Rekordpreise und Kündigungen am Strommarkt

Er läuft und läuft und läuft: Der Stromzähler
Die Zeiten billiger Tarife sind vorläufig vorbei. Die Abschaltungen von Haushaltskunden haben während der Pandemie abgenommen.

Bei Gas und Strom hat es heuer „massive Verwerfungen“ auf den Großhandelsmärkten gegeben, so Wolfgang Urbantschitsch, Vorstand der Regulierungsbehörde E-Control. Der österreichische Strompreisindex (ÖSPI) für Jänner 2022 ist im Jahresvergleich um 105 Prozent auf ein Rekordhoch gestiegen. Die „enormen Preisanstiege“ seien bisher aber „nur teilweise im Endkundensegment angekommen“, so Urbantschitsch anlässlich der Präsentation des Konsumentenschutzberichts der E-Control. Wo in den letzten Monaten noch keine Preissteigerung angekündigt wurde, ist also noch damit zu rechnen.

Attraktive Angebote und insbesondere starke Wechselrabatte sind hingegen selten geworden. Der Grund ist einfach: Viele alternative Versorger ohne eigene Produktion konnten diese bieten, indem sie sich zu niedrigen Großmarktpreisen eingedeckt haben. Diese Option gibt es derzeit nicht.

In den vergangenen Wochen haben hingegen viele Unternehmen Verträge mit günstigen Preisen gekündigt oder den Konsumenten neue, teurere Bedingungen angeboten. „Hier raten wir, selbst aktiv zu werden“, etwa einen Versorgerwechsel zu prüfen, so Urbantschitsch. Vereinzelt haben sich Lieferanten aus dem Markt zurückgezogen, mit „Fulminant Energie“ gab es auch eine Pleite. Die Konsumenten müssen sich allerdings keine Sorgen machen, über Nacht ohne Energielieferanten dazustehen. Denn die Netzbetreiber sind verpflichtet, Kunden ohne aufrechten Liefervertrag zwei Mal zu warnen. Wer sich auch in dieser Zeit keinen neuen Lieferanten sucht, wird einem anderen Anbieter zugeteilt, der Fairness halber per Los.

E-Control-Vostand Wolfgang Urbantschitsch

Wolfgang Urbantschitsch, Vorstand der E-Control

Im Jahr 2020 gab es 1.267 Eingaben bei der Schlichtungsstelle der E-Control. Die häufigsten Gründe waren Fragen zur Rechnung und Zahlungsschwierigkeiten. Zu Schlichtungsanträgen – also Streitfällen zwischen Konsumenten und Versorgern – kam es aber nur in einem Viertel der Fälle. Viele Konsumenten suchten hingegen lediglich Information, etwa ob ihre Rechnung korrekt ist, so Christina Veigl-Guthann von der Abteilung Endkunden. Im Sinne der Transparenz würde die E-Control eine monatliche Abrechnung der Stromkosten begrüßen. Dafür fehlen derzeit aber die rechtliche Grundlage und die flächendeckende Installation digitaler Stromzäher. Wer bereits einen sogenannten Smart Meter hat, kann sich bereits eine Monatsrechnung wünsche, so Veigl-Guthann.

Eine unerfreuliche Entwicklung verortet Urbantschitsch bei der Zunahme jährlicher Floating-Tarife, die jedes Jahr mit dem Großhandelspreis angepasst werden. Dadurch würde das Marktrisiko auf die Konsumenten abgewälzt und der Wettbewerb eingeschränkt.

Weniger Abschaltungen

Dass viele Haushalte seit Beginn der Corona-Pandemie finanziell unter Druck geraten sind, hat nicht zu einem Anstieg der Energie-Abschaltungen geführt. Säumige Konsumenten müssen schriftlich gewarnt werden, beim zweiten Mal mit einem eingeschriebenen Brief. Beim Strom gab es im Jahr 2020 276.877 solche letzten Mahnungen, es kam aber nur zu 15.449 Abschaltungen. Das waren deutlich weniger als vor der Corona-Krise. Dazu hat nicht nur der freiwillige Verzicht der Lieferanten im Frühling 2020 beigetragen, denn auch im restlichen Jahr waren die Zahlen geringer. Auch beim Gas gab es mit 2.975 Abschaltungen nach 76.794 letzten Mahnungen weniger Abschaltungen als im Jahr 2019.

Von Energiearmut sind nach Definition der E-Control drei Prozent (115.500) der österreichischen Haushalte betroffen. Das bedeutet, dass sie beispielsweise ihren Wohnraum nicht ausreichend heizen können. Im europäischen Vergleich sind das sehr gute Werte.

Eine staatliche Preisregelung hält Urbantschitsch für den falschen Weg, um hier gegenzusteuern. Der Markt funktioniere im Prinzip gut, wenn es zu Notlagen kommt, sei deswegen die Sozialpolitik der geeignetere Zugang. Einkommensschwache Haushalte, die bereits von der Rundfunkgebühr GIS befreit sind, müssen zudem keine Ökostromförderkosten bezahlen. Bei einem durchschnittlichen Verbrauch macht das etwa 90 Euro pro Jahr aus. Allerdings scheint es hier ein Informationsdefizit zu geben, denn den etwa 300.000 GIS-Befreiungen stehen nur 131.000 Ökostrom-Befreiungen gegenüber.

Ein Teil dieser Abgaben entfällt kommendes Jahr für alle Haushalte: In Anbetracht der hohen Strompreise muss Ökostrom kaum subventioniert werden. Der Staat verzichtet deswegen auf den Erneuerbaren-Förderbeitrag. Durchschnittlich sind das 67 Euro pro Haushalt und Jahr. Zu zahlen bleibt die Erneuerbaren-Förderpauschale von 42 Euro.

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