Signa-Gläubigerversammlung: "Ein Mensch alleine schafft nicht so ein Firmenkonglomerat"

Signa-Gläubigerversammlung: "Ein Mensch alleine schafft nicht so ein Firmenkonglomerat"
Heute, Dienstag, findet am Handelsgericht in Wien die erste Gläubigerversammlung statt. Die Bauarbeiten bei Signa-Edelkaufhaus Lamarr stehen praktisch still.

Rund drei Wochen nach der Eröffnung des Sanierungsverfahrens mit Eigenverwaltung der Signa Holding findet am Dienstag am Handelsgericht in Wien die erste Gläubigerversammlung statt. 

Das Unternehmen bietet seinen Gläubigern eine Sanierungsquote von 30 Prozent zahlbar binnen zwei Jahren an - das wären rund 1,5 Mrd. Euro der insgesamt 5 Mrd. Euro, die die Signa Holding an Passiva aufweist. Ob sich die Gläubiger mit dieser Quote zufrieden geben, ist laut Kreditschützern unklar. Laut AKV wurde bisher Forderungen in Höhe von 1,13 Milliarden Euro angemeldet. Die Prüfung der Forderungen ist noch nicht abgeschlossen, die Frist für die Anmeldung läuft noch bis zum 15. Jänner 2024.

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"Die Zusammenarbeit mit der Schuldnerin und sämtlichen Organen der schuldnerischen Gesellschaft funktioniert problemlos und werden dem Sanierungsverwalter alle erforderlichen Informationen zeitgerecht zur Verfügung gestellt. Die Fortführung des Unternehmens erfolgt nach erster Information des Sanierungsverwalters mit Unterstützung der beiden Geschäftsführer friktionsfrei", so der AKV weiter.

Wie der KURIER berichtete, fand am 4.12. 2023 bereits eine Schließung des Unternehmensbereich "Repräsentation/Akquise“ (insbesondere Jagd-, Flug-, Sicherheits- und Eventmanagement) statt. "Von ursprünglich 42 Dienstnehmern sind derzeit nur noch 8 Dienstnehmer weiterhin im schuldnerischen Unternehmen tätig und werden diese für die weitere Abwicklung des Sanierungsverfahrens benötigt", heißt es weiter. Derzeit sei der Sanierungsverwalter mit der Überprüfung der Vermögenslage der Schuldnerin beschäftigt. Vom Sanierungsverwalter wurden bereits mehrere Sachverständige mit der Überprüfung und Sicherung der Vermögenswerte der Schuldnerin beauftragt.

"Die Kosten für den Fortbetrieb der SIGNA Holding GmbH sind vorerst gedeckt. Dies auch mit Unterstützung von Herrn Rene Benko persönlich. So hat dieser eine Garantieerklärung über drei Millionen Euro zur Sicherung des Fortbetriebes abgegeben. Bisher wurde zur Sicherung des Fortbetriebes bereits mehr als eine Million Euro bezahlt", so der KSV1870

"Gelebte Intransparenz"

Laut Wolfang Peschorn, dem Präsidenten der Finanzprokuratur, müsse nun Klarheit und Transparenz geschaffen werden, sagt er am Dienstag im Ö1-Morgenjournal. Peschorn spricht von "gelebter Intransparenz" im Firmengeflecht rund um Signa. Das Insolvenzverfahren mit Eigenverwaltung sieht er kritisch. 

"All das könnte den Anschein erwecken, dass man hier weiterhin nicht mit den wahren Ursachen rausrücken will, dass die Intransparenz weitergelebt werden will." Ein Insolvenzverfahren ohne Eigenverwaltung biete viel stärkere Eingriffsrechte und Informationsmöglichkeiten.

Signa-Gläubigerversammlung: "Ein Mensch alleine schafft nicht so ein Firmenkonglomerat"

Verantwortlichkeiten prüfen

Auf die Frage, ob Rene Benko als faktischer Geschäftsführer doch geltend mit Privatvermögen haften könnte, sagt Peschorn: "Man sollte hier sehr sorgfältig die Verantwortlichkeiten aller beteiligter Personen prüfen, insbesondere auch der Berater, die über Jahre eingeschritten sind. Ein Mensch alleine schafft nicht so ein Firmenkonglomerat, ein Mensch alleine schafft es nicht, jahrelang zu verhindern, dass man im Firmenbuch die Abschlüsse vorlegt und Transparenz schafft. Da stehen mehr dahinter und die sollten alle identifiziert werden und entsprechend zur Verantwortung gezogen werden."

Brisant könnte die Entwicklung jedenfalls auch für die allgemeine Wirtschaftslage in Österreich werden. Unklar ist etwa, wie sich die Pleite auf den Immobilienmarkt auswirkt, so Peschorn: "Ich denke nur daran, dass fast jede Finanzkrise mit einer Immobilienkrise begonnen hat."

