Temu und Shein müssen für Müllberge bezahlen
Im vergangenen Jahr haben die beiden chinesischen Online-Handelsplattformen Temu und Shein den heimischen Markt aufgemischt. Laut einer vom Handelsverband in Auftrag gegebenen Studie wurde 2023 rund eine Milliarde Euro von österreichischen Kunden in Online-Shops aus China ausgegeben. Zehntausende Pakete erreichen täglich über die Billiganbieter aus Fernost Österreich.
Für die Entsorgung der Verpackungen haben die Plattformen bisher nichts bezahlt, obwohl sie das eigentlich tun müssten. Wie der KURIER von mit der Situation vertrauten Personen erfahren hat, wurden Temu und Shein vor Kurzem vom Klimaschutzministerium aufgefordert, den gesetzlichen Vorgaben nachzukommen.
Seit Anfang 2023 müssen Online-Händler und Inverkehrbringer im Rahmen der erweiterten Herstellerverantwortung oder EPR-Regelung sich in Ländern in der EU, in die sie liefern, registrieren und einen bevollmächtigten Vertreter bestellen, der die Entsorgung der Verpackungen übernimmt. Temu und Shein haben das bis dato nicht getan und sich dabei auch darauf berufen, dass sie lediglich Vermittler zwischen Händlern und Kunden seien.
"Trittbrettfahrer"
Sehr zum Unmut anderer Händler, die darin einen Wettbewerbsnachteil sehen. Aber auch zum Ärger der Entsorgungsunternehmen, die als Bevollmächtige fungieren. Für die Kosten der Entsorgung der Verpackungen müssen andere Marktteilnehmer aufkommen. Nicht umsonst ist von „Trittbrettfahrern“ die Rede.
Frist gesetzt
Beim Bundesministerium für Klimaschutz (BMK) wollte man gegenüber dem KURIER nicht bestätigen, dass die Aufforderungen konkret an Temu und Shein ergangen sind. In einer Anfragebeantwortung ist aber von „zwei großen chinesischen Online-Händlern“ die Rede, die zur Bestellung eines Bevollmächtigten unter Fristsetzung aufgefordert wurden. Werde dem nicht nachgekommen, werde ein Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet, so ein Ministeriumssprecher.
Kritiker monieren, dass Strafen bei Verstößen gegen die Regelung nur ein paar Tausend Euro betragen und viel zu gering bemessen seien. Seitens des Ministeriums verweist man darauf, dass bei Nichteinhaltung der gesetzlichen Vorgaben als letzte Konsequenz auch ein Verkaufsstopp in Österreich verhängt werden könne.
Shein nahm auf Anfrage des KURIER dazu nicht Stellung. Seitens Temu heißt es, dass sich Händler auf der Plattform zur Einhaltung der Vorschriften ihrer Zielmärkte verpflichten müssten. Die Frage, ob auch kontrolliert werde, ob sie Verträge mit Bevollmächtigten zur Entsorgung der Verpackungen abgeschlossen haben, ließ man unbeantwortet.
30.000 Pakete
werden nach Schätzungen von Marktbeobachtern allein über die Plattform Temu täglich nach Österreich geliefert.
47 Prozent
der heimischen Online-Shopper haben bereits bei einer chinesischen Plattform eingekauft. Den höchsten Anteil weist Temu (37 %) vor Shein (18 %) auf.
12.043 Unternehmen
aus dem Ausland sind laut dem BMK im österreichischen Entsorgungssystem registriert und haben einen Bevollmächtigten bestellt. Rund 837 davon kommen aus China
„Erster Schritt“
Vom KURIER befragte Entsorger begrüßen das Vorgehen gegen die Billiganbieter. Sie sprechen von einem „ersten Schritt in die richtige Richtung“.
Kommt die Aufforderung nicht reichlich spät, wenn man bedenkt, dass die Plattformen in den vergangenen Monaten Millionen Pakete nach Österreich geliefert haben? „Viel zu spät“, sagt Christian Abl, Österreich-Geschäftsführer von Reclay Systems. Man habe mehrfach vor den chinesischen Plattformen gewarnt, aber wenig Gehör gefunden.
„Jein, besser spät als gar nicht“, meint Reinhard Pinter, Prokurist der ARA (Altstoff Recycling Austria). Prinzipiell könne das Ministerium ja auch fordern, dass die Mengen an Paketen, die ins Land gekommen sind, nachträglich gemeldet werden müssten.
Die Frage sei, inwieweit die Plattformen auch die vielen Tausenden Händler in die Pflicht nehmen, die über sie verkaufen, sagt Abl. Er schätzt, dass rund 50 Prozent aller Online-Händler, die nach Österreich liefern, sich vor den Entsorgungsbeiträgen drücken.
Komplizierte Registrierung
ARA-Prokurist Pinter spricht sich auch für Vereinfachungen beim Registrierungsprozess aus. Dass Vollmachten notariell beglaubigt werden müssten, sei ein Hemmnis. Man habe mit einigen chinesischen Firmen gesprochen, aber nie wieder von ihnen gehört, nachdem man ihnen das Prozedere erklärt habe, erzählt Pinter.
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