Infektion mit Affenpocken: Wie gefährlich ist sie für Kinder?
In den USA hat jetzt auch Kalifornien einen gesundheitlichen Notstand wegen der starken Ausbreitung der Affenpocken ausgerufen. Nach New York und Illinois ist es bereits der dritte Bundesstaat.
Von den bisher 6.000 bestätigten Fällen in den USA entfällt nahezu die Hälfte auf diese drei Staaten. Einen Notstand hat bereits in der Vorwoche auch die Stadt San Francisco ausgerufen. Weltweit sind derzeit rund 24.000 Fälle registriert. Laut Gesundheitsministerium wurden bis 1.8. in Österreich 132 Fälle gemeldet.
Mit zahlreichen Maßnahmen soll die Ausbreitung der Affenpocken verlangsamt werden: durch verbesserte Testangebote, mehr Contact Tracing und auch eine raschere Versorgung mit ausreichend Impfstoff, der bis jetzt aber Mangelware ist. Der Impfstoff-Bedarf kann derzeit bei weitem nicht gedeckt werden.
Bisher betreffen die allermeisten Fälle Männer, die Sex mit Männern haben. Doch Gesundheitsexperten betonen, dass sich jede und jeder infizierten kann, der einen intensiveren Kontakt mit einem Infizierten hat und warnen vor einer Ausbreitung in andere Bevölkerungsgruppen, darunter auch Kinder.
So sind in den USA bereits vier Infektionen bei Kindern gemeldet worden, in Deutschland gibt es zwei Infektionen bei Unter-18-Jährigen - einem 15-Jährigen und einem 17-Jährigen - und für Aufsehen sorgte auch der Fall eines Kindes in Holland.
Laut CDC kann es durch das Halten, Knuddeln oder auch Füttern von (Klein-)Kindern genauso wie durch gemeinsam benützte Handtücher, Bettwäsche, Gläser und andere Utensilien zu Ansteckungen kommen.
Kindern unter acht Jahren wird in den USA eine Behandlung mit dem antiviralen Medikament Tecovirimat empfohlen. Laut Medienberichten haben alle vier Kinder in den USA einen milden Verlauf.
Die US-Gesundheitsbehörde CDC schreibt von Anzeichen für ein erhöhtes Risiko bei Kindern für einen schweren Verlauf, das US-Heimatschutzministerium wiederum verweist darauf, dass bei früheren Ausbrüchen Kinder stärker als Erwachsene betroffen waren.
Eine entsprechende Sorge äußerte kürzlich auch Rosamund Lewis, Leiterin des WHO-Affenpocken-Notfallprogramms: Kinder, schwangere Frauen und Immungeschwächte sind demnach unter jenen Gruppen, die einen schweren Krankheitsverlauf haben können, erklärte Lewis bei einer Pressekonferenz: "Bei einem sehr starken Ausschlag kann es zu Flüssigkeitsverlust und Austrocknung kommen. Starkes Anschwellen der Lymphknoten kann das Schlucken deutlich erschweren und ebenfalls zu zu wenig Flüssigkeitsaufnahme führen."
Zusätzlich können starke Schmerzen in Mund und Rachen auch die Nahrungsaufnahme erschweren. Krankhafte Gewebsveränderungen in den Augen können die Sehkraft beeinträchtigen und im schlimmsten Fall - wie man es in Afrika bereits beobachtet habe - zur Erblindung führen, betont Lewis.
Auch Gehirnentzündungen wurden in der Vergangenheit beobachtet. "Kinder bauen ihre Immunität erst auf, bei anderen Gruppen wiederum kann die Immunität geschwächt sein, sei es durch Schwangerschaft, nicht behandelte HIV-Infektion, Chemotherapie oder andere Therapien, die das Immunsystem schwächen."
Trotz des erhöhten Risikos von Kindern betonen Kinderärzte aber auch, dass der Großteil der Erkrankungen bei ihnen mild verläuft.
Für Diskussionen sorgt auch eine Information zum Thema Infektiosität. Laut einem neuen Bericht des US-Heimatschutzministeriums können Infizierte ansteckend sein, bevor ein sichtbarer Ausschlag auftritt. Die mittlere Inkubationszeit (von der Ansteckung bis zu den ersten Symptomen) beträgt zwischen 7 und 17 Tagen.
Und: Die Viren können in der Umwelt sehr stabil sein, "unter manchen Umständen für Tage bis Wochen".
Der Bericht geht auch auf mögliche Ansteckungswege ein: Neben der Haut auch über die Nase, den Mund sowie das Einatmen von von infektiösen Tröpfchen.
Seit Samstag wurden weltweit auch sechs Todesfälle außerhalb Afrikas gemeldet: Zwei in Spanien und je einer in Brasilien, Indien, Ghana und Peru. Es sind dies die erste Todesfälle im Rahmen der globalen Virusausbreitung. Hingegen wurde in den ersten drei Monaten der Virusverbreitung außerhalb Afrikas kein einziger Todesfall gemeldet.
Zu wenig Impfstoff in Österreich?
Wegen der sich immer weiter ausbreitenden Viruserkrankung der Affenpocken hat die LGBTIQ-Community am Dienstag Kritik am Gesundheitsministerium geübt. Das Ministerium tue viel zu wenig, um die Verbreitung aufzuhalten, sagte etwa Ann-Sophie Otte, Obfrau der Homosexuellen Initiative (HOSI) Wien. Es gebe zu wenig Impfstoffe und Information über die Krankheit. Es werden dieselben Fehler wie bei der Corona-Pandemie gemacht.
