Von Hamburg bis Piräus: Europas Häfen in chinesischer Hand
Von Rotterdam bis Valencia, vom französischen Le Havre bis nach Malta: Wenn chinesische Containerschiffe entlang Europas Küsten anlegen, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass sie von ihren Landsleuten empfangen werden. Dreizehn bedeutende europäische Häfen befinden sich bereits teilweise in der Hand chinesischer Konzerne.
Sie werden damit Teil der „neuen Seidenstraße“. Dahinter steht eine geopolitische Strategie, aufgrund derer chinesische Konzerne bereits Infrastrukturprojekte in mehr als 60 Ländern finanziert haben. So soll der Regierung in Peking zufolge künftig ein modernes Handelsnetz von Afrika über Europa bis nach China gespannt werden.
Der nächste Knotenpunkt dafür soll der Hafen in Hamburg werden, an dem der chinesische Staatskonzern Cosco Anteile erwerben will und damit Spannungen in der deutschen Ampel-Koalition ausgelöst hat. Denn Kritiker werfen China schon länger vor, mit der „neuen Seidenstraße“ weit mehr als nur wirtschaftliche Ziele zu verfolgen.
Die EU-Kommission warnte deshalb bereits im Frühjahr davor, dass China über die Hafengeschäfte seiner staatlichen Konzerne an sensible Informationen gelangen würde. Egal ob bei der Modernisierung griechischer Häfen oder dem Bau der vor zwei Monaten eingeweihten Pelješac-Brücke in Kroatien: Die chinesischen Firmen bringen nicht nur ihre eigenen Arbeiter aus der Heimat mit, auch nach der Fertigstellung wird die Infrastruktur „Made in China“ ausschließlich von Chinesen betrieben.
Macron: "Europa war ein offener Supermarkt"
Unternehmen wie Cosco, mittlerweile die viertgrößte Reederei der Welt, seien in Wahrheit als „Instrumente der chinesischen Regierung“ zu sehen, meint Jacob Gunter, Analyst beim Mercator-Institut für China-Studien (MERICS) gegenüber der dpa. „Je abhängiger Deutschland von Investitionen und Geschäften mit Cosco wird, desto mehr Einfluss können Cosco und Parteifunktionäre auf die deutsche China-Politik ausüben.“
Im griechischen Piräus, wo der größte Hafen des Mittelmeeres liegt, zeigt sich das seit Jahren besonders deutlich. Hier erwarb Cosco schon 2009 Anteile, seit 2016 sind die Chinesen mit 67 Prozent sogar Mehrheitseigentümer. Der Verkauf des Hafens war damals eine Vorgabe der EU, durch den man sich eine Erleichterung der griechischen Schuldenkrise erhoffte.
„Kann man ihnen das jetzt vorwerfen? Nein, wir waren naiv. Europa war ein offener Supermarkt“, gestand Frankreichs Präsident Emmanuel Macron diesbezüglich am vergangenen Freitag ein. Heute sehe er China wie viele andere EU-Regierungschefs als „wirtschaftlichen und strategischen Rivalen“. Es brauche daher „neue Spielregeln“ für chinesische Investitionen, um die „strategische Autonomie“ Europas zu wahren.
Das soll soviel heißen wie: Fehler wie in Piräus, wo man die Kontrolle über einen wirtschaftlich und möglicherweise auch militärisch wertvollen Standort an Europas Küsten an China abgegeben hat, sollen sich nicht mehr wiederholen.
Anderswo setzt China militärische Zeichen
Abseits von Europa zeigt sich der chinesische Einfluss durch die „neue Seidenstraße“ noch deutlicher. Vor allem in Afrika investiert China im ganz großen Stil. Mehr als 60 Häfen in 30 Staaten, allesamt kreditfinanziert, befinden sich dort mittlerweile in chinesischer Hand.
In Dschibuti, einem verarmten Kleinstaat am Horn von Afrika, bauten chinesische Konzerne den Hafen der gleichnamigen Hauptstadt massiv aus und etablierten 2018 eine Freihandelszone. Der ausschließlich auf chinesischer Technologie basierende Hafen ist seither extrem relevant für die Region, Dschibutis Nachbar Äthiopien, das keinen eigenen Meerzugang hat, wickelt dort etwa 80 Prozent seiner Exporte ab – und begibt sich damit ebenfalls in die Abhängigkeit. Ganz nebenbei betreibt China in Dschibuti seinen größten Militärstützpunkt im Ausland, mit mehr als 10.000 Soldaten.
Ein mahnendes Beispiel für die militärische Nutzung der „neuen Seidenstraße“ lieferte China in diesem Sommer im Hafen von Hambantota in Sri Lanka. Der chinesische Konzern CMPort erwarb 2017 die alleinigen Nutzungsrechte am größten Hafen des Landes.
Als die Regierung in Sri Lanka während der landesweiten Proteste in diesem Sommer handlungsunfähig wurde, fuhr plötzlich ein auf Spionage spezialisiertes chinesisches Kriegsschiff in Hambantota ein und parkte dort wochenlang. Die Regierung im benachbarten Indien, das ebenfalls enge Beziehungen zu Sri Lanka pflegt, tobte, konnte aber nichts unternehmen.
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