Während der Corona-Krise stieg nicht nur die Nachfrage, durch Verwerfungen in den internationalen Lieferketten kam es auch zu längeren Wartezeiten. Die Hersteller reagierten mit einem Ausbau ihre Lager- und Produktionskapazitäten. So hat etwa der oberösterreichische Fahrradhersteller KTM „einige Millionen Euro“ in den Standort Mattighofen investiert, sagt ein Sprecher zum KURIER.
Die Branche hat also mehr importiert und mehr hergestellt, teilweise kamen die Räder, auf die die Kunden im Frühling und Sommer warteten, aber erst im Herbst und Winter an. Die Folge waren angefüllte Lager und als die Lebenserhaltungskosten unter anderem wegen der höheren Energiepreise anstiegen, sank die Kauflaune bei den Konsumentinnen und Konsumenten. Im vergangenen Jahr kam es zur Trendwende.
Schrumpfen
Im Jahr 2023 schlitterten unter anderem die E-Bike-Hersteller Van Moof und Prophete in die Insolvenz. Auch einige Händler gingen pleite, was den Warenstau bei den Herstellern vergrößerte. „Da muss man schauen, dass man die Kapazitäten anpasst“, sagt Schoder. Zuletzt wurde sowohl bei KTM, als auch bei dem österreichischen Kinderfahrradhersteller Woom Personal abgebaut.
„Die Rahmenbedingungen in der Fahrrad-Industrie haben sich in den letzten Monaten massiv geändert“, sagt Woom-Geschäftsführer Paul Fattinger zum KURIER.
Wohlgemerkt handelt es sich um einen Rückgang auf hohem Niveau. Die durchschnittlich erzielten Verkaufspreise sind von 2018 bis 2022 europaweit bei E-Bikes um 40 Prozent gestiegen, bei Fahrrädern ohne Motor sogar um knapp die Hälfte. Der Umsatz der Branche stieg dabei um knapp 70 Prozent auf 22,5 Milliarden Euro. In Österreich überstieg er 2021 erstmals die Marke von einer Milliarde Euro, 2022 erreichte er mit 506.000 verkauften Rädern 1,39 Milliarden Euro.
Hinter diesem massiven Anstieg steht vor allem der Trend vom Fahrrad zum E-Bike. Im Durchschnitt lassen sich die Konsumentinnen und Konsumenten diese nämlich mehr als 4.000 Euro kosten. Diese Entwicklung wird nach Einschätzung des Beratungsunternehmens EY auch noch anhalten. Europaweit könnten 2028 vier Fünftel des europäischen Rad-Umsatzes auf E-Bikes zurückgehen. Bei KTM ist das bereits jetzt der Fall. Das Unternehmen sieht sich dabei als Vorreiter, man habe bereits 1994 das erste E-Bike auf den Markt gebracht. „Das ist damals belächelt worden“ erinnert sich der Sprecher.
Auch der oberösterreichische Motorradspezialist Pierer Mobility (dazu gehören KTM Motorräder, nicht aber KTM Fahrräder, Anm.) scheint damit zu rechnen und richtet sein Radgeschäft noch stärker auf die motorisierten Varianten aus. Die Marken Felt und Raymon, die unmotorisierte Fahrräder herstellen, werden abgestoßen.
Normalisierung
„Heuer wird sicher noch schwierig“, heißt es bei KTM zum Geschäftsausblick. „Wir gehen davon aus, dass es sich in den nächsten Jahren wieder stabilisiert“. Ähnlich sieht man das bei Woom: An neue Herausforderungen müsse man sich ständig anpassen, „Radfahren, nachhaltige Mobilität und Gesundheit“ seien aber langfristige Trends, sagt Fattinger.
Auch Schoder erwartet eine Normalisierung. Der Fahrradabsatz werde in Österreich voraussichtlich zwischen 400.000 und 500.000 Stück pro Jahr liegen. Die etablierten Hersteller würden den aktuellen Rückgang zwar spüren, aber überstehen. Einige Newcomer, die „von der Goldgräberstimmung angelockt“ wurden, werden voraussichtlich aber wieder verschwinden.
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