Erfolgreiche Klagen gegen Servicepauschale: Warum Kunden trotzdem zahlen
Sechs Urteile gegen die Mobilfunk-Servicepauschale sind bereits rechtskräftig. In allen wurden Mobilfunkanbieter zur vollständigen Rückzahlung der umstrittenen Abgabe verpflichtet.
Dennoch zahlen Tausende Kunden die Gebühr, die zwischen 20 und 35 Euro jährlich beträgt, auch weiterhin.
Der KURIER hat bei den Mobilfunkern nachgefragt, warum das so ist.
Bei A1, das in drei Fällen auf Anweisung des Gerichts die Abgabe zurückzahlen musste, heißt es, dass die Urteile nur für den Einzelfall gültig seien. Es gehe lediglich um geringe Beträge, die Verfahren hätten keine Chance, eine Klärung der Rechtslage für die Servicepauschale zu erreichen.
Auch bei Magenta, das in drei Fällen ebenfalls zur Rückerstattung verurteilt wurde, spricht man von „Einzelverfahren“, die keine Auswirkungen auf andere Kunden hätten.
Die Servicepauschale wurde vor mehr als 10 Jahren von den drei großen heimischen Telekomunternehmen eingeführt. Je nach Betreiber beträgt sie zwischen 20 und 35 Euro jährlich.
Nach Meinung von Konsumentenschützern steht ihr keine entsprechende Leistung gegenüber. Die Mobilfunker verweisen auf Services, wie das Tauschen der SIM-Karte oder Sperren für mobiles Bezahlen gegen „Schockrechnungen“.
500 Millionen Euro oder mehr an Rückzahlungen drohen den Anbietern, falls die Abgabe vom OGH als rechtswidrig erkannt wird.
Klagen der Arbeiterkammer
Beide Anbieter wollen den Ausgang von Verbandsklagen abwarten, die im Jänner von der Arbeiterkammer (AK) gegen die Servicepauschale eingebracht wurden. Bis es ein rechtskräftiges Urteil gibt, dürfte es aber noch dauern.
Aus der AK heißt es, dass die Klagen wohl durch die Instanzen gehen werden. Mit einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (OGH) rechnet man im Laufe des nächsten Jahres.
„Völlig unterworfen“
Der Wiener Anwalt Matthias Strohmayer, der die Klagen im Auftrag von Kunden und in zwei Fällen auch des Vereins für Konsumenteninformation (VKI) einbrachte, verweist darauf, dass gegen keines der Urteile berufen wurde. Bei zwei Fällen handle es sich um Anerkenntnisurteile. A1 habe die Rechtswidrigkeit der Abgabe anerkannt und sich quasi „völlig unterworfen“, sagt Strohmayer. Wodurch sich die „Einzelfälle“, in denen Urteile ergingen, von denen anderer Kunden unterscheiden, die die Abgabe ebenfalls bezahlen oder bezahlt haben, wollte man seitens des Mobilfunkers auf Anfrage des KURIER nicht eingehen.
Laut Strohmayer sind seit Ende 2022 auch bereits rund 300 Klagen, die er im Auftrag von Kunden vor mehreren Bezirksgerichten in Wien einbrachte, von allen drei großen Mobilfunkern ohne großes Aufsehen außergerichtlich beigelegt worden. In allen Fällen sei die Pauschale, die seit 2012 eingehoben wird, rückwirkend über den kompletten Vertragszeitraum samt Zinsen zurückgezahlt worden, sagt der Anwalt. Betroffenen Mobilfunkkunden seien dabei mitunter mehr als 450 Euro rückerstattet worden.
115 weitere Klagen seien derzeit aktiv anhängig, sagt Strohmayer. Zahlreiche weitere sollen in den nächsten Monaten folgen. Insgesamt hätten sich rund 2.000 Mobilfunkkunden bei ihm für solche Klagen angemeldet.
Diskussion seit Jahren
Im Gerede ist die Servicepauschale seit Jahren. Seit der OGH die Gebühr bei Fitnesscentern im Jahr 2022 gekippt hat, steht ihre Zulässigkeit auch in der Mobilfunk-Branche zur Diskussion. Konsumentenschützer können keine entsprechende Gegenleistung für die Pauschale erkennen. Nachdem die Arbeiterkammer mit Mobilfunkern mehr als ein Jahr lang ergebnislos über die Abschaffung verhandelt hat, zog sie schließlich Anfang des Jahres gegen die Telekommunikationsunternehmen vor Gericht.
Magenta verabschiedete sich bereits im vergangenen November von der strittigen Gebühr. Drei und A1 folgten im Jänner und Februar dieses Jahres und stellten ebenfalls ein neues Tarifportfolio ohne Servicepauschale vor. Die Kosten für Serviceleistungen sind dabei in der monatlichen Grundgebühr enthalten oder werden separat verrechnet.
Bestandskunden zahlen
Altkunden mit bestehenden Verträgen, die nicht zu neuen Tarife gewechselt haben, wird die Servicepauschale von allen drei großen Anbietern aber auch weiterhin verrechnet.
Um wie viele Kunden es sich dabei handelt, ist nicht in Erfahrung zu bringen. „Wir kommunizieren in unseren Geschäftszahlen die Gesamtkundenzahlen im Mobilfunkbereich und können keine Auskunft zu einzelnen Kundensegmenten geben“, heißt es dazu etwa bei Magenta.
Mobilfunker zuversichtlich
Bei dem Betreiber geht man davon aus, dass die Tarife mit Servicepauschale auch vor dem Höchstgericht halten werden. Alle Tarife seien von der Regulierungsbehörde RTR geprüft und für rechtmäßig befunden worden, sagt ein Sprecher.
Bei A1 ist man für den Ausgang des Verfahrens ebenfalls zuversichtlich. Auch weil der OGH jüngst eine pauschale Servicegebühr bei einem Ticketanbieter für zulässig erachtet hat, wie eine Sprecherin mitteilte.
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