Seit April kursiert die Viruserkrankung auch in Österreich. Bisher wurden 132 Fälle gemeldet (Stand: 1. August 2022). „Im Vergleich zu anderen Staaten ist die Anzahl an bestätigten Affenpockenfällen hierzulande noch auf einem niedrigerem Niveau“, argumentierte das Ressort von Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne).
Für Österreich gab es erste Impfstoff-Lieferungen von Imvanex/Jynneos in der Höhe von 2.300 Dosen. Diese Woche werde eine weitere Lieferung erwartet, so das Ministerium. Vom Nationalen Impfgremium wird eine Impfung derzeit nur für bestimmte Risikogruppen empfohlen - etwa für Kontaktpersonen von Infizierten. Für die Community der Lesben, Schwulen, Bisexuellen, transgender, intergeschlechtlichen und queeren Menschen ist das zu wenig. „Bisher ist in Österreich leider kein umfassendes Vorgehen gegen Affenpocken-Ausbrüche erkennbar. Ich habe volles Verständnis dafür, dass sich manche angesichts der Untätigkeit des Gesundheitsministeriums verunsichert fühlen“, sagte der Vorsitzende der sozialdemokratischen LGBTIQ-Organisation SoHo, Mario Lindner.
Es würden „nicht annähernd genug Impfungen“ bestellt werden, betonte auch Otte. „Österreich hat sich der gemeinsamen Beschaffung über die EU angeschlossen und bekommt daraus gerade einmal 4.400 Impfungen. Das ist kaum mehr als die Hälfte der 8.000 Impfungen, die allein die Stadt Berlin bekommen wird.“ Denn Deutschland habe, zusätzlich zur europäischen Beschaffung, eigenständig 100.000 Impfungen bestellt. „Wieso schafft das österreichische Gesundheitsministerium das nicht? Rauch kann zwar nichts dafür, wenn die EU-Beschaffung nicht ausreichend ist - aber dann muss er eben eigenständig tätig werden. Oder wozu ist er sonst Minister?“, fragte Otte. „Das Gesundheitsministerium hat aus Corona nichts gelernt.“
„Über das europäische Kontingent konnten bereits erste Mengen an Impfstoffen nach Österreich geliefert werden, die derzeit aufgrund der limitierten Liefermenge primär bei unmittelbaren Kontaktpersonen zu bestätigten Fällen sowie bei Laborpersonal, das tatsächlich mit Affenpocken-Viren arbeitet und somit einem hohen Infektionsrisiko ausgesetzt ist, eingesetzt werden“, argumentierte das Ministerium. „Das Gesundheitsministerium arbeitet laufend und intensiv daran, möglichst schnell zusätzliche Impfstoffmengen in Österreich zur Verfügung zu stellen.“ Deswegen würden auch weitere Beschaffungsmöglichkeiten geprüft.
Ein weiteres Problem sei die mangelnde Information, betonte die HOSI. „Es gibt keine umfassende Informationskampagne, die besonders gefährdete Menschen ausreichend erreichen könnte. Die Informationen sind wieder einmal nicht in einfacher Sprache aufbereitet. Wieder einmal wurden sie nicht in die Sprachen der migrantischen Communitys übersetzt. Ja, wie sollen sich Menschen denn schützen, wenn sie nicht einmal informiert werden, dass sie sich schützen sollten“, fragte Otte.
"Brauchen dringend mehr Impfdosen"
„Schon im Juni waren wir erstmals mit dem Ministerium dazu im Gespräch. Immer wieder wurde der LGBTIQ-Community über verschiedene Kanäle mitgeteilt, das Thema werde ernst genommen, aber die Impfbeschaffung über die EU würde eben Zeit brauchen. Letzte Woche haben wir dann beim ersten direkten Austausch in zwei Monaten erfahren, wie wenig das Ministerium tatsächlich tut“, so Otte. „Wieder einmal wird rumgesessen, zugewartet und gehofft, das Problem würde sich von selbst lösen. Statt das Virus rasch einzudämmen, sieht Rauch bei der Verbreitung zu.“
Lindner, der als Gleichbehandlungssprecher der SPÖ im Nationalrat vor wenigen Wochen die erste parlamentarische Anfrage zum Kampf gegen Affenpocken eingebracht hat, sieht dringenden Handlungsbedarf seitens des Gesundheitsministers: „Jetzt ist weder die Zeit für Alarmismus und Panikmache noch für eine Bundesregierung, die wegschaut und die Lage ignoriert. Wir brauchen dringend mehr Impfdosen und eine nachvollziehbare, präventionsorientierte und ruhige Kommunikation seitens aller öffentlichen Stellen.“
Das Gesundheitsministerium listet folgende mögliche Symptome auf:
Anfangs teilweise unspezifische Symptome:
- Fieber
- Schüttelfrost
- Kopf-, Rücken und Muskelschmerzen
- geschwollene Lymphknoten
- Erschöpfung
Hautveränderungen nach 1 bis 3 Tagen:
- Ausschlag:
- ausgehend von der Stelle der Infektion über den Körper
- ausgehend vom Gesicht über den Körper
- im Gesicht, an den Händen und Unterarmen
- im Mund und Rachenraum
- im Genitalbereich
- auf den Augen
- teilweise stark juckend oder schmerzhaft
- durchläuft die typischen Stadien: Flecken, Bläschen, Pusteln und Krusten
Im weiteren Verlauf:
- Bildung von Krusten
- Abfallen der Krusten
Der Inhalt der Bläschen ist hochinfektiös. Ansteckungsfähigkeit besteht, so lange Krusten vorhanden sind. Im Durchschnitt sind dies 3 Wochen.
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