergebnisse – bis Montag. Denn da gab die am Wiener Biocenter ansässige Firma ADvantage Therapeutics den Start einer weiteren Studie mit 122 Alzheimer-Patienten im Frühstadium in 16 Zentren (Österreich, Frankreich, Deutschland, Slowakei, Großbritannien, Polen, Bulgarien) bekannt.
„Das war unser Penicillin-Moment“
„2014 war unser Penicillin-Moment“, erklärt der ärztliche Leiter der neuen, 2021 gegründeten Firma, Achim Schneeberger, der auch bei Affiris war. Denn so wie die Entdeckung des Antibiotikums 1928 durch Alexander Fleming ein Zufall war, war es auch die Wirkung des vermeintlichen Placebos.
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Dabei handelte es sich um Aluminiumhydroxid – eine Substanz, die seit mehr als 80 Jahren als Hilfsstoff die Wirkung zahlreicher Impfstoffe verstärkt, aber dabei keine eigene Wirkung zeigt. Normalerweise wird bei Injektionen als Placebo eine Kochsalzlösung verwendet – doch diese ist klar, der 2014 getestete eigentliche Alzheimer-Wirkstoffkandidat war aber trüb. Es wäre also sofort ersichtlich gewesen, wer den Wirkstoff und wer das Placebo erhält. Deshalb fiel damals die Wahl auf Aluminiumhydroxid als Placebo – weil es für Trübung sorgte.
Die neue Firma hält alle Patente rund um den auf Aluminiumhydroxid basierenden Wirkstoff AD04. In der neuen Studie erhält eine Gruppe AD04, die andere als Placebo Kochsalz – die Spritzen sind jetzt aber „verblindet“, es ist nicht erkennbar, ob der Inhalt klar oder trüb ist.
AD04 reduziere die durch Alzheimer ausgelöste Entzündung im Gehirn, sagt Schneeberger. Das Immunsystem werde aktiviert.
"Generell ein Wendepunkt bei der Alzheimer-Therapie"
Der Neurologe Andreas Winkler, Vizepräsident von „Alzheimer Austria“ und Leiter des Forschungsinstituts Neuromed, sieht derzeit generell einen „Wendepunkt“ in der Alzheimer-Therapie. „Wir hoffen nicht mehr auf neue Therapien – sie sind Realität.“
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In den USA ist bereits der Antikörper Lecanemab zugelassen, das Verfahren in der EU läuft, mit einer Zulassung wird im ersten Quartal 2024 gerechnet. Der Antikörper verlangsamt den geistigen Abbau um 27 Prozent, der auch in den USA noch nicht zugelassene Antikörper Donanemab sogar um 35 Prozent. Beide reduzieren auf unterschiedliche Wirkweise die schädlichen Amlyoid-Ablagerungen im Gehirn. "Diese Medikamente eröffnen erstmals die Möglichkeit, den Krankheitsverlauf zu verlangsamen", sagt Winkler.
Allerdings traten bei beiden Antikörpern bei einem Teil der Patienten auch Hirnschwellungen und Hirnblutungen auf. „Bei unserem Wirkstoff haben wir derartige Nebenwirkungen noch nicht gesehen“, sagt Schneeberger. Die neue Studie mit AD04 wird 12 Monate dauern. Bei positiven Ergebnissen ist mit einer Zulassung frühestens 2027 zu rechnen.
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