Unvereinbarkeits-Vorwürfe gegen Aufsichtsratschef der OMV
Die neue Strategie der OMV hat im Unternehmen, in der Politik sowie in der Öl- und Gasindustrie heftige Diskussionen ausgelöst. Kein Zufall, dass jetzt auch Kritik an Marc Garrett, dem Vorsitzenden des Aufsichtsrates, laut wird.
Garrett hat die von OMV-Chef Alfred Stern ausgearbeitete Strategie, langfristig aus dem Öl- und Gasgeschäft auszusteigen, von Beginn an unterstützt. Nach einem einstimmigen Vorstandsbeschluss, der KURIER berichtete, segnete auch der Aufsichtsrat mit nur einer Enthaltung das 20-seitige Papier ab.
Der gebürtige Australier Garrett ist in seinem Hauptjob CEO der Marquard & Bahls AG, einer Hamburger Familienholding im Energie- und Chemiebereich. Die internationale Gruppe beschäftigt knapp 6.200 Mitarbeiter und erzielte 2020 bei rund zehn Milliarden Euro Umsatz einen operativen Gewinn von 352,8 Millionen.
Die Gruppe sei ein direkter Konkurrent der OMV, Garretts Aufsichtsratsvorsitz sei "grob unvereinbar und widerspricht allen Compliance-Grundsätzen. Das wäre ja so, als ob der Chef von T-Mobile Aufsichtsratsvorsitzender bei der Telekom Austria würde", argumentieren Player in der Öl- und Gasindustrie gegenüber dem KURIER, die sich allerdings namentlich nicht zitieren lassen. Mit der OMV will man sich dann lieber doch nicht öffentlich anlegen.
Tatsächlich ist Marquard & Bahls in etlichen EU-Ländern ein Mitbewerber der teilstaatlichen OMV. In vielen Bereichen, vor allem mit der Tochter Mabanaft, bei Jet Fuel, im Großhandel mit Diesel, Benzin, Heizöl und Biodiesel, bei Lkw-Tankkarten, den OIL!-Tankstellen direkt in Österreich sowie in der Petrochemie. Außerdem sind die Deutschen europaweit im Gasgeschäft, (noch) einem der Standbeine der OMV.
Bas Verkoojen, Ex-Verkaufsleiter der OMV, bewarb sich nach seinem Abgang in Österreich erfolgreich bei der Marquard&Bahls-Tochter Oiltanking.
Verhältnis zu eng
Außerdem sei das Verhältnis zwischen Garrett und CEO Stern zu eng, monieren kritische Beobachter. Stern war Garretts Nachfolger bei Borealis, bevor er heuer zum OMV-Chef aufstieg. Ex-OMV-Chef Rainer Seele wurde permanent das freundschaftliche Verhältnis zu seinem damaligen Aufsichtsratschef Wolfgang Berndt vorgeworfen, weshalb dieser durch Garrett ersetzt wurde.
Die Staatsholding ÖBAG, die 31,5 Prozent an der OMV hält, hat das Nominierungsrecht für Chairman und CEO. Man sehe keine Unvereinbarkeit, "Herr Garrett ist ein ausgewiesener Fachexperte, zudem steht Marquard & Bahls nicht in Konkurrenz mit der OMV", erklärt die ÖBAG dazu. Etwaige Wettbewerbsüberschneidungen würden "entsprechend den für gelistete Unternehmen geltenden Vorschriften behandelt". Wie man aus der OMV hört, habe Garrett vor seiner Bestellung alles offengelegt. Rechtsexperten von OMV und von Marquard & Bahls hätten alle Aspekte geprüft.
Millionenvertrag
Wenn der Chef der internen Revision überraschend verabschiedet wird, brodelt in jedem Unternehmen die Gerüchteküche. Vergangene Woche verließ der langjähriger Senior Vice President Internal Audit & Compliance (Name der Redaktion bekannt) die OMV.
Der Grund dürfte eine Vereinbarung mit etwas zu generösen Konditionen für den Fall seines Abgangs gewesen sein, das Papier aperte erst vor Kurzem intern aus.
Das Abkommen soll, hört man, den Usancen der OMV nicht entsprechen und eine Pensionsregelung enthalten.
Die Gesamtkosten werden auf beinahe zwei Millionen Euro geschätzt. Das ist selbst für großzügige OMV-Verhältnisse eine stolze Summe für einen Manager unterhalb der Vorstandsebene.
Die Vereinbarung wurde angeblich 2020 von Seele sowie der mittlerweile ebenfalls mit Sonderkonditionen verabschiedeten Personalchefin unterzeichnet, womit dem Vier-Augen-Prinzip Genüge getan war. Allerdings hätten der gesamte Vorstand sowie der Prüfungsausschuss des Aufsichtsrates die Vereinbarung bewilligen müssen. Was aber nicht passierte. Aufsichtsratschef war damals noch Berndt.
Ein Vertrag für den Compliance-Officer also, der offenbar nicht den Compliance-Regeln entsprach.
Auffällig ist, dass der Revisionschef damals die vom Aufdecker-Portal Dossier veröffentlichten Abrechnungen über Flüge von Seele im Business-Jet prüfte. Sowie das Sponsoring der OMV für Zenit St. Petersburg, den Lieblings-Fußballclub von Wladimir Putin, über 24 Millionen Euro. Die Prüfungen waren rasch erledigt, die Revision hatte nichts zu beanstanden.
Hat der Revisions- und Compliance-Chef womöglich gar wohlwollend geprüft und wurde dafür luxuriös abgesichert, wie innerhalb der OMV spekuliert wird? OMV-Sprecher Andreas Rinofner gibt dazu keinen Kommentar ab, er bestätigt nur die Trennung. Diese erfolgte jedoch billiger.
Seele hat inzwischen zwei Aufsichtsratsmandate, neben dem Düngemittelhersteller Fertiglobe in Abu Dhabi bei nogaholding, einer Öl- und Gas-Holding in Bahrain.
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