Online-Shops aus China mischen Österreich auf

Symbolbild: Online-Shopping bei Temu
Chinesische Plattformen gewinnen auch hierzulande zunehmend Kunden. Die Wirtschaftskammer sieht heimische Händler einem unfairen Wettbewerb ausgesetzt.

Eine Schwemme an günstigen Produkten, Rabatte von bis zu 90 Prozent und aggressive Werbung in sozialen Medien: Seit dem Vorjahr ist die chinesische Online-Handelsplattform Temu in Österreich aktiv und mischt, wie zuvor bereits in anderen Ländern, den Markt auf. 

37 Prozent der österreichischen Online-Shopper haben bereits bei Temu eingekauft. Der Handelsforscher Ernst Gittenberger von der Johannes Kepler Universität Linz (JKU) spricht von einer „Marktpenetration, die ihresgleichen sucht“. 

Temu sei mit vollem Werbedruck in den Markt gestartet: „Man kommt um Temu gar nicht mehr herum“, sagte Gittenberger am Donnerstag bei der Präsentation einer JKU-Umfrage zum Online-Handel in Österreich. Demnach hat fast die Hälfte der österreichischen Kunden im Online-Handel bei einer chinesischen Plattform eingekauft. 

Neben Temu sind auch der Billigmodehändler Shein oder Aliexpress unter den heimischen Online-Shoppern beliebt. Während Shein vor allem junges Publikum anzieht, ist Temu quer durch alle Altersschichten relativ gleichmäßig vertreten. „In Zeiten der Teuerungswelle fallen die chinesischen Plattformen auf fruchtbaren Boden“, sagt Gittenberger.

Gekauft werden vor allem Kleidung, Schuhe, Kosmetika und Wohnaccessoires. Geschätzt wird die große Auswahl und die billigen Produkte. 7 bis 9 Prozent oder Online-Ausgaben der Österreicher oder 600 Mio. bis 750 Mio. Euro wurden nach Hochrechnungen der Handelsforscher im vergangenen Jahr bei Temu, Shein & Co. ausgegeben. In den nächsten Jahren dürfte die noch geringe Zahl laut Gittenberger weiter nach oben gehen. 

Rückgang im Online-Handel

Die Ausgaben im Online-Handel gingen in Österreich 2023 insgesamt aber zurück. Sie sind laut JKU-Handelsforscher Christoph Teller wieder auf das Vor-Corona-Niveau gefallen und betragen 9,8 Prozent der Gesamtausgaben im Handel.  Die Zahl der Online-Shopper ist hingegen auf 72 Prozent gestiegen.

Umsätze dürften die chinesischen Online-Plattformen zumindest bisher vor allem anderen internationalen Online-Händlern, darunter den Platzhirschen Amazon, kosten. Denn der Anteil der Ausgaben, der ausländischen Online-Händlern zugutekommt, blieb im vergangenen Jahr mit 63 Prozent  konstant.

Schattenseiten

Der Boom der chinesischen Plattformen hat seine Schattenseiten. Fast ein Drittel der Kunden beklagt laut der JKU-Umfrage die schlechte Qualität der Waren und mehr als ein Viertel die länger als angegebenen Lieferzeiten.

Probleme mit den chinesischen Plattformen haben auch Wirtschaftskammer (WKÖ) und Konsumentenschützer. Rainer Trefelik, Obmann der Handelssparte, sieht heimische Händler durch die Konkurrenz aus China einem unfairen Wettbewerb ausgesetzt. „Wir importieren lustig aus China herein und kontrollieren nicht“, kritisiert der Handelsobmann. 

Er fordert eine sofortige Aufhebung der Zollfreigrenze von 150 Euro und strengere Zollkontrollen. Die chinesischen Händler  würden auch Zahlungen von Lizenzentgelten für Verpackungen und Elektrogeräte und Urheberrechtsabgaben umgehen, kritisiert Handelsspartengeschäftsführerin Iris Thalbauer

Die Arbeiterkammer (AK) hat vergangene Woche gemeinsam mit 16 anderen europäischen Konsumentenschutzorganisationen und der Dachorganisation BEUC Beschwerde gegen Temu eingereicht. Der Marktplatz sei voll „manipulativen Praktiken“, die darauf abzielen, Verbraucher dazu zu bringen, mehr Geld auf der Plattform auszugeben, kritisieren die Konsumentenschützer. Sie drängen darauf, dass Temu, ebenso wie bereits Shein, in der EU strengeren Regeln unterworfen wird. 

Temu: „Teilen nix auf“

Temu weist auf Anfrage des  KURIER die Kritik zurück.„Wir haben unseren Service aktiv an die lokalen Gepflogenheiten und Vorlieben angepasst und verpflichten uns zur vollständigen Einhaltung der Gesetze und Vorschriften der Märkte, in denen wir tätig sind.“  

Zum Vorwurf, bei der Zollfreigrenze von 150 Euro zu tricksen, heißt es:  „Wir teilen keine Pakete auf, um Zollkontrollen zu umgehen oder falsche Deklarationen zu machen.“ In den seltenen Fällen, in denen Pakete aufgeteilt werden, geschehe dies ausschließlich aus logistischen Erwägungen. Auch müssten oft gesetzliche Vorschriften zum   getrennten Versand bestimmter Artikel einhalten werden, etwa bei Messern in Deutschland.

Ein  Sprecher von Temu Europe verweist auch darauf, dass Temu ein Marktplatz sei, auf dem Drittanbieter ihre Produkte direkt den Verbrauchern anbieten. „Jedes Produktangebot auf unserer Plattform wird von diesen unabhängigen Verkäufern erstellt und verwaltet.“ Temu ist in  mehr als 30 europäischen Ländern aktiv. Die Temu-Mutter, der chinesische Konzern, Pinduoduo erzielte im ersten Quartal einen Nettogewinn von 3,6 Mrd. Euro.  

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