Investoren ziehen ab: Heimische Start-ups sitzen auf dem Trockenen

Broke young man with empty wallet on flat lay.
Experte schlägt Alarm: Anschub-Finanzierungen auf tiefstem Stand seit 2019. Innovationskraft des Standortes in Gefahr.

Kreative Ideen von Gründerinnen und Gründern würde die heimische Wirtschaft als Wachstumsimpuls dringend brauchen, doch die so wichtige Anschubfinanzierung ist gehörig ins Stocken geraten. Florian Haas, Start-up-Experte bei der Beratungsgesellschaft EY, schlägt Alarm: „Die in den letzten Jahren weitgehend positive Entwicklung des österreichischen Start-up-Standorts steht auf der Kippe. Viele Start-ups sitzen auf dem Trockenen.“

Was ist passiert? Internationale Investoren haben im ersten Halbjahr 2025 der heimischen Wirtschaft regelrecht den Rücken gekehrt, zeigt das aktuelle Start-up-Barometer Österreich der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY. Das Gesamtfinanzierungsvolumen sank gegenüber dem Vorjahr um rund zwei Drittel auf nur noch 110 Millionen Euro – den niedrigsten Halbjahreswert seit 2019. 

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Florian Haas, Start-up-Experte EY

Zwar blieb die Anzahl der Finanzierungsrunden mit 70 Transaktionen annähernd stabil, das durchschnittliche Finanzierungsvolumen pro Deal sank jedoch auf nur noch knapp 2 Millionen Euro. Das ist der niedrigste Wert seit Erhebungsbeginn vor zehn Jahren. Auffällig: Keine einzige Start-up-Finanzierungsrunde war mit mehr als 50 Millionen Euro dotiert.

Start-up-Finanzierungen

Vor allem die Frühphasenfinanzierung, traditionell eine Stärke des österreichischen Ökosystems, verzeichnete einen starken Einbruch: Finanzierungsrunden unter einer Million Euro gingen von 41 auf 33 um 20 Prozent und damit deutlich zurück.

Wirtschaftsflaute als Standortvorteil

Einen Hauptgrund für die rückläufigen Gelder sieht Haas in der angespannten gesamtwirtschaftlichen Lage in Österreich, die sich zunehmend als Standortnachteil auswirkt. „Während viele europäische Länder nach dem globalen Einbruch in der Start-up-Finanzierung im Jahr 2023 bereits wieder auf Erholungskurs sind, bleibt Österreich weiter auf Talfahrt“, so Haas. Internationale Investoren würden Länder ohne klare Wachstumsstory derzeit meiden“. Wenn überhaupt, werde dort investiert, wo das Risiko kalkulierbar sei. Weiters würden Investoren das Geld benötigen, um bei bestehenden Portfolios nachzuschießen.

Wenn Geld in innovative Gründungen fließt, dann am ehesten noch beim Thema künstliche Intelligenz (KI). Fast jede vierte Finanzierungsrunde (24 Prozent) betraf im ersten Halbjahr ein Start-up mit klarem KI-Schwerpunkt – insgesamt wurden 17 Runden in diesem Bereich registriert. Auch beim Kapital zeigt sich eine starke Präsenz: 42 Millionen Euro und damit 38 Prozent des gesamten Risikokapitals flossen an KI-Start-ups.

KI vorne, Grün out

Das meiste Kapital konnte mit 15 Mio. Euro das erst im Vorjahr gegründete Linzer KI-Start-up Emmi AI im April einsammeln. Die Oberösterreicher wollen mit Echtzeit-Simulationen das industrielle Engineering revolutionieren. 11,5 Mio. Euro konnte das Grazer Unternehmen Easelink für kabelloses E-Auto-Laden einsammeln.

Nicht mehr am Radar sind Gründungen rund um das Thema Nachhaltigkeit. Nur 7 Mio. Euro bzw. 7 Prozent des Gesamtwertes wurden in entsprechende Firmen investiert. Das war der niedrigste Wert seit 2022. Wien bleibt unangefochten Start-up-Hauptstadt. Fast zwei von drei in Start-ups investierten Euro flossen im ersten Halbjahr an Wiener Jungunternehmen.

Damit die Innovationskraft des Standortes nicht verloren gehe, brauche es dringend „ein unternehmerisches Update“, mahnt Haas. Investitionsanreize wie der nationale Dachfonds zählen da ebenso dazu wie mehr Wertschätzung für Gründerinnen und Gründer. „Ohne gezielte Maßnahmen werden wir den Anschluss verlieren, nicht nur im Wettbewerb um Kapital, sondern auch um Talente, Innovation und Unternehmertum.“

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