Gegen die aufkommende Panik europäischer Wirtschaftstreibender konterte EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen diese Woche mit einem "Green-Deal-Industrieplan".
Der sieht abgesehen von schnelleren Bewilligungen für umweltfreundliche Technologien und neuen Handelsverträgen (etwa mit Chile und Mexiko) ebenfalls vor, Zig-Milliarden Euro in die Hand zu nehmen.
Und damit zieht der nächste, heftige Streit herauf. Woher das Geld nehmen?
Einerseits durch die Lockerung staatlicher Beihilfen. Die EU-Kommission will es für die Staaten einfacher machen, Subventionen an Konzerne zu zahlen, die in grüne Technologien investieren.Doch dagegen begehren schon jetzt einige, finanziell klammere EU-Staaten auf: Sie könnten da nicht mithalten, während das potente Deutschland bei seinen Subventionen aus dem Vollen schöpfe. Das könnte innerhalb des EU-Binnenmarktes zu groben Wettbewerbsverzerrungen führen. Auch EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager steht auf der Bremse.
Denn gezeigt hat sich: Seit Pandemiebeginn hat Brüssel insgesamt fast 675 Milliarden Euro an nationalen Hilfen genehmigt. Mehr als 50 Prozent davon entfielen auf Deutschland, rund 25 Prozent auf Frankreich.
Und auch Werner Hoyer, Chef der Europäischen Investitionsbank (EIB), warnt eindringlich: "Wir sollten uns hüten, in einen Subventionswettlauf mit den USA zu treten." Bei reinen Subventionen würden die Mittel für die öffentliche Hand unwiederbringlich verloren gehen.
Zusätzlich soll es daher nun auch einen neuen europäischen Geldtopf für Industriesubventionen geben. Ein sogenannter "Souveränitätsfonds", wie Kommissionschefin von der Leyen verkündete. Der soll wiederum Ländern offen stehen, deren Budget wenig Spielraum für Staatsbeihilfen lässt.
Da aber wieder bremsen die Niederlande, die kleine deutsche Regierungspartei FDP und nicht zuletzt Österreich. "Wir gehören bekanntermaßen nicht zu den Staaten, die gerne noch mehr Schulden aufnehmen", meint eine EU-Diplomatin. Nach dem riesigen EU-Coronawiederaufbaufonds mit knapp 800 Milliarden Euro schon wieder gemeinsam in den Schuldentopf greifen? Sicher nicht!
Der größte Druck für solch einen Fonds kommt vom französischen EU-Industriekommissar Breton. Der liegt seit Wochen im Streit mit Wettbewerbskommissarin Vestager. Die Stimmung soll schlecht sein wie selten, hört man aus den Couloirs der EU-Kommission. Beide stehen stellvertretend für den in Brüssel tobenden Zwist: Mehr Protektionismus gegen Marktliberalität.
Andere Ökonomen meinen dagegen: Die Folgen des amerikanischen IRA würden ohnehin überschätzt. Über die Laufzeit von einem Jahrzehnt betragen die Grün-Investitionen in den USA nur knapp 37 Milliarden Dollar pro Jahr.
Und so konterte auch der US-Klimabeauftragte und ehemalige Vizepräsident John Kerry in Davos auf die Klagen der Europäer: "Hört auf, immer zu sagen: O mein Gott, Ihr seid unfair! Wir müssen alle mehr für eine grüne Industrie tun." Europa solle also mehr Geld in die Hand nehmen und investieren. Das amerikanische Inflationsreduktionsgesetz aber werde nicht geändert. "Unsere Gesetze," sagte Kerry, "sind genau die, die wir brauchen."
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