Nach Benko-Entmachtung bei Signa: Rechtliches Konstrukt offen

Nach Benko-Entmachtung bei Signa: Rechtliches Konstrukt offen
Auch ohne zuletzt operative Tätigkeit im Konzern könnte sich Ex-Signa-Lenker Rene Benko als "faktischer Geschäftsführer" etwaigen Haftungsfragen stellen müssen.

Auch am Tag nach der Entmachtung von Signa-Mastermind Rene Benko durch seine milliardenschweren Investoren sind Fragen rund um den angeschlagenen Immobilien- und Handelskonzern offen. Auf Anfragen wurde von den Verantwortlichen im Kreis verwiesen, Antworten gab es nicht. Fakt ist, Sanierer Arndt Geiwitz übt die bisherigen Stimmrechte von Benko aus - was für ein rechtliches Konstrukt dahinter steht, ist offen.

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Haftungsfragen?

Der Signa-Konzern mit einer Bilanzsumme von zuletzt 27 Mrd. Euro bleibt weiterhin undurchsichtig. Die Zeitung Presse (Donnerstag) wirft die Frage auf, ob Benko trotz seit Jahren fehlender tatsächlicher operativer Funktion in seinem Lebenswerk nicht doch womöglich "faktischer Geschäftsführer" war, den im Fall des Falles Haftungsfragen treffen können. Für Beobachter steht jedenfalls außer Zweifel, dass Benko bis zur Übergabe an Geiwitz das Sagen hatte. Selbst nannte sich Benko angeblich auch des Öfteren "Chairman". Über seine Familienstiftung hält der 46-Jährige indirekt die Mehrheit der Anteile an seinem "Baby".

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Baustopp am Hamburger Elbtower

Jetzt muss Geiwitz eine Ausweitung des Liquiditätsengpasses verhindern. Zuletzt gab es etwa einem Baustopp an einem der Prestigeprojekte schlechthin - dem Hamburger Elbtower. Die Verbindlichkeiten liegen im vielfachen Milliardenbereich, schreiben Medien. Insgesamt wird über bis zu 15 Mrd. Euro geschrieben, etwa von der Kronen Zeitung an der Benko - Signa-Kerngeschäft untypisch - wie am KURIER auch Anteile hält. Die kurzfristigen Schulden sollen sich auf 2 Mrd. Euro belaufen - davon noch heuer zu bedienen: 1,3 Mrd. Euro.

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Dass es dafür in der Judikatur längst eine Bezeichnung gibt, thematisierte Rechtsanwalt Alfred Nemetschke in einem LinkedIn-Beitrag, so die Presse. Mit einem "faktischen Geschäftsführer" sei eine Person gemeint, die formal nicht zum Geschäftsleiter bestellt ist, aber im Unternehmen die Fäden zieht. Und deshalb auch entsprechende Verantwortung trägt. Samt vollem Haftungsrisiko.

"Faktischer Geschäftsführer ist, wer - ohne förmlich bestellt zu sein - maßgeblichen Einfluss auf die Geschäftsführung nimmt, womit es nicht darauf ankommt, ob es sich um einen Angestellten, Gesellschafter, Angehörigen oder Außenstehenden handelt", lautet dazu ein Rechtssatz des Obersten Gerichtshofs (OGH, RS0119794), geht aus dem Zeitungsbericht hervor. Wer diese Rolle einnimmt, hat auch die Pflichten eines Firmenchefs. Geht es dabei um Rechtshandlungen, die bestellten Geschäftsleitern vorbehalten sind, muss er auf diese entsprechend einwirken. Ob jemand diese Rolle einnimmt, ist laut Judikatur jeweils im Einzelfall zu beurteilen.

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In weiteren Medienberichten wurde auch unter Berufung auf Insider wenig Neues zu Tage gefördert. Während sich die Investoren in besseren Zeiten gerne mit ihren Invests in die Signa und auch das Talent Benkos rühmten, herrscht nun Schweigen im Walde. Benko-Investor Hans Peter Haselsteiner ließ aktuell nur wissen, dass nunmehr das Büro von Geiwitz informiere. Dieses verwies auf die Signa, die seit Wochen nicht auf Medienanfragen reagiert und bisher nur gestern eine einseitige Presseinformation versendete.

Geiwitz soll laut Zeitung Der Standard unter Berufung auf Insider weder Benkos Stimmrechte noch dessen Anteile übertragen bekommen haben. Eine komplexe rechtliche Lösung sorge dafür, dass Geiwitz Benkos Stimmrechte repräsentiert, auch ohne Übertragung. Eine zeitliche Limitierung soll es nicht geben. Es ist schließlich auch offen wie lang es braucht bis Benkos Baby gesundet und unter welchen Umständen das möglich ist.

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