Storebox-Gründer: "Mit einem Start-up bist du laufend im Überlebensmodus"

Ein Fahrrad lehnt vor den Türen zu metallverkleideten Storebox-Lagerräumen.
Der Self-Storage-Markt ist in den vergangenen Jahren immer größer geworden. Mit besonders zentral gelegenen Lagerräumen für Privatpersonen und Unternehmen, aber auch zusätzlichen Logistik-Dienstleistungen versucht sich Storebox von Konkurrenten abzuheben. Das Unternehmen ist heute in sechs europäischen Ländern aktiv. Johannes Braith gründete das Start-up 2016 gemeinsam mit zwei Partnern.
KURIER. Storebox wurde angeblich inspiriert von einer Nachbarin von Ihnen, die ihr Kellerabteil an einen Mechaniker vermietet hat. Wie haben sie daraus ein Start-up gemacht?
Johannes Braith: Ideen erhält man oft durch das Beobachten von Problemen und das Erkennen von Chancen. Die Nachbarin hatte zu wenig Geld, der Mieter des Kellerabteils zu wenig Platz. Ich habe immer schon Geschäftsideen gewälzt, aber da wusste ich relativ zügig, dass ich diese Idee ausgründen wollte. Eine Woche später habe ich meinen Job gekündigt und Mitgründer gesucht.
Wieso wollten Sie Mitgründer?
Alleine gründen halte ich nicht für schlau. Im Verbund ist es besser. Aber es ist echt eine Herausforderung, Co-Founder zu suchen. Ich wollte das nicht mit meinen direkten Freunden machen, um Freundschaften nicht zu belasten. Aber über einen gemeinsamen Freund habe ich zu meinen Mitgründern Ferdinand und Christoph gefunden. Es sollten explizit Personen aus dem Software-Bereich sein.

Johannes Braith, CEO und Mitgründer von Storebox.
Hatten Sie schon Erfahrung mit dem Thema Logistik?
Ich bin mit 17 Jahren mit Bomben und Granaten aus dem Gymnasium geflogen und habe eine Speditionslehre am Flughafen Wien gemacht. Danach kamen weitere Lehren und im zweiten Bildungsweg habe ich auch Logistik bis zum Doktorat studiert. Also ich war immer schon im urbanen Logistikbereich unterwegs.
Wie haben Sie Ihr Start-up finanziert?
Unser allererstes Geld haben wir selbst aufgestellt. Jeder von uns hat alles, was er hatte, in einen Pott geworfen. Es waren ein paar Tausend Euro. Nach ein paar Monaten brauchten wir Kapital, um zu skalieren und nahmen an den Tel Aviv Pitching Days teil, die wir gewannen. Dadurch sind viele Investoren auf uns aufmerksam geworden. Hansi Hansmann hat investiert. Das war für uns wie ein Ritterschlag.
Später sind noch andere Investoren dazugekommen, oder?
Ja. Wir hatten eine Series-A-Finanzierungsrunde, bei der eine Firma im Verbund der Laura Privatstiftung von Rene Benko dabei war. Die Laura Privatstiftung ist nach wie vor ein Shareholder. Die Signa-Thematik hat aber keinen direkten Einfluss auf uns. Mit dem Geld haben wir nach Deutschland und in die Schweiz expandiert. Dann haben wir eine der größten Series-B-Runden in Österreich aufgestellt. Das hat den Turbo gezündet, um hunderte Filialen zu eröffnen.
Was waren die größten Herausforderungen in der Gründungsphase?
Etwas, das sich bis heute nicht verändert hat, ist, den richtigen Fokus und die richtige Priorisierung zu setzen. Mit einem Start-up bist du laufend in einem Überlebensmodus. Du musst ständig darüber nachdenken, welche große Baustelle zu als nächstes angehst, weil es gibt so viele. Da die Ruhe zu bewahren und zu entscheiden, welche Dinge man wann tut, ist extrem wichtig - und dabei nicht verrückt zu werden.
Wie haben Sie Kunden erreicht?
Wir nutzen ein sehr breites Setup an Marketing-Aktivitäten, je nachdem, um welche Services es geht. Kunden für unsere Self-Storage-Dienstleistungen können wir gut über Online-Werbung ansprechen. Pressearbeit war vor allem am Anfang wichtig. Ein sehr wichtiger Teil unseres Geschäftsmodells ist das Franchise-System. Wir haben dadurch hunderte Partner, die lokal vernetzt sind, Unternehmen gut kennen und Werbung für uns machen.
Wie haben Sie Ihr Start-up für Mitarbeiter attraktiv gemacht?
Wir haben eine sehr transparente und offene Firmenkultur und haben früh auf Diversity gesetzt. Unsere erste Frau haben wir nach 12 männlichen Mitarbeitern angestellt. Das brachte uns zum Nachdenken. Wir haben viel investiert in das Thema. Heute haben wir eine Frauenquote von 60 Prozent. Das ist für uns ein Alleinstellungsmerkmal. Will man als motivierte Frau in einem Tech-Unternehmen arbeiten, ist Storebox eine gute Anlaufstelle.
An welchem Punkt haben Sie sich gedacht: Die Sache läuft jetzt rund?
Noch nie. Ich habe eine konstante Unzufriedenheit in mir. Als Start-up Gründer ein Unternehmen wirklich zu skalieren, ist das nur möglich, wenn man bis zu einem gewissen Grad ein Getriebener ist. Wenn ich in der Früh aufstehe, ist das erste, woran ich denke, was verbessert gehört. Wenn wir Erfolg haben, ist für mich schon am nächsten Tag das nächste Ziel da. Das kann man kritisieren, aber es ist wirklich notwendig.

