Um die globale Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen, dürften bis zum Jahr 2100 demnach maximal 500 Milliarden Tonnen (500 Gigatonnen) CO2-Äquivalent an Treibhausgasen emittiert werden. Zum Vergleich: Der weltweite Ausstoß pro Jahr betrug vor der Corona-Pandemie 37 Gigatonnnen. Die Emissionen müssten also drastisch reduziert werden. Das Problem: Allein die vom Guardian hochgerechneten 195 neuen Gas- und Ölprojekte sprengen dieses Budget mit 646 Gigatonnen CO2 bereits im Alleingang – also ohne die bereits bestehende fossile Infrastruktur.
Mit 22 sind die meisten dieser „Kohlendioxidbomben“ in den USA geplant, dadurch werden in Summe 140 Gigatonnen CO2 entstehen (siehe Grafik). Die nächstgrößten Projektbetreiber sind Saudi Arabien, Russland, Qatar, der Irak, Kanada, China und Brasilien. Die Top 3 unter den Unternehmen sind mit Qatar Energy, Gazprom und Saudi Aramco allesamt Staatsbetriebe. Nicht zufällig, sind diese doch die größten Öl- und Gaskonzerne der Welt. In den Top Ten finden sich neben den amerikanischen Branchengrößen ExxonMobil, Chevron und ConocoPhillips, aber auch die europäischen Multis Shell, BP und Eni. Europa hat also durchaus seinen Anteil an der Entwicklung.
Mehr als 360 Millionen Euro täglich investieren die Öl- und Gasmultis in alle Förderprojekte. Etwa ein Viertel der Investitionen – rund 98 Millionen Euro am Tag – dürften laut den Berechnungen nicht mehr zur Öl- und Gasexploration verwendet werden.
Analysen des Weltklimarates zeigen, dass rund 60 Prozent der Öl- und Gasvorkommen und 90 Prozent der Kohlevorkommen nicht mehr angegriffen werden dürfen, wenn die Erderwärmung auf ein verträgliches Maß eingebremst werden soll.
„Unsere Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen bringt uns um“, warnte UN-Generalsekretär Antonio Guterres bei der Vorstellung des bislang letzten Klimaberichts im April: „Wir haben Alarmstufe Rot für die Menschheit.“
Bei der Gelegenheit nahm sich der UNO-Chef kein Blatt mehr von den Mund: Jetzt oder nie sei die Zeit gekommen, die Treibhausgas-Emissionen durch die Verbrennung von fossilen Brennstoffen wie Öl, Gas oder Kohle endlich zu reduzieren. Der Klimabericht sei ohnehin ein „Dokument der Schande“, weil die meisten Regierungen und Konzerne ihre Versprechen nicht einhalten. „Kurz gesagt lügen sie uns alle an, und die Konsequenzen werden katastrophal sein. Jetzt noch in fossile Infrastruktur zu investieren, ist ein moralischer und wirtschaftlicher Wahnsinn. Klimaschützer werden oft als gefährliche Radikale bezeichnet. Aber die wirklich Gefährlichen und Radikalen sind jene Staaten, die jetzt mehr Öl und Gas fördern wollen.“
Kommentare