USA fluten den Weltmarkt mit Fracking-Öl

Im wichtigsten US-Ölfeld Permianbecken werden Öl und Gas mittels der umstrittenen Fracking-Technologie gewonnen
Kriege in wichtigen Erzeugerregionen, Transportbehinderungen durch das Rote Meer – trotzdem kommt der Ölpreis kaum über 80 Dollar hinaus. Im Gegenteil, es „beginnt jetzt eine sehr komfortable Zeit auf dem Ölmarkt“, sagte Fatih Birol, Chef der Internationalen Energieagentur (IEA) dem deutschen Handelsblatt. Wie kann das sein?
Kurz gesagt, die USA fluten den Weltmarkt. Der größte Ölproduzent der Welt fördert derzeit eine Rekordmenge von 13 Millionen Fass Rohöl pro Tag, mehr als je ein Land zuvor. Das mit Abstand wichtigste Ölfeld ist mit einem Anteil von etwa 40 Prozent der landesweiten Produktion das Permianbecken (Texas und New Mexico), in dem Öl und Gas mit der in Europa höchst umstrittenen Fracking-Technologie gewonnen werden.
Der Öl-Boom in den USA geht einerseits zu Lasten des Ölförderkartells OPEC. Allen voran Saudi Arabien hat über weite Strecken des Jahres 2023 versucht, seine Mitstreiter auf Förderkürzungen einzuschwören, um die Preise zu stützen. Angola, das innerhalb der OPEC nur wenig Gewicht hatte, ist deswegen aus dem Zusammenschluss ausgetreten. Die OPEC hat dadurch ein Stück an Gewicht verloren.
Sanktionen
Die USA schwächen mit der hohen Förderung aber auch Russland, das aufgrund der Sanktionen der G7 und EU gezwungen ist, sein Öl mit Preisabschlägen zu verkaufen. Öl und Gas sind wichtig für Moskau, im Jahr 2021 entfielen laut der Internationalen Energieagentur 45 Prozent der russischen Staatseinnahmen darauf.

Öltanker
Im Dezember haben die russischen Ölexporte zwar ein Neunmonatshoch erreicht, hohe Preise wurden dabei aber nicht erzielt. Russisches Öl der Referenzsorte Ural wird derzeit um 64 Euro pro Fass (je 159 Liter) gehandelt. Das ist um etwa 16 Euro weniger als Öl der Nordseesorte Brent. Abnehmer wie Indien freuen sich, raffinieren das russische Öl und verkaufen den Treibstoff unter anderem nach Europa.
Da die USA Russland zwingen wollen, ihr Öl um weniger als 60 Dollar zu verkaufen, haben sie zuletzt eine Verschärfung der Sanktionen angekündigt. Dabei wurde mit der Reederei Hennesea Holdings mit Sitz in den Emiraten erstmals eine Firma vor den Vorhang gezerrt, die die Sanktionen laut den USA missachtet.
Fördermenge steigt an
Die Entwicklung der Ölpreise ist zwar nicht zuverlässig vorherzusehen, die Zahlen deuten allerdings darauf hin, dass es in absehbarer Zeit zu keiner Verknappung kommen wird. Denn die wirtschaftliche Dynamik in großen Volkswirtschaften ist noch immer verhalten. Außerdem führen Klimaschutzmaßnahmen und neue Technologien wie Elektroautos und Wärmepumpen dazu, dass insbesondere in reichen Ländern schrittweise mehr Strom und weniger Öl nachgefragt wird.
Diesel und Benzin werden an Börsen gehandelt. Der für die Großhandelspreise in Europa maßgebliche Handelsplatz sind die Niederlande. Der Preis hängt maßgeblich davon ab, wie groß die Reserven an raffinierten Treibstoffen sind. Das Rohöl dafür wurde normalerweise schon Monate davor eingekauft.
Der Spritpreis hängt zwar vom Ölpreis ab, einen linearen Zusammenhang gibt es aber nicht. Zwar ist Erdöl der wichtigste Rohstoff für die Produktion von Benzin und Diesel, bis zur Zapfsäule kommt aber eine Vielzahl von Kosten hinzu. Dazu zählen Transportkosten, der Betrieb der Raffinerien oder Steuern und Abgaben. All das stabilisiert die Preise, insbesondere die Mineralölsteuer und der -Preis, weil diese als Fixbetrag pro Liter verrechnet werden. Auch der Lohn der Tankstellenbediensteten schwankt nicht mit dem Großhandelspreis von Öl.
Der weltweite Ölverbrauch liegt in etwa bei 100 Millionen Fass pro Tag. Die IEA prognostiziert, dass er im Jahr 2024 um 1,2 Millionen Fass pro Tag zunimmt, die Produktion aber um 1,5 Mio. Fass steigt. Insbesondere die USA, Kanada, Brasilien und Guyana wollen die Förderung erhöhen. Demnach sollte der Markt ausreichend versorgt sein, wenn keine externen Schocks eintreten.
Akute Schocks
Die Verwerfungen durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine haben bereits zu einer Umlenkung der weltweiten Handelswege von Öl und Treibstoffen geführt. Der Angriff der Hamas auf Israel und der folgende Krieg hatten nur zu einem kurzfristigen Preisanstieg zur Folge.
Durch den Suezkanal passieren derzeit nur etwa halb so viele Öltanker wie vor den Angriffen der Houthi-Rebellen. Viele Frachter fahren also Umwege, ein gröberes Problem stellt das aber nicht dar. Ölreserven gehen nicht gleich zur Neige, nur weil Tankschiffe etwas länger unterwegs sind. Die Produktionsanlagen sind von den Auseinandersetzungen bisher nicht betroffen, große Förderländer nicht direkt in die Auseinandersetzungen involviert. Der Iran hat zwar mit der Blockade weiterer Seewege gedroht, diese aber nicht umgesetzt.
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