Einige Signa-Töchter in Zahlungsunfähigkeit geschlittert

Die Signa Holding hatte die Insolvenz am 29. November beantragt, im Anschluss daran sind auch einige Signa-Töchter in Österreich und Deutschland - darunter SportScheck und die Informationstechnologie GmbH - bereits in die Zahlungsunfähigkeit geschlittert. 

Der stark verschachtelte Signa-Konzern ist das bisher größte Opfer der Turbulenzen am Immobilienmarkt. Neben gestiegenen Zinsen machen Immobilienunternehmen auch höhere Baukosten und das Ausbleiben großer Immobilientransaktionen zu schaffen.

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Keine Arbeiten auf Signa-Großbaustelle Lamarr

Wie es in Wien mit der Signa-Großbaustelle Lamarr am früheren Leiner-Standort in der Mariahilfer Straße weitergeht, ist zuletzt unklar gewesen. Stets betonte die Signa, die Bauarbeiten liefen weiter, während solche bei Prestigeprojekten in Deutschland allerdings eingestellt wurden. 

Der ORF berichtete nunmehr am Montagabend, die Lamarr-Baustelle stehe praktisch still.

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Aufräum- und Absicherungsarbeiten

In Wien heute wurde ein Lokalaugenschein in der "MaHü" gezeigt, der veranschaulichte, dass lediglich einige Aufräum- und Absicherungsarbeiten liefen, nicht aber Bauarbeiten. Zuletzt wurde von der Signa stets betont, beim Bau laufe alles nach Plan. Diese würden aber praktisch stillstehen, berichtete der ORF auch mit Verweis darauf, dass es von der Signa zu diesem Thema am Dienstag auf Anfrage keine aktuelle Stellungnahme gab. Kurzfristig gab es auch auf APA-Anfrage keine Auskunft.

Eigentlich sollte derzeit den Angaben zufolge die Fassade errichtet werden. Davon war auf den TV-Bildern nichts zu sehen. "Wir verfolgen, was sich hier tut beziehungsweise nicht tut erste Reihe fußfrei. Da tut sich schon seit einiger Zeit nix", sagte ein Nachbar. "Es wird nur Werkzeug zusammengeräumt", sagte ein weiterer Anrainer, "unvollständig, leer, kalt, einsam, hässlich." Ein anderer sprach von "Absicherungsarbeiten", die im Gegensatz zu Bauarbeiten zu beobachten seien.

Stahlbetongerippe

Das geplante Edelkaufhaus samt Gastronomie am Dach und einem Hotel soll ursprünglichen Angaben zufolge 2025 eröffnen. Bisher steht nur das Stahlbetongerippe. Ein weiterer Anrainer, der auch Architekt ist und vom ORF gezeigt wurde, schloss es aus, dass dieser Zeitplan noch halten könne auch wenn voll gearbeitet würde. Das sei "utopisch".

Signa-Partner beim Projekt ist die thailändische Central Group. In der Schweiz übernimmt dieser Partner laut Plan die Signa-Anteile an der dortigen Warenhauskette Globus. Ob es auch in Österreich beim Lamarr-Kaufhaus zu einem ähnlichen Vorgehen kommt, ist offen.

Ebenso offen ist damit vorerst auch, wie es mit dem geplanten Lamarr-Museum im Gebäude steht, das nach der aus Wien stammenden Hollywooddiva und Erfinderin Hedy Lamarr benannt werden soll - und diese auch würdigen soll. Ein Geschäftsführer von René Benkos für das Projekt verantwortlichen Signa Holding, die sich derzeit in einem Insolvenzverfahren befindet, hatte sich die Rechte am Namen persönlich bei Lamarrs Kindern an der US-Westküste gesichert.

Laut Ankündigung vor gut zwei Jahren sollte Lamarr im gesamten Haus an verschiedenen Stellen gewürdigt werden, mit einem Museumscafé als Dreh- und Angelpunkt. Insgesamt soll das "Lamarr" als "KaDeWe" Wiens mit 20.000 Quadratmetern die Gäste auf acht Stockwerken begrüßen, wobei zum Gesamtprojekt auch ein Hotel der Hyatt-Gruppe unter der Marke Thompson Vienna gehört.

"Alle unsere Department Stores sind Ikonen ihrer Städte und damit tief in der jeweiligen Stadt verankert", sagte André Maeder als Chef der KaDeWe Group zur Namenswahl bei deren Präsentation im Oktober 2022. "Der neue Store ist in erster Linie für die Wienerinnen und Wiener, weshalb die Verbindung zur österreichischen Metropole unbedingt gegeben sein muss."

Zur KaDeWe-Group gehören bis dato das gleichnamige Berliner Luxuskaufhaus, das Alsterhaus in Hamburg und das Oberpollinger in München. Neben dem Lamarr in Wien sollte hierzu 2024 dann auch das Carsch Haus in Düsseldorf stoßen. KaDeWe gehörte früher zu Karstadt und ist mittlerweile im Besitz der Signa-Gruppe sowie der thailändischen Central Group.

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