Wie sich Sri Lanka in die Abhängigkeit Chinas begab und total abstürzte

Das Militär soll die Ordnung wiederherstellen: Doch die Bevölkerung hat nichts mehr zu verlieren
Kein Ende der Unruhen. Eine korrupte Familie und ihre teuren Kredite führten das reiche Land in die Pleite.

Sri Lankas Präsident Gotabaya Rajapaksa ist nach der Flucht vor den Massenprotesten in seiner Heimat auf dem Weg nach Singapur. Er verließ am Donnerstag die Malediven in Begleitung seiner Frau Ioma und zweier Leibwächter.

Zu einem friedlichen Machtwechsel wird es aber wohl nicht kommen. Der neue Präsident gehört zu den Verbündeten des alten. Er rief den Notstand aus und holt das Militär zu Hilfe. Die einst wohlhabende Teeinsel Ceylon mit 22 Millionen Einwohnern erlebt die schlimmste Wirtschaftskrise: Es mangelt an Treibstoff, Gas zum Kochen, Medikamenten und Lebensmitteln. Das Land ist pleite.

Das liegt auch an den Folgen des russischen Angriffs auf die Ukraine. Vor allem aber hat die korrupte Politikerdynastie Rajapaksa Schuld. Dieser Clan aus Plantagenbesitzern aus der südlichen Provinz Hambantota kam 2005 in die nationale Verantwortung, als Mahinda Rajapaksa, der ältere Bruder von Gotabaya, Präsident wurde.

Wie sich Sri Lanka in die Abhängigkeit Chinas begab und total abstürzte

 Präsident Gotabaya Rajapaksa (R) und sein Bruder Mahinda Rajapaksa

Familienmitglieder kontrollierten bald rund 70 Prozent des nationalen Budgets und sicherten sich Chefposten in staatlichen Konzernen wie der Fluglinie, dem Telekomunternehmen, dem Flughafenbetreiber, der Hafenbehörde, einem TV-Sender, einem Krankenhaus und staatsnahen Unternehmen aus den Bereichen Logistik, Pharma, Gesundheitswesen und Fischerei.

Hohe Zinsen an China

Zusätzlich zu den Krediten von Indien und Japan nahmen sie Geld in China auf. Die durchschnittlichen Zinsen auf chinesische Kredite betrugen 3,3 Prozent bei einer Laufzeit von 18 Jahren. Zum Vergleich: Japans Kredite kosteten nur 0,7 Prozent an Zinsen und laufen 34 Jahre.

Nicht genug: In ihrem Größenwahn bauten die Rajapaksa in ihrer Heimatregion einen Flughafen, den Mattala Rajapaksa International Airport, der kaum frequentiert wurde. Und einen Hafen im Niemandsland, für den erst die Infrastruktur geschaffen werden musste.

Das Ergebnis: Sri Lanka kann seine Schulden nicht mehr bedienen. Derzeit belaufen sich die Verpflichtungen auf rund 51 Milliarden Dollar, wovon 28 Milliarden bis Ende 2027 zurückgezahlt werden müssen. Die Regierung in Colombo musste den neu gebauten Hafen, inzwischen der größte des Landes, für 99 Jahre an China verpachten. 85 Prozent der Einnahmen gehen nach China.

Im Unterschied zu anderen Gläubigern weigert sich das Reich der Mitte, seine Schulden zu restrukturieren, sprich auf irgendetwas zu verzichten. Sri Lanka ist heute eine Kolonie Pekings.

Die seit knapp 100 Tagen andauernden Proteste gegen die Misswirtschaft sollen fortgesetzt werden. Allerdings hat die Anwaltskammer angekündigt, die Demonstranten nicht mehr wie zuvor bei Festnahmen kostenlos zu verteidigen, solange weiter illegal staatliche Gebäude besetzt sind.

Ein Sprecher der Demonstranten kündigte am Donnerstag an, die offiziellen Residenzen und Büros des Präsidenten und Premiers wieder an den Staat zurückzugeben. Einzig der Präsident, der seinen Rücktritt für Mittwoch angekündigt hatte und auf der Flucht nach Singapur ist, will seine Rupien in Sicherheit bringen.

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