Schlechte Nachrichten für den Klimaschutz: Zwar hat die Energiekrise in Folge des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine zu einem Schub bei Investitionen in erneuerbare Energieträger geführt, der weltweite Verbrauch von Erdöl steigt auf absehbare Zeit aber weiter an. Weltweit werden heuer 528 Milliarden US-Dollar in neue Öl- und Gasförderprojekte investiert. Das ist der höchste Wert seit 2015 und ein Anstieg um elf Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Bis 2028 wird der weltweite Verbrauch laut dem Mittelfrist-Report der Internationalen Energieagentur um etwa sechs Prozent auf 106 Millionen Fass (je 159 Liter) pro Tag wachsen. Und die Investitionen in neue Ölfelder und Raffinerien reichen auch aus, um die verfügbaren Kapazitäten entsprechend zu erhöhen. Mit dem Netto-Null-Ziel ist das nicht vereinbar, die IEA drängt deswegen auf verstärkte politische Maßnahmen.
Laut der Prognose verlangsamt sich das Wachstum allerdings, weswegen "Peak Oil", also der Zeitpunkt des weltweiten Fördermaximums noch gegen Ende dieser Dekade erreicht werden könnte. Einer sinkenden Nachfrage in hoch entwickelten Volkswirtschaften steht dabei ein Wachstum in Schwellenländern gegenüber. Die größten Anteile entfallen dabei schon aufgrund der Bevölkerungsgröße auf China und Indien.
Am stärksten ist der prognostizierte Zuwachs in der Petrochemie und bei Flugzeugtreibstoffen. Im Transportsektor insgesamt soll der Verbrauch aber bereits ab 2026 zurückgehen. Möglich macht dies die Verbreitung von Elektroautos.
Der Übergang zu einer Wirtschaft mit sauberer Energie nimmt Fahrt auf, ein Höhepunkt der weltweiten Ölnachfrage ist vor Ende dieses Jahrzehnts in Sicht
von Fatih Birol
IEA-Chef
Obwohl die arabischen OPEC-Staaten ihre Kapazitäten ausbauen, findet der größte Zuwachs der Rohöl-Förderung außerhalb der OPEC statt, nämlich zusammengerechnet in den USA, Brasilien und Guyana. Die massivsten Ausbaupläne für Raffinerien werden hingegen in Indien, China und dem Nahen Osten gemacht.
Der Ölpreis wirkt sich zwar nicht eins zu eins, aber doch stark auf den Spritpreis aus. Seit den Rekordwerten vom letzten Jahr haben sich die Treibstoffpreise normalisiert. "Die Öl-Weltkarte wurde seitdem neu gezeichnet", erklärte das ein Vertreter der IEA in einem Pressegespräch. Da die Nachfrage mit den geplanten Investitionen in Förderung und Raffinerien gedeckt werden kann, sollte es grundsätzlich nicht zu einer Knappheit kommen. Allerdings könne Volatilität, insbesondere für einzelne Produkte in einzelnen Regionen deswegen nicht ausgeschlossen werden, warnt die IEA.
Derzeit ist am Ölmarkt jedenfalls keine Knappheit zu erkennnen. Im Gegenteil führen die gedämpften Konjunkturaussichten insbesondere in den USA und China (den zwei größten Energieverbrauchern der Welt) zu einer niedrigen Nachfrage. Die OPEC (Organisation der Erdöl- exportierenden Länder) und die OPEC+ haben bereits mehrfach mit Förderkürzungen auf die sinkenden Preise reagiert. Zuletzt hat Saudi Arabien sogar einseitig angekündigt, ab Juli eine Million Fass weniger pro Tag fördern zu wollen - die Ölpreise stiegen trotzdem nicht.
Ein Faktor, der Sprit in den kommenden Jahren aber zumindest in Europa verteuern wird, ist der CO2-Preis. In Österreich wurde dieser im vergangenen Herbst eingeführt, plangemäß wird er jährlich angehoben.
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