Das große Finale der Rosetta-Mission

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Mit einem gezielten Absturz endet die größte europäische Kometenmission.

Ein bisschen Wehmut, aber auch Vorfreude auf das große Finale – so beschreibt Stephan Ulamec seine Gefühlslage, wenige Tage, bevor die Kometenmission "Rosetta" am 30. September zu Ende geht. Der gebürtige Salzburger leitete das Landemanöver, bei dem sie erstmals einen Roboter auf einen Kometen beförderten – ein Meilenstein in der Weltraumgeschichte.

Nun soll die Muttersonde "Rosetta", die den Kometen "G7P/Tschurjumow-Gerasimenko" jahrelang begleitete, auf eben diesem landen. Es wird ein gezielter Absturz, bei dem noch viele Daten gesammelt werden, erklärt der Geophysiker. Es ist das Finale einer Mission, die 1985 beschlossen wurde. Ziel war es, Kometen möglichst genau zu untersuchen. Und damit die große Frage zu beantworten: Wo kommen wir her?

Doch "Tschuri" entpuppte sich als harte Nuss: Ein Kern aus gefrorenem Wassereis und überzogen mit einer Staubschicht, die keine Wärme durchlässt. 2014 landet dort der kühlschrankgroße Roboter "Philae" und kann die Harpunen zur Verankerung nicht auslösen. Er hüpft und kommt dort zum Stillstand, wo am wenigsten Sonne ist. Nach 60 Stunden sind seine mit Solarzellen betriebenen Batterien leer. Funkstille. Im Laufe der Jahre meldet er sich vereinzelt, aber nur kurz – die Sonneneinstrahlung lädt seine Batterien teilweise auf. Aber "Philae" hat auch einen Wackelkontakt, verursacht durch den Aufprall. 2015 bricht der Kontakt ab. Erst vor einem Monat wird er gefunden. Ulamec: "Ehrlich gesagt, er hätte noch mehr Daten gewinnen können, wenn man ihn noch in Schwung gebracht hätte. Wir hätten noch mehr Messungen gemacht, wie sich der Komet verändert, wie er in Sonnen-Nähe aktiv wird ..."

Wissen über Kometen

Dennoch gelang es dem Roboter, zumindest in den ersten Tagen wichtige Aufnahmen und Daten zu schicken. Zum Beispiel wissen die Forscher heute, dass sich auf dem Kometen organisches Material befindet: "Dieses Zeug ist auf die frühe Erde und den frühen Mars gefallen – also in jener Zeit, wo Leben entstanden ist." Oder, dass der Komet nicht magnetisch ist und aus einer Zeit stammt, in der das Sonnensystem erst am Entstehen war. Auch der Frage, woher das irdische Wasser stammt, kam man mittels der Daten näher: Vermutet wird, dass es durch Kometeneinschläge auf die Erde gelangte – deren Kerne, wie bei "Tschuri" aus gefrorenem Wassereis bestanden. Was sich auf "Tschuris" Oberfläche zeigte, erstaunte die Forscher ebenfalls: Gruben und Schlote, die Einschlagkratern auf Mond und Mars ähneln.

Und genau dort soll am 30. September die Muttersonde landen, erklärt Ulamec. Seine Kollegen am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt planen die Bahn. Als mögliche Landepunkte nennt Ulamec "Pits", also Löcher, die aussehen wie ein Krater aber keiner sind. An deren Stelle ist der Komet besonders aktiv, schleudert Eis und Staub heraus. "Wir hätten die Sonde einfach wegdriften lassen können, aber das wäre langweilig. Wir wollten eine spannende Stelle finden." Dabei geht es weniger um eine sanfte Landung – der Weg ist das Ziel: Die Muttersonde wird mit einer Geschwindigkeit von einem halben Meter pro Sekunde langsam auf den Kometen zusteuern. Ulamec hofft, dass sie dort aus 100 Meter oder noch größerer Nähe sehr gut aufgelöste Bilder gewinnen können.

Kurz nach dem Auftreffen wird der Kontakt abbrechen, da die Parabol-Antenne zur Kommunikation nicht mehr zur Erde zeigt. In dem Moment werden die Wissenschaftler vielleicht mit einem Gläschen anstoßen. Die Mission ist nach 20 Jahren zwar vorbei, doch das Forschen geht weiter. Der nächste große Schritt steht für Stephan Ulamec schon fest: kein Mini-Labor zum Kometen schicken, sondern Kometenmaterial zur Erde holen.

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