Affenpocken in einem US-Zeltlager: Symptome oft schwer zu erkennen
Die Gesundheitsbehörden im US-Bundesstaat New Jersey bitten die Bevölkerung um erhöhte Wachsamkeit in Bezug auf die Ansteckung mit Affenpocken, nachdem in einem Sommercamp zwei Fälle aufgetreten sind. Sollte sich die Infektion mit Affenpocken bestätigen, wäre dies die erste Übertragung an einem öffentlichen Ort wie einem Zeltlager, so die Gesundheitsbehörde von Camden County.
Falls der zweite Verdachtsfall bestätigt wird, wäre dies "höchst ungewöhnlich", so der Gesundheitsbeauftragte Paschal Nwako, wie CBS berichtete. Denn die Übertragung wäre ohne engen Kontakt mit der erkrankten Person erfolgt: "Es gab also kein Reiben der Haut", so Nwako.
Stattdessen habe die infizierte Person möglicherweise einfach einen Gegenstand berührt oder sei in der Nähe des Verdachtsfalls gewesen. Derzeit laufen noch die Ermittlungen. Die Behörden wollten nicht bekannt geben, ob es sich bei der infizierten Person um einen Betreuer oder einen Camper handelt. Auch der Name des Zeltlagers wurde nicht bekannt gegeben: Es seien in dem Lager mehrere Altersgruppen vertreten und es sei mit weniger als 100 Personen ein kleines Zeltlager. Die Eltern, deren Kinder in dem Lager sind, seien jedenfalls informiert worden.
- direkter Kontakt mit dem Ausschlag von Affenpocken-Infizierten (z.B. Bläschen, Schorf)
- direkter Kontakt mit Körperflüssigkeiten von Affenpocken-Infizierten
- direkter Kontakt mit Schleimhäuten von Affenpocken-Infizierten
- Tröpfcheninfektion bei direktem engen Kontakt von längerer Dauer
- direkter Kontakt mit Virus-kontaminierten Objekten (z.B. Bettwäsche, Kleidung)
- vermutlich über die Plazenta (von der Mutter auf den Fötus)
- vermutlich über den Geburtsvorgang (von der Mutter auf den Fötus)
Nach aktuellem Wissensstand findet die Übertragung von Mensch zu Mensch nur statt, während Symptome vorliegen, jedoch nicht in der Inkubationszeit.
Quelle: Österreichisches Gesundheitsministerium
Das Camp ist noch in Betrieb und wurde nach der Affenpocken-Exposition desinfiziert. Um die Ausbreitung der Krankheit einzudämmen, empfiehlt die CDC, engen Hautkontakt mit Menschen zu vermeiden, die einen Ausschlag haben, der wie Affenpocken aussieht, sich häufig die Hände mit Wasser und Seife zu waschen sowie die Bettwäsche, Handtücher oder Kleidung einer Person mit Affenpocken nicht zu berühren.
Die Behörden planen nun, eine Klinik im Lager einzurichten: "Wir werden am Montag Impfungen für alle anbieten können", sagte Nwako.
Bereits vergangene Woche berichtete die US-Zeitung NY Times, dass sich die Diagnose der Virus-Erkrankung oft schwierig gestaltet, da die Patienten oft ohne die typischen Pusteln im Krankenhaus vorstellig werden. Oder Patienten zwar mit Pusteln eine Notfallambulanz aufsuchen, aber keine grippalen Symptome haben sowie keinen Infizierten im Bekanntenkreis kennen.
Oft haben Patienten keine großen Pusteln, sondern eine Hautverletzung, die wie ein Gelsenstich oder wie ein Pickel oder ein eingewachsenes Haar aussieht. Gibt es keine weiteren Symptome wie Fieber oder Müdigkeit, wäre die Diagnose äußerst schwierig. Manche US-Affenpocken-Patienten hätten überhaupt keine sichtbaren Hautveränderungen, sondern quälende Schmerzen beim Schlucken, Urinieren oder bei der Darmentleerung, so die NY Times.
Einige hatten Kopfschmerzen oder Depressionen, Verwirrung und Krampfanfälle, bei anderen traten schwere Augeninfektionen oder Herzmuskelentzündungen auf. Mindestens drei der sechs bisher gemeldeten Todesfälle standen im Zusammenhang mit einer Enzephalitis, einer Entzündung des Gehirns.
Anfangs teilweise unspezifische Symptome:
- Fieber
- Schüttelfrost
- Kopf-, Rücken und Muskelschmerzen
- geschwollene Lymphknoten
- Erschöpfung
Hautveränderungen nach 1 bis 3 Tagen:
- Ausschlag:
- ausgehend von der Stelle der Infektion über den Körper
- ausgehend vom Gesicht über den Körper
- im Gesicht, an den Händen und Unterarmen
- im Mund und Rachenraum
- im Genitalbereich
- auf den Augen
- teilweise stark juckend oder schmerzhaft
- durchläuft die typischen Stadien: Flecken, Bläschen, Pusteln und Krusten
Im weiteren Verlauf:
- Bildung von Krusten
- Abfallen der Krusten
Der Inhalt der Bläschen ist hochinfektiös. Ansteckungsfähigkeit besteht, so lange Krusten vorhanden sind. Im Durchschnitt sind
"Wir sehen wirklich ein sehr, sehr breites Spektrum an Präsentationen", sagt Boghuma Titanji, eine Ärztin für Infektionskrankheiten an einer Klinik in Atlanta, die Menschen mit HIV betreut.
Wissenschafter wissen jetzt, dass das Affenpockenvirus in Speichel, Sperma und anderen Körperflüssigkeiten nachweisbar ist, manchmal noch Wochen nach der Genesung. Bisher war bekannt, dass sich das Virus durch engen Kontakt verbreitet, doch viele Forscher vermuten, dass die Infektion auch durch Sex übertragen werden kann.
Patienten und Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass das Virus auch von Menschen mit atypischen oder asymptomatischen Infektionen übertragen werden kann, so der Harvard-Wissenschafter Abraar Karan im Interview mit der NY Times.
Erst kürzlich konnten französische Wissenschafter das Affenpockenvirus in Proben von asymptomatisch Erkrankten bei Routineuntersuchungen nachweisen, die Ergebnisse wurden in Annals of Internal Medicine veröffentlicht. (Sie können die Ergebnisse hier auf Englisch nachlesen.)
Von 200 Personen, die asymptomatisch an Affenpocken erkrankt waren, waren 13 Proben positiv für das Virus. Die Ergebnisse lassen vermuten, dass die asymptomatische Ausbreitung des Virus zum weltweiten Ausbruch beiträgt und dass die Impfung nicht auf Personen mit bekannter Exposition beschränkt werden sollte, so das American College of Physicians in einer Erklärung zu den neuen Forschungsergebnissen.
"Es ist nicht mehr korrekt zu sagen, dass es nicht asymptomatisch übertragen werden kann", so Chloe Orkin, eine Ärztin für Infektionskrankheiten an der Queen Mary University of London. "Ich denke, das bedeutet, dass unser Arbeitsmodell, wie es sich verbreitet, falsch ist."
Zu Beginn des Ausbruchs erklärte die US-Seuchenschutzbehörde, dass "Menschen, die keine Affenpocken-Symptome haben, das Virus nicht auf andere übertragen können". Mittlerweile heißt es, dass asymptomatische Fälle möglich sind, aber die Behörde betont, dass es immer noch ungewiss sei, ob Menschen ohne Symptome das Virus verbreiten könnten.
Übertragung durch Sperma
"Wir haben es hier mit einer Krankheit zu tun, die mehr als 50 Jahre alt ist, und wir wissen immer noch viel nicht - und das liegt daran, dass die Krankheit bisher weitgehend auf Afrika beschränkt war", sagte Dimie Ogoina, die in Nigeria 2017 eine Affenpocken-Studie mit ähnlich ungewöhnlichen Symptomen leitete.
Ende Mai setzte sich Orkin mit mehreren internationalen Kollegen in Verbindung, um die größte Studie über Affenpocken zusammenzustellen. Hunderte von Ärzten aus 16 Ländern lieferten Informationen über die Fälle, die sie beobachteten.
Sie änderten die Meldeformulare und fügten Felder für eine einzelne Pocke, Läsionen im Rachen oder Rektum sowie medizinische Komplikationen hinzu - Merkmale, die "in den internationalen Falldefinitionen von Affenpocken nicht enthalten waren", so Orkin in der NY Times. Die daraus resultierende Analyse von 528 Patienten wurde am 21. Juli in The New England Journal of Medicine veröffentlicht. Einige Tage später alarmierte Orkin mehrere nationale Gesundheitsbehörden, um die Falldefintionen umzuschreiben.
Die britische Gesundheitsbehörde und die Europäischen Zentren für Seuchenkontrolle antworteten noch am selben Tag. Großbritannien nahm einige der neuen Symptome drei Tage später in die Falldefinition auf.
Die neue CDC-Definition erwähnt Läsionen im Mund - Pocken im Mund, in den Augen und in der Harnröhre bleiben aber unerwähnt. Die Behörde erklärt, dass die Erkenntnisse von Orkin bekannt seien und sie mit Studien begonnen habe, "die uns helfen werden, die Reichweite und Bedeutung von Läsionen an diesen und anderen Körperstellen besser zu verstehen".
Aufgrund von Berichten, wonach das Virus wochenlang im Sperma nachweisbar ist, empfahl Großbritannien Männern, die sich von Affenpocken erholen, zwölf Wochen lang Kondome zu benutzen. Die CDC hat sich dem (noch) nicht angeschlossen. Die Behörde sollte den Männern raten, einige Wochen lang Kondome zu tragen, wie es in Großbritannien der Fall ist, so Karan. "Wir wissen nicht, wie lange Menschen das Virus durch Sperma übertragen können", sagte er. "Ich denke, sie sollten das klar kommunizieren."
Lage in Österreich
In Österreich sind in der vergangenen Woche weitere 36 Affenpocken-Fälle behördlich bestätigt werden. Das entspricht einem Zuwachs um 16,6 Prozent binnen einer Woche. Insgesamt sind hierzulande bisher 253 Fälle von Affenpocken aufgetreten, gab die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) am Freitag bekannt. Davon galten 81 Erkrankte und somit 32 Prozent der Betroffenen laut Epidemiologischen Melderegister als wieder genesen.
In Österreich sind bisher 4.340 Dosen des Vakzins von Imvanex/Jynneos angekommen. Vertreter der LGBTIQ+-Community und der Wiener Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) hatten das zuletzt als deutlich zu wenig bezeichnet, um Risikogruppen vorbeugend impfen zu können. Woraufhin das Gesundheitsministerium bekannt gab, dass von der ersten gelieferten Tranche - 2.340 Dosen - nicht einmal die Hälfte verbraucht wurde.
Der Trend in Österreich steht im Gegensatz zur weltweiten Entwicklung. Laut WHO ist die globale Inzidenz nach einem einmonatigen Aufwärtstrend zuletzt um rund ein Fünftel gesunken.
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