Wie ein Ölfeldausstatter aus Ternitz mit der Energiewende umgeht

SBO beliefert seine Kundschaft weltweit. Sein modernstes Werk hat der Konzern in Ternitz, Niederösterreich
Klaus Mader, neuer Chef von Schoeller-Bleckmann Oilfield Equipment, sprach mit dem KURIER über das Ende des fossilen Zeitalters und den Standort Österreich im globalen Wettbewerb.

Hohe Kosten, hohe Auflagen und ein Geschäftsfeld, das politisch unter Druck gerät: Klaus Mader ist seit Jänner Chef des Ölfeldausstatters Schoeller-Bleckmann Oilfield Equipment (SBO) mit Sitz im niederösterreichischen Ternitz.

KURIER: Was halten Sie von dem Vorschlag der Industriellenvereinigung, die Normalarbeitszeit auf 41 Wochenstunden auszuweiten?

Klaus Mader: Ich bin nicht für eine Verlängerung und noch viel weniger für eine Verkürzung der gesetzlichen Arbeitszeit. Eine Herausforderung im globalen Wettbewerb sehe ich eher durch den hohen Lohnabschluss letzten Herbst, die höheren Energiekosten und die überbordende Bürokratie in Europa.

Was stört Sie da konkret?

Das betrifft einerseits Betriebsanlagengenehmigungen, aber viel mehr stören mich ausufernde Regulative auf EU-Ebene. Am Ende des Tages haben wir dadurch viel mehr Aktivitäten, die nicht wertschöpfend sind. Ein Beispiel: Unser Geschäftsbericht hat etwa 200 Seiten, 50 davon entfallen auf die Nachhaltigkeitsberichterstattung.

Wie betrifft Sie das Lieferkettengesetz?

Wir arbeiten großteils mit westlichen Lieferanten. Ich mache mir da also keine Sorgen, dass sie die Menschenrechte missachten. Unser größter Lieferant ist Böhler in Kapfenberg, aber durch die Auflagen kommt ein enormer Zusatzaufwand.

Wie viele Leute arbeiten bei Ihnen in der Administration?

Wir haben in der Unternehmensgruppe 70 Prozent Arbeiter und 30 Prozent Angestellte, auf die Administration entfallen etwa zehn Prozent. Die Forschung und Entwicklung ist teilweise in der Produktion integriert, weil wir vor allem mit großen Kunden auch viele Prototypen fertigen und Produkte weiterentwickeln.

Wie ein Ölfeldausstatter aus Ternitz mit der Energiewende umgeht

Klaus Mader ist seit 2015 bei SBO, seit Jänner Vorstandschef 

Wie sehr spüren Sie den Fachkräftemangel?

Bei den Fachkräften können wir in Österreich und Europa noch punkten. Für das duale Ausbildungssystem Lehre bewundern uns viele im Rest der Welt, in Amerika gibt es das beispielsweise nicht. Bei SBO beginnt die Ausbildung in einer Lehrwerkstätte. Wir haben am Standort Ternitz 26 Lehrlinge von knapp 400 Mitarbeitern und nehmen jedes Jahr acht bis zehn Lehrlinge auf. Die Lehrlinge von heute sind die Fachkräfte von morgen, die werden bei uns gehegt und gepflegt. Wir haben für sie zum Beispiel zwei Mal die Woche Englischkurse im Betrieb und ein Sportangebot. Ich bin immer wieder beeindruckt von der Motivation der Lehrlinge, die meisten bleiben nach der Ausbildung auch im Betrieb.

Die Steuer- und Abgabenquote in Österreich ist die dritthöchste in den OECD-Ländern. Ist das ein Problem?

Die Lohnnebenkosten sind hoch, damit müssen wir umgehen, das wissen wir. Aber was uns am meisten getroffen hat, war der sehr hohe Lohnabschluss. Am Ende des Tages müssen wir mit unserer Technologieführerschaft und Qualitätsführerschaft punkten, um den Nachteil hoher Personalkosten zu kompensieren.

Warum ist es angesichts Ihrer internationalen Kundschaft sinnvoll, in Ternitz zu produzieren?

Es ist historisch gewachsen. Ternitz ist unsere Firmenzentrale und wir beliefern mit unserer größten Produktion die gesamte Welt. Wir haben auch Niederlassungen quer über den Globus verteilt mit Fertigungen in Asien, Europa und Nordamerika. Die Öl- und Gasförderung in Europa ist nicht groß, aber es gibt sie im Mittelmeer, in der Nordsee und der Mittlere Osten ist nicht sehr weit entfernt. Ternitz ist unsere modernste Fertigung, wir haben hier zum Beispiel ein 3-D-Metalldruck-Center – und wir haben hier sehr engagierte und gut ausgebildete Mitarbeiter. Wir stellen aber auch kein Massenprodukt her, sondern sind sehr spezialisiert und die Kunden sind auch bereit, für bessere Produkte mehr zu bezahlen.

Welche Kompetenzen können Sie in der Energiewende mitnehmen?

Ich sehe die Energiewende nicht als Bedrohung. Die Energielandschaft wird in 20 Jahren anders aussehen als heute, aber meiner Meinung nach wird es sehr viele Einsatzbereiche geben, in denen wir mit unseren Fähigkeiten punkten. Unsere Produkte werden für Geothermie-Bohrungen eingesetzt oder auch für Carbon Capture and Storage, und für Wasserstoff benötigt man hohes Werkstoff-Know-how im Bereich Stahl. Diese neuen Märkte sind noch relativ klein, die Wachstumsraten sind aber höher als in unserem Kerngeschäft. Im Prinzip entstehen hier fast wöchentlich neue Gelegenheiten und Chancen.

SBO wird damit nicht die Geschäftsgrundlage entzogen?

Die Ölnachfrage war letztes Jahr auf einem Rekordniveau, das heißt, das Kerngeschäft funktioniert und das neue Geschäftsfeld New Energy wächst kontinuierlich. Kerngeschäft und neues Geschäft sind auch kommunizierende Gefäße und wir werden beide Felder bespielen. Wenn das Kerngeschäft schneller zurückgeht, wächst der Bereich New Energy schneller.

Wie wirkt sich der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine auf Ihr Geschäft aus?

Russland war nie sehr relevant für uns, wir haben dort eine relativ kleine Reparatur- und Servicewerkstätte in Sibirien, primär für unsere westlichen Kunden. Wir haben 2022 sanktionskonform alle Lieferungen nach Russland gestoppt. Der Anteil am Gesamtumsatz ist etwa von drei auf zwei Prozent zurückgegangen.

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