Wie Chinesische Anbieter den Smartphone-Markt erobern
Es wirkt wie eine konzertierte Aktion: Chinesische Marken, die in Europa noch kaum jemand kennt, die aber in Asien das Nonplusultra im nach wie vor boomenden Handygeschäft sind, blasen in Europa zum Angriff auf die Branchenriesen Samsung und Apple. Nachdem die Verkaufszahlen von Huawei infolge der US-Sanktionen gegen den Konzern wegen dessen Nähe zur chinesischen Regierung eingestürzt sind, stoßen andere, neue Anbieter in die Bresche. Xiaomi ist schon seit knapp einem Jahr in Europa angekommen. Auch der neue chinesische Marktführer Vivo ist einer der Sponsoren der Fußball-Europameisterschaft und startet pünktlich zum Anpfiff der EM am 11. Juni in Österreich.
Der Riese hat Großes vor: "Wir decken mit unseren Endgeräten das gesamte Smartphone-Portfolio ab und verfolgen eine langfristige Strategie", sagt Vivo-Österreich-Geschäftsführer Martin Wallner zum KURIER. Wallner, der von Samsung abgeworben wurde, hat eine eigene Niederlassung in Wien gegründet und zehn Mitarbeiter eingestellt. In Deutschland, wo der Markteintritt im Herbst des Vorjahres erfolgte, sind es schon 70. Die Mittelklasse-Handys sollen vor allem mit edlem Design und hochwertiger Kamera (Partnerschaft mit Zeiss, Anm.) Kunden locken.
Vertrieben werden die Endgeräte zunächst über Mediamarkt und einen Netzbetreiber, dessen Namen Wallner noch nicht verraten will. „Es haben aber alle Interesse an neuen Anbietern, der Markt in Österreich ist zu zweifärbig geworden“, spielt Wallner auf die Dominanz von Samsung und Apple an.
Den relativ späten Markteinstieg begründet er mit dem ursprünglichen Fokus auf Asien – speziell China und Indien, wo die Endgeräte in hauseigenen Werken produziert werden. 200 Millionen Stück waren es im Vorjahr. Die Marke Vivo agiert selbstständig unter dem Holding-Dach der BBK Electronics, zu der auch die Marken Oppo, RealMe und OnePlus gehören. Der Marktanteil von BBK liegt weltweit bei 20 Prozent.
Huawei-Lücke
Die neuen China-Marken stoßen auch in eine Lücke, die ausgerechnet ein chinesischer Mitbewerber hinterlassen hat. Netzwerkausrüster Huawei verlor massiv an Marktanteilen im Smartphone-Geschäft, nachdem die USA den Konzern der Spionage verdächtigten und Sanktionen verhängten. Etliche US-Unternehmen haben auf Druck der Regierung die Zusammenarbeit eingestellt, darunter auch Google. Ohne Zugriff auf deren Android-Software stand Huawei außerhalb Chinas plötzlich ohne Betriebssystem da. Laut Berechnungen des Marktforschers Canalys rutschte die einstige globale Nummer zwei im vergangenen Quartal auf den siebenten Rang ab. Auch in Österreich gab es herbe Einbußen.
Profiteur Xiaomi
Wie der Phönix aus der Asche des Konkurrenten ist dagegen Xiaomi aufgestiegen. Einer der größten Elektronik-Konzerne Chinas profitiert von den US-Sanktionen gegen Huawei vor allem auf dem internationalen Markt. Der Umsatz stieg im ersten Quartal gegenüber dem Vorjahr um knapp 25 Prozent, der Gewinn sogar um 37 Prozent. Anfang 2021 war aufgrund einer Kooperation mit dem chinesischen Militär auch Xiaomi US-Sanktionen angedroht worden. Doch der Konzern klagte und die Strafen wurden vor dem Inkrafttreten aufgehoben.
Xiaomi stellt nicht nur Smartphones her, sondern auch Haushaltsgeräte, Fernseher, PCs und Drohnen. Für die Entwicklung eigener Elektro-Autos hat der Konzern kürzlich zehn Milliarden Dollar investiert. Trotzdem entfallen ca. 60 Prozent des Umsatzes auf Smartphones. Im globalen Verkaufsranking rückte Xiaomi in die Top drei vor und liegt mit einem Marktanteil von 14 Prozent nur noch knapp hinter Apple (siehe Grafik). Dahinter folgen mit Oppo und Vivo weitere Chinesen. Auch in Österreich rückte die knallig orange Handymarke im ersten Quartal mit viel Marketingbudget zur Nummer drei hinter Samsung und Apple auf.
Huaweis Absturz könnte hingegen nachhaltig sein, glauben Marktbeobachter. Zwar versucht der Konzern das Comeback mit eigenem Betriebssystem, der Fokus liegt dabei aber auf dem Premium-Segment – die Billigmarke Honor wurde bereits verkauft. In Österreich konzentriert sich Huawei auf den Ausbau der Mobilfunknetze. Der Technologieriese liefert Equipment für alle drei Netzbetreiber, bei Magenta sind auch die 5G-Basisstationen von Huawei. Auch der lange angekündigte Flagship-Store in der Wiener Innenstadt soll im Sommer eröffnen. Marktanteile hin oder her.
Kommentare