Xi montiert all seine Widersacher ab
Es war bezeichnend, dass Hu bei seinem Weg aus dem Saal im Vorbeigehen noch dem scheidenden Premierminister Li Keqiang auf die Schulter klopfte. Li galt bis Sonntag als einflussreichster Kritiker von Xis Machtpolitik, als Chinas Nummer Zwei versuchte er zehn Jahre lang, ein Gleichgewicht der Macht in der Volksrepublik aufrecht zu erhalten - auch, indem er Verbündete um sich scharte, um den Präsidenten von wirtschaftspolitisch fragwürdigen Entscheidungen wie der Null-Covid-Politik abzubringen.
Gerade weil Chinas Wirtschaft in diesem Jahr angeschlagen ist wie seit Jahrzehnten nicht mehr - die Weltbank prognostizierte zuletzt ein Wirtschaftswachstum von gerade einmal 2,8 Prozent - war viel darüber spekuliert worden, ob der Parteiflügel um Li Keqiang bei diesem Parteitag an Einfluss gewinnen würde. Auch der KURIER berichtete.
Nun ist klar: Das Gegenteil war der Fall. In Chinas höchstem politischen Gremium, dem sechsköpfigen ständigen Ausschuss des Politbüros, verloren sowohl Li als auch dessen Verbündete Han Zheng und Wang Yang, der sogar als möglicher Nachfolger für den Posten des Premierministers galt, ihre Sitze.
Hohe Ämter nur noch mit Loyalisten besetzt
Li Zhanshu, einer der engsten Vertrauten des Präsidenten, musste aufgrund seiner 72 Jahre ebenfalls gehen. Damit waren vier der sechs Plätze im ständigen Ausschuss neu zu besetzen - Xi nutzte das für einen endgültigen Staatsstreich.
Die sechs Herren, die am Sonntag nach dem "Obersten Führer" aus der großen Halle des Volkes vor die Presse traten, waren ihm allesamt loyal ergeben. Ein Überblick über die neuen mächtigsten Männer Chinas:
Kein Autokrat verfügte jemals über solche Ressourcen
Offiziell zumindest soll der ständige Ausschuss gemeinsam mit dem Präsidenten die Richtung in allen politischen Bereichen vorgeben. Bei Entscheidungen gilt das Konsensprinzip - das heißt: Es wird so lange debattiert, bis man einen Kompromiss findet, auf den sich alle einigen können. In der Vergangenheit dauerten solche Debatten mitunter bis zu zwei Wochen, bis ein Kompromiss zwischen Xis Befürwortern und Gegnern gefunden war - etwa bei Chinas Haltung zur russischen Invasion in der Ukraine.
In Zukunft dürften solche Besprechungen deutlich schneller erledigt sein. Xi hat seine Macht damit nicht nur gefestigt, sondern massiv ausgebaut. Er sitzt nun an der Spitze eines völlig auf ihn ausgerichteten politischen Apparats und verfügt über eine Machtfülle wie vor ihm wohl nur Staatsgründer Mao Zedong.
Doch Xis China ist weit mächtiger als es Maos jemals war: In der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt leben heute mehr als 1,4 Milliarden Menschen. Noch nie in der Menscheitsgeschichte verfügte ein Alleinherrscher über solche Ressourcen.
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