Plan: Bargeld soll in Verfassung verankert werden
Seit einigen Jahren kommt wiederholt die Forderung, das Bargeld sowie das Recht auf Barzahlung in den Verfassungsrang zu heben. Bis dato hat sich die Bundesregierung nicht dazu durchringen können. Erst im Mai wurde ein entsprechender Antrag der FPÖ dazu abgelehnt (auch von SPÖ und Neos). Nun könnte aber doch etwas daraus werden.
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Wie der KURIER aus informierten Kreisen erfahren hat, hat sich ÖVP-Bundeskanzler Karl Nehammer nun selbst der Sache angenommen. Es soll ein Gremium eingerichtet und ein Drei-Punkteplan umgesetzt werden. Dieser soll die verfassungsrechtliche Absicherung von Bargeld, die Sicherstellung, dass auch weiterhin mit Bargeld bezahlt werden kann, und Grundversorgung mit Cash, enthalten. Dazu werde es im September einen Gipfel mit der Bankenwirtschaft geben. Die Verhandlungen mit dem grünen Koalitionspartner sind schon in einem fortgeschrittenen Stadium. So weit, dass aus den Verhandlungskreisen und Interessensgruppen so gut wie nichts nach außen drang.
Zweidrittel-Mehrheit nötig
Schließlich ist nicht nur eine Einigung der Koalitionspartner notwendig. Auch eine der beiden großen Oppositionsparteien – SPÖ oder FPÖ – muss bei diesem Beschluss mitgehen. Die SPÖ hat sich in dieser Frage bis dato sehr verhalten gezeigt und die Freiheitlichen bei ihrer Forderung attackiert. "Das ist eine Debatte, um Stimmung zu machen", sagte etwa zuletzt Abgeordneter Andreas Kollross. Er fordert hingegen einen Bankomaten je Gemeinde.
Der Plan der Bundesregierung, die Bargeldnutzung mittels Verfassungsgesetz abzusichern, kommt für Beobachter also einigermaßen überraschend.
"Teil der Identität"
Bis dato haben Spitzenrepräsentanten von Schwarz-Grün – allen voran Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) – stets betont, dass es "überhaupt keine Diskussion" darüber gebe, ob Bargeld abgeschafft würde.
Brunner hat sich auf EU-Ebene jedoch dafür eingesetzt, dass es nicht zu der von der EU-Kommission geplanten Bezahlobergrenze bei Bargeld von 10.000 Euro kommt. Bargeld sei ein "wichtiger Teil unserer Identität in Europa", sagte Brunner.
Die geforderte Obergrenze ist Teil eines EU-Paketes zur Bekämpfung der Geldwäsche und hat in Österreich zur Debatte beigetragen, ob hier nicht sehr wohl eine schleichende Abschaffung von Bargeld drohe – quasi durch die Hintertür.
Vor allem die FPÖ hat mit dem Verweis u. a. auf diese Thematik immer wieder eine Absicherung des Bargeldes per Verfassungsgesetz gefordert.
Befeuert wurde das Thema nicht zuletzt auch durch das erfolgreiche Volksbegehren "Für uneingeschränkte Bargeldzahlung" im Herbst des Vorjahres. Das Begehren erreichte 530.938 Unterschriften und landete damit unter den mehr als 70 Volksbegehren seit 1964 auf Platz 13.
OeNB für Bares
Zeitgleich hatte die Nationalbank aus Anlass des 20-jährigen Jubiläums der Euro-Bargeldeinführung im Vorjahr eine Kampagne zur Bedeutung und Absicherung des Bargeldes in Österreich gestartet. Auch das wurde vielfach als Hinweis verstanden, dass das Bargeld offenbar gefährdet sei.
In offiziellen Statements hat sich das freilich immer ganz anders angehört. So hat beispielsweise EZB-Präsidentin Christine Lagarde, als oberste Vertreterin der Währungshüter in Frankfurt, stets betont, dass es auch in Zukunft Euro-Scheine und -Münzen geben werde, auch wenn an einem digitalen Euro gearbeitet werde. Es sind ja auch neue Euro-Banknoten geplant.
Nicht alle Staaten haben dem Glauben geschenkt. So hat zuletzt die Slowakei, die seit 2009 Mitglied in der Eurozone ist, die Nutzung von Bargeld
in ihrer Verfassung verankert. Ob das slowakische Modell Vorbild für Österreich ist, ist offen – wie andere Details.
So wird etwa die Frage wesentlich sein, wie es mit den Annahmeverpflichtungen von Bargeld in dem neuen Gesetz aussehen wird. Kann man beispielsweise einen Handelsbetrieb dazu verpflichten, Bargeld annehmen zu müssen?
Zahlen ohne Cash
Zuletzt hat die Tiroler Supermarktkette MPreis für erhