Kartellhüter planen neue Razzien

Die Wettbewerbsbehörde will Handel und Lieferanten noch stärker auf Finger schauen.

Die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) hat in den vergangenen drei Jahren ihre Gangart gegen illegale Preisabsprachen verschärft. 48 Hausdurchsuchungen führte die Truppe um Theodor Thanner und Stefan Keznickl in diesem Zeitraum durch – mit Schwerpunkt auf den Lebensmitteleinzelhandel und dessen Lieferanten. Ende Jänner ritten die BWB-Ermittler in der Salzburger Spar-Zentrale ein, die Razzia dauerte acht Tage lang – ähnlich wie beim Mitwerber Rewe vor einem Jahr.

„Die Auswertung der Unterlagen von Spar begann erst vor sechs Wochen, wir stehen bei den Ermittlungen erst am Anfang“, gibt Thanner zu. „Sie können sich aber sicher sein, dass es einen begründeten Anfangsverdacht gibt.“ Ansonsten hätte die BWB keinen Hausdurchsuchungsbefehl vom Gericht erhalten, denn eine Razzia sei ein sehr starker Eingriff in ein Unternehmen. Die mutmaßlichen Verkaufspreis-Absprachen zwischen Lebensmittelhandel und Lieferanten betreffen vor allem Molkereiprodukte, Bier, Kaffee und Mehl.

„Ich gehe davon aus, dass das Material, das uns derzeit vorliegt, zu weiteren Hausdurchsuchungen führen wird, auch in anderen Branchen“, sagt der BWB-Chef. „Wir haben auch eine ganze Reihe von Molkereien im Gerichtsauftrag besucht, die Ermittlungen dauern noch an.“ Im Fall Berglandmilch verhängte die BWB 1,125 Millionen Euro Strafe. Auch Mühlen sind im Visier der Kartellhüter. Einer Mühle im Ländle haben die Wettbewerbshüter schon einen Ad-hoc-Besuch abgestattet. Fortsetzungen sollen folgen.

„Die Preisabsprachen dürften weiter verbreitet sein als wir das bisher angenommen haben“, muss Thanner eingestehen. „Wir hören oft von Unternehmen, wir wussten gar nicht, dass man das nicht darf.“

In den vergangenen zehn Jahren hat die Behörde 96,63 Millionen Euro Strafen verhängt. Heuer wurden bereits vier Millionen Euro Bußgelder gegen Unternehmen beim Kartellgericht beantragt, davon entfallen 2,9 Millionen Euro auf den Elektronikkonzern Philips. Grund: angebliche Preisabsprachen, u.a bei TV-Gräten, mit Handelsketten. In diesem Zusammenhang wurde im heurigen Jänner auch die Metro-Tochter MediaMarkt/Saturn von der BWB gefilzt.

Fusionskontrolle

Zu den Aufgaben der BWB zählt auch die Kontrolle von Firmenzusammenschlüssen. 609 Unternehmensfusionen wurden im Vorjahr geprüft. In einem aktuellen Zusammenschluss-Verfahren spießt es sich wettbewerbsmäßig: bei der Übernahme des Bankomat- und Kreditkarten-Dienstleisters PayLife durch die Schweizer Six-Gruppe.

„Es gibt erhebliche Bedenken, weil PayLife in einigen Bereichen einen Marktanteil von bis zu 80 Prozent hat“, sagt BWB-Jurist Stefan Keznickl. „Es muss zu einer Reihe von Auflagen kommen.“ Auch die Paylife-Mitbewerber Hobex, B+S, Concordis, Easycash und Card Complete erheben Einwände. Detail am Rande: Paylife, Tochter von Erste Bank, Bawag, RZB und Bank Austria, wurde 2007 wegen Missbrauchs der Marktstellung zu sieben Millionen Euro Strafe verdonnert.

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