So tickt die steirische Wirtschaft kurz vor der Wahl
Die Steiermark mit ihren rund 1,24 Millionen Einwohnern macht gerade viel von sich reden. Nicht nur, weil in eineinhalb Wochen gewählt wird. Nicht nur, weil das Salzkammergut – das zum Teil in Oberösterreich und in der Steiermark liegt – 2024 zum Europäischen Kulturzentrum wird.
Auch wirtschaftlich erlebt die Grüne Mark gerade Höhen und Tiefen. Übernahmen, Hoffnungen und Proteste gegen eine Werksschließung – ein Überblick über das, was die Grüne Mark gerade bewegt.
Magna Steyr Graz
Nach dem gestrigen KURIER-Bericht, wonach bei Magna Steyr in Graz 1.800 der rund 10.000 Stellen nach den Landtagswahlen am 24. November abgebaut werden sollen, wird das Thema zum Politikum. Die SPÖ bietet den Magna-Mitarbeitern Hilfe an: „Wir werden alles Notwendige und Mögliche tun, um unsere steirische Industrie zukunftsfest zu machen.“
Die FPÖ sprach zu den Kündigungen von einem „Risiko für den ganzen Wirtschaftsstandort“. Und KPÖ-Klubobfrau Claudia Klimt-Weithaler sagte: „Kein Wunder, dass es die ÖVP mit der Neuwahl so eilig gehabt hat.“ Magna selbst versuchte die Causa klein zu reden. „Die Gerüchte entbehren zum jetzigen Zeitpunkt jeglicher Grundlage“, sagte ein Sprecher.
Aber natürlich könne man nicht sagen, was beispielsweise in sechs Wochen sei. Also nach den bevorstehenden Landtagswahlen. Die Mitarbeiter seien noch am Dienstag informiert worden, dass nichts an der Sache dran sei.
Der Sprecher versicherte auch, dass es mit der steirischen Politik kein Stillhalteabkommen oder dergleichen wegen der bevorstehenden Landtagswahl gebe. Magna arbeite jedenfalls daran, neue Aufträge hereinzubekommen.
Arbeitsmarkt
Als Industrieland trifft die abflauende Stahl- und Auto-Konjunktur die Steiermark besonders hart. Der Produktionsbereich ist mit mehr als 100.000 Beschäftigten der mit Abstand wichtigste Arbeitgeber, jeder fünfte Arbeitsplatz in der Steiermark ist ein Industriejob. Gegen den Bundestrend stieg im Oktober die Arbeitslosigkeit bereits das dritte Mal in Folge.
Ende Oktober waren um 1,1 Prozent mehr Steirer beim AMS gemeldet, im Industrie-Bezirk Bruck an der Mur war der Anstieg mit acht Prozent am höchsten. „Der steirische Arbeitsmarkt hat seit dem Sommer an Dynamik verloren. Die Beschäftigung nimmt noch leicht zu, die Arbeitslosigkeit weist jedoch im dritten Monat in Folge einen Zuwachs auf. Auch das Minus im Zugang an offenen Stellen deutet auf einen negativen Trend hin“, analysiert Karl-Heinz Snobe, Geschäftsführer des Arbeitsmarktservice Steiermark.
Auch für die kommenden Monate ist man beim AMS wenig optimistisch. Die Arbeitslosenquote liegt mit 5,5 Prozent jedoch noch deutlich unter dem Österreich-Schnitt von sieben Prozent, auch weil Handel und Dienstleistungen (Tourismus) nach wie vor gut laufen.
Intersport
Der größte Intersport-Standort Europas befindet sich wo? Er wird dieser Tage von Intersport Tscherne im Center West Graz eröffnet. Auf einer Shopfläche von 7.500 mit 70 neuen Mitarbeitern will man Spezialist für viele Sportarten sein, wie es Geschäftsführer Harald Tscherne formulierte. Zeitgleich wird im Center West der größte Trampolinpark Österreichs (mit 2.100 großer Trampolinlandschaft) eröffnet.
Goldsuche
In der Nähe von Oberzeiring im Bezirk Murtal soll künftig wieder Gold und Silber geschürft werden. Zumindest, wenn es nach dem kanadischen Unternehmen Richmond Minerals geht, das Schürfrechte im Wert von mehreren hunderttausenden Euro erworben hat. Bisheriger Rechteinhaber war die Schweizer Aurex Biomining AG.