Storebox-Filiale mit versperrten Lager-Abteilen.
Wohin soll die Reise von Storebox gehen?
Unsere Vision ist es, die Logistiklandschaft auf den Kopf zu stellen. Vieles, was Menschen heute ärgert, der gelbe oder blaue Zettel an der Tür, fehlender Platz, das Zurücksenden von Paketen - das sind logistische Themen. Wir wollen diese Dienstleistungen näher in die Städte zu unseren Kunden bringen. Wir sind jetzt schon eine der größten Unternehmen, was Logistikstandorte anbelangt. 370 sind es derzeit. Daran wollen wir eine Null dranhängen.
Seit Neuestem ist Storebox im Bereich B2B-Logistik tätig. Wie kann man sich das vorstellen?
Wir treten damit in direkte Konkurrenz zu Post-Dienstleistern. Unsere Standorte dienen als Abgabepunkte für Händler. Ein Geschäft verkauft zum Beispieß Maßhemden. Üblicherweise muss er die zu einer Post-Filiale während ihrer Öffnungszeiten bringen. Bei uns werden die Pakete von vielen Geschäften gebündelt. Von dort aus können wir international versenden. Wir haben das vor wenigen Wochen gestartet und noch nie wurde ein Service so schnell so gut angenommen.
In welche Länder wird Storebox expandieren?
Vorerst sehen wir im DACH-Raum und Benelux noch viele weiße Flecken - vor allem in Deutschland. Im Self-Storage-Bereich ist Deutschland einer der unterentwickeltsten Märkte in Europa. Das ist eine Riesenchance. Also kurzfristig ist nicht geplant, in neue Länder zu gehen, mittelfristig aber sehr wohl. Aber Europa ist kein harmonisierter Markt, überall gibt es unterschiedliche Vorschriften.
Ist die Bürokratie eine der größten Herausforderungen?
Es ist tatsächlich so, weil es nicht nur in Ländern, sondern auch in Bundesländern und Gemeinden unterschiedliche Vorschriften gibt. Unsere Dienstleistung ist so neu, dass es dafür oft kein Verständnis gibt. Es gibt aber natürlich auch andere Herausforderungen, etwa die Finanzierung. In Österreich wird viel mit Förderungen gearbeitet. Ich weiß nicht, ob das der richtige Zugang ist.
Wie gut ist denn Österreich im Allgemeinen als Unternehmensstandort?
Ich halte sehr wenig davon, den Standort Österreich schlechtzureden. Ich bin nach wie vor stolz, hier leben zu dürfen. Die Lebensqualität ist so hoch, da ist es nur logisch, dass ich hier auch Unternehmer sein will. Also ich würde nicht aus Skalierungsgründen in die USA gehen. Einige Kollegen sehen das anders. Ideen werden hier einfach zu langsam umgesetzt. Ich durfte ja schon mit einigen politischen Institutionen über Start-ups diskutieren. Die sind alle immer offen und verstehen Dinge, aber die Umsetzung ist dann trotzdem schwierig.
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