Beim Personaldienstleister Trenkwalder laufen die Telefone heiß. „Die Auftragsbücher in der Industrie sind voll. Da rufen uns Firmenchefs an und brauchen auf einen Schlag 70 IT-Experten oder 300 Metalltechniker“, berichtet Arno Wohlfahrter, Geschäftsführer von Trenkwalder Österreich. Als Rekrutierungspartner der Betriebe sei man ob des Fachkräftemangels voll gefordert.
Allein Trenkwalder hat aktuell 700 Jobs zu vergeben, die meisten davon in der Industrie, speziell Metallindustrie, aber auch Bürojobs. Eine derart extreme Dynamik am Arbeitsmarkt habe er noch nie gesehen, meint Wohlfahrter, der als Ex-Radprofi hohes Tempo durchaus gewohnt ist.
200.000 offene Stellen
In ganz Österreich seien derzeit gut 200.000 offene Stellen sofort verfügbar, allein 140.000 beim AMS. Auch wenn die Nachzieh-Effekte nach dem Wiederhochfahren der Wirtschaft bald wieder nachlassen dürften, der Fachkräftemangel werde bleiben, ist Wohlfahrter überzeugt. Allein schon deshalb, weil die Qualifikationsanforderungen ständig wechseln, die Ausbildung hinterherhinkt und das Durchschnittsalter am Arbeitsmarkt steigt.
Neben der Qualifizierung und Re-Integration von Arbeitslosen brauche Österreich daher ein „integriertes Zuwanderungs-Konzept, das man strategisch aufsetzen muss, damit es auch langfristig Ergebnisse bringt“.
Österreich profitierte zuletzt massiv von der Zuwanderung aus den neuen EU-Ländern, vor allem aus Ungarn und Rumänien (siehe Grafik). Doch der Fachkräftemangel ist längst ein europaweites Phänomen, der Fachkräftepool in Osteuropa leer gefegt. Das Beispiel Großbritannien zeige, welche Konsequenzen das Abkoppeln von Wirtschaftsräumen habe, so Wohlfahrter.
Der Trenkwalder-Chef fordert daher eine Lockerung der Zugangskriterien für die Rotweißrot-Card für die qualifizierte Zuwanderung aus Nicht-EU-Ländern.
Leiharbeiter aus Drittstaaten?
Konkret geht es ihm um die Neudefinition von Mangelberufen sowie neuen Mindestgehaltsanforderungen, die derzeit so hoch sind, dass viele Jobs ausscheiden. „Wir wollen auch die Möglichkeit, dass die Arbeitskräfteüberlasser Personal aus Drittstaaten in Mangelberufe überlassen können“, fordert Wohlfahrter. Derzeit ist die Arbeitskräfteüberlassung von der Rotweißrot-Card dezidiert ausgenommen.
„Wir könnten das Personal Vorort rekrutieren, die Formalkriterien überprüfen und die gesamte Abwicklung übernehmen“, so Wohlfahrter. Trenkwalder ist mit 14 Niederlassungen in Zentral- und Osteuropa vertreten. Für Firmen sei die Rekrutierung aus Drittstaaten oft mit einem enormen administrativen Aufwand verbunden.
Der seit 2011 zur deutschen Droege-Gruppe gehörende Personaldienstleister Trenkwalder International ist mit 200 Standorten in 14 Ländern Zentral- und Osteuropas tätig und Marktführer in Österreich, Ungarn und der Slowakei. Der Konzern beschäftigt aktuell rund 35.000 Mitarbeiter und erwirtschaftete zuletzt einen Umsatz von 750 Mio. Euro.
In Österreich beschäftigt Trenkwalder derzeit rund 5.000 Mitarbeiter. Neben der Personal-Überlassung zählt die Personalvermittlung und -rekrutierung zum Kerngeschäft. Arno Wohlfahrter (57) ist seit Oktober 2019 Mitglied der Geschäftsführung. Zuvor war der gebürtige Kärntner und ehemalige Rad-Profi bei Metro International tätig.
Jobs für Asylwerber
Wohlfahrter spricht sich auch für einen raschen Arbeitsmarktzugang für Asylwerber aus. Bei seinem früheren Arbeitgeber Metro hätte er nur positive Erfahrungen mit asylwerbenden Lehrlingen gemacht. „Zuerst Lehrlinge ausbilden und sie dann abschieben, ist keine vernünftige, nachhaltige Strategie“, so Wohlfahrter.
Wer sich jobmäßig gut integriere, sollte etwa einen erleichterten Zugang zur Rotweißrot-Card bekommen, schlägt er vor. Aktiv am Arbeitsleben teilzunehmen sei schließlich der Grundpfeiler einer strukturierten Integrationsstrategie. „Es braucht zwar vernünftige Spielregeln, aber diese Menschen sollten nicht grundsätzlich vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen werden“.
Erst Mitte Juli hat der Verfassungsgerichtshof (VfGH) die bisherige Regelung in Österreich gekippt, wonach Asylwerber nur als Saisonkräfte oder Erntehelfer arbeiten durften. Einen vollständigen Arbeitsmarktzugang haben sie im Gegensatz zu den Asylberechtigten bis dato noch nicht. Das AMS sieht eine strenge Arbeitsmarktprüfung– Motto: Inländer zuerst – vor.
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