Im Mittelalter war das Bergwerk in Oberzeiring noch von großer Bedeutung für den Ort, liegt aber aufgrund des hohen Grundwasserspiegels seit Ende des 14. Jahrhunderts still. Richmond Minerals will eine Tochter in Österreich gründen und mit modernster Technologie tiefer schürfen als je zuvor, heißt es.
Die Gemeinde selbst zeigt sich überrascht, man habe von dem Vorhaben erst über die Medien erfahren. Ob Richmond in Oberzeiring jemals Bergbau betreiben wird, ist höchst unsicher. Denn Richmond Minerals ist eine kanadische „Penny-Stock-Firma“. Die Aktie kostet zwei Euro-Cent an der Börse Frankfurt. Penny-Stock-Firmen brauchen immer wieder Infos, die die Aktie hochtreiben, dann cashen die Eigentümer ab. Bank-Berater raten nur: „Finger weg davon.“
Werkschließung Secop
In Fürstenfeld protestierte am Dienstag die 250-köpfige Belegschaft von Secop. Der Hersteller von Kühlschrankkomponenten kündigte vor kurzem an, die Produktion Mitte 2020 in die Slowakei und China zu verlagern. Ein Hoffnungsschimmer: Beim Kauf des ehemaligen Nidec-Werks gab es Auflagen. Nun will die EU untersuchen, ob durch die Schließung gegen diese verstoßen wird.
Sensorprofi ams
Der Chip- und Sensorhersteller ams ist nach langen Verhandlungen am Ziel. Die Führung des deutschen Lichttechnik-Konzerns Osram gab am Dienstag ihren Widerstand gegen die Übernahme durch ams auf. Osram-Vorstandschef Olaf Berlien sprach von einem attraktiven Angebot. Die Steirer hatten Zugeständnisse gemacht und den Osram-Vorstand damit auf ihre Seite gezogen.
Auch durch die Zusage, dass die Mitarbeiter an deutschen Standorten bis Ende 2022 vor fusionsbedingten Kündigungen geschützt seien. Vorstand und Aufsichtsrat von Osram empfehlen den Aktionären nun, das 4,6 Milliarden Euro schwere Angebot anzunehmen. Die von ams gebotenen 41 Euro je Aktie seien fair.
Die ehemalige Siemens-Personalchefin Brigitte Ederer soll als neutrale Schiedsrichterin sicherstellen, dass ams sich an die Vereinbarungen hält. Die Entscheidung über den Erfolg des Übernahmeangebots liegt aber bei den Aktionären. ams-Chef Alexander Everke begrüßte die Einigung und gab sich zuversichtlich, die geforderten 55 Prozent an Osram einzusammeln.
Wenn es klappt, wird Osram im April Teil von ams. Bis die beiden Unternehmen wirklich fusionierten, werde es bis 2022 dauern. Kritik kommt von den Arbeitnehmervertretern. Der Kündigungsschutz sei wertlos. Laut IG Metall will der Konzern unabhängig davon in Deutschland weitere 800 Arbeitsplätze streichen. Die Verbesserungen gegenüber dem ersten Angebot bezeichneten sie als „geringfügig“.
Tourismus
Das Urlaubsland Steiermark hat zuletzt mehr als 13 Millionen Gästenächtigungen im Jahr gezählt. Nach Regionen hat das Thermen- und Vulkanland/Oststeiermark bei den Ankünften die Nase vorne, bei den Nächtigungen ist es Schladming-Dachstein.
Beim zweiten Platz bei Ankünften bzw. Nächtigungen verhält es sich genau umgekehrt. Den dritten Platz bei Ankünften und Nächtigungen hält die Region Graz. Laut Steiermark Tourismus-Chef Erich Neuhold kommen 85 Prozent der Gäste immer wieder.
Die Erfahrung zeige auch, dass ausländische Gäste länger bleiben als Inländer. Daher will Neuhold den internationalen Gästemix steigern – mittels einer Ganzjahreskampagne auf den wichtigen Herkunftsmärkten Ungarn, Tschechien, Schweiz, Niederlande und Polen.
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