Teure Fahrräder sind trotz hoher Inflation ein Renner
Was für andere Branchen Weihnachten ist, ist für den Fahrradhandel Ostern – zu keinem anderen Zeitpunkt des Jahres werden so viele Fahrräder verkauft. Die gute Nachricht für die Konsumenten: Selten gab es eine so große Auswahl wie heuer, zu „verdanken“ ist das der Corona-Pandemie, sagt Holger Schwarting, Sprecher des Verbands der Sportartikelerzeuger und Sportausrüster Österreichs (VSSÖ). 2022 ächzten die Fahrradhändler unter Lieferkettenproblemen und bekamen nur einen Bruchteil der bestellten Ware.
Heuer sieht es umgekehrt aus: Die globalen Lieferketten laufen fast wieder wie geschmiert, innerhalb der vergangenen sechs Monate kamen die Bestellmengen für das Vorjahr und jene für heuer in die Geschäfte. Somit steht der Fahrradbestand von zwei Bestelljahren auf den Verkaufsflächen bzw. in den Lagern. Schwarting glaubt daher an ein gutes Ostergeschäft. Das einzige Problem für die Händler sind derzeit Liquiditätsengpässe wegen der hohen Lagerstände.
Land der Mountainbikes
Schon 2022 ist es trotz damals noch akuter Lieferengpässe gut gelaufen, wie aktuelle Zahlen des VSSÖ zeigen. Absatz- und vor allem Umsatzzahlen erfuhren deutliche Steigerungen, berichtet Hans-Jürgen Schoder, Sprecher der Hersteller-Plattform ARGE Fahrrad. Und das vor allem wegen der teureren E-Bikes, die bereits die Hälfte des Absatzes ausmachen. 2018 lag dieser Anteil erst bei einem Drittel. Zum Umsatz trugen E-Bikes im vergangenen Jahr bereits satte 75 Prozent bei.
„Trotz der hohen Inflation leisten sich die Käufer höherpreisige Fahrräder“, sagt Schwarting. Das wiederum komme den Fahrradfachhändlern und Werkstätten zugute. Für teurere Räder leiste man sich auch häufigere und teurere Services.
Der große Renner sind in Österreich E-Mountainbikes, von denen hierzulande im Verhältnis viel mehr als zum Beispiel in Deutschland oder den Beneluxstaaten verkauft werden. Das klassische E-City-Bike wird dagegen in Österreich weniger häufig verkauft als in anderen Ländern. Bei den herkömmlichen nicht elektrischen Fahrrädern waren die Steigerungsraten in den Kategorien Cyclocross und Gravelbikes – geländegängige Rennräder – am höchsten. Mit Abstand am meisten werden aber nach wie vor herkömmliche Mountainbikes und Kinderfahrräder verkauft – letztere vor allem jetzt zu Ostern.
Neuer Typ auf der Straße
Mit Zubehör und Ersatzteilen verdiente die Branche nochmals 200 Millionen Euro zusätzlich – das ist in etwa so viel wie der Jahresumsatz mit motorisierten Zweirädern in Österreich – also mit Motorrädern, Rollern und Mopeds.
Seit einiger Zeit ist immer häufiger ein ganz spezieller Typ Fahrrad auf den Straßen anzutreffen: das Lastenfahrrad. „Dieses wird immer öfter für die letzte Meile oder statt des Klein-Lkw im gewerblichen Bereich eingesetzt“, sagt Schwarting. Die Verkaufszahlen seien noch auf niedrigem Niveau, aber stark im Steigen.
Schwarting hofft, dass sich noch ein anderes Modell in Österreich stärker als bisher durchsetzt: Das Dienstfahrrad, das es in Deutschland bereits seit zehn, bei uns erst seit eineinhalb Jahren gibt. Die Idee ist simpel, aber effizient: Ein Unternehmen kann für einen Mitarbeiter ein Fahrrad kaufen, das dieser über mehrere Jahre steuerbegünstigt abzahlen kann.
Für das laufende Jahr ist Schoder optimistisch. Beim Absatz rechnet er mit einer stabilen Entwicklung, einer „schwarzen Null“, der Umsatz sollte aber erneut stärker steigen, ein Plus von zehn bis 15 Prozent könnte durchaus drinnen sein. Die ersten Monate sind laut Schoder gut verlaufen. „Es gibt einige Händler, die mit zweistelligen Zuwachsraten ins neue Jahr gestartet sind.“ Die Branche sei bisher zufrieden. Wie es weitergeht, liege aber – wie so oft im Sporthandel – zu einem großen Teil am Wetter. So hätten viele Händler wegen des milden Wetters im Winter mehr Fahrräder als Ski verkauft.
Größerer Markt
Der Fahrradabsatz stieg 2022 um 3,2 Prozent auf 506.000 Stück. In den Jahren davor lag er stabil bei 480.000. Der Umsatz legte im selben Zeitraum um 35,6 Prozent auf 1,39 Milliarden Euro. Umsatztreiber waren erneut die E-Bikes.
Da E-Bikes meist teurer als herkömmliche Fahrräder sind, treiben sie auch den Durchschnittspreis aller Fahrradgattungen in die Höhe. Dieser stieg im vergangenen Jahr um 31 Prozent auf 2.751 Euro. Betrachtet man nur E-Bikes, dann liegt der Durchschnittspreis bei 4.169 Euro.
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