Rewe: 20,8 Mio Strafe wegen Preisabsprachen
Die Wettbewerbshüter bitten den Lebensmittelhändler Rewe gehörig zur Kasse: Im Februar des Vorjahres haben sie bei einer groß angelegten Razzia in der Zentrale des Handelsriesens so viele Unterlagen zu den Supermärkten Billa und Merkur sichergestellt wie nie zuvor bei einer Hausdurchsuchung. Am Montag fasste die Rewe die zweithöchste Kartellstrafe aus, die jemals in Österreich verhängt wurde: 20,8 Millionen Euro Bußgeld muss der Konzern wegen unerlaubter Preisabsprachen mit Markenartikel-Lieferanten im Zeitraum Februar 2007 bis Februar 2012 zahlen. Nur beim so genannten Aufzugskartell hatte die BWB 2008 eine noch höhere Geldstrafe beantragt (siehe Grafik).
Verhaltensregeln
Parallel wurden Leitlinien ausgearbeitet, wie sich Händler und Lieferanten künftig in Preisverhandlungen zu verhalten haben. „Bisher agieren die Unternehmen teilweise in einem rechtlichen Graubereich. Mit Hilfe des neuen Leitfadens sollen mögliche – auch unabsichtliche – Verstöße künftig ausgeschlossen werden“, meint Hensel. Um sicherzustellen, dass Lieferanten nicht mehr als Informationsträger zwischen den Händlern benutzt werden, dürfen sie etwa keine Kassabons eines Händlers bei einem anderen vorlegen. Damit soll unterbunden werden, dass über Lieferanten ein gleicher Preis bei allen Händlern sicher gestellt wird.
Fest steht, dass sich in Österreich Spar, Rewe und Hofer mehr als 80 Prozent des Marktes aufteilen. Auch Spar wurde heuer von den Wettbewerbshütern gefilzt. Die Ermittler vermuteten Absprachen bei Molkereiprodukten, Bier, Kaffee und Mehl. Branchengerüchten zufolge sollen die Ermittlungen schon fortgeschritten, ein Ergebnis noch vor dem Sommer realistisch sein. Auch bei MPreis und zahlreichen Herstellern führte die BWB Razzien durch. Als Folge wurde unter anderem Österreichs größte Molkerei, die Berglandmilch, zu einer Geldbuße von 1,125 Millionen Euro verurteilt.
Die Arbeiterkammer fühlt sich jedenfalls in ihrem Verdacht bestätigt, dass Konsumenten über Gebühr zur Kasse gebeten werden. „Es wird immer klarer, dass die im internationalem Vergleich überhöhten Lebensmittelpreise in Österreich auch auf Kartellabsprachen beruhen“, so AK-Direktor Werner Muhm.
Die Kartellgesetzgebung wurde in den letzten Jahren verschärft. Insbesondere Kronzeugen haben geholfen, Kartelle zu zerschlagen. Sie können auf Strafmilderung hoffen oder den teils empfindlich hohen Bußgeldern sogar gänzlich entgehen, wenn sie ihre Kartellbrüder verpfeifen. Nachträgliche Schadenersatzansprüche der Geschädigten treffen aber auch die Kronzeugen.
Nach einer Millionenstrafe zahlt beispielsweise der oberösterreichische Feuerwehrausrüster Rosenbauer jetzt zusätzlich zwei Millionen Euro zur Schadenswiedergutmachung an deutsche Gemeinden. Der außergerichtliche Vergleich soll die Kommunen dafür entschädigen, dass sie in den Jahren 2000 bis 2004 offensichtlich zu viel für Feuerwehrfahrzeuge bezahlt haben.
Ähnlich war das Vorgehen beim Schienenkartell unter Beteiligung der voestalpine. Der Linzer Konzern war Kronzeuge und zahlte daher „nur“ 8,5 Millionen Euro Strafe. ThyssenKrupp musste 100 Mio. Euro Strafe zahlen. Danach leistete die Voest aber noch 50 Mio. Euro Schadenersatz an die Deutsche Bahn. Exorbitant hohe Forderungen drohen, wenn zusätzlich bewiesen wird, dass die Stahlkonzerne nicht nur zu teuren Schienenstahl geliefert haben, sondern auch – so der Verdacht – zu teuren Stahl an die deutsche Autoindustrie.
Ein neuer Vorwurf betrifft mögliche Preisabsprachen zwischen Verarbeitern von Kartoffeln in Deutschland. Geschädigte wären demnach Konsumenten und Bauern. Nach Medienberichten könnte der Schaden über die letzten zehn Jahre bei in Summe einer Milliarde Euro liegen. Das deutsche Kartellamt sagt hingegen, die Untersuchungen stünden erst ganz am Anfang, ein Schaden ließe sich also noch nicht beziffern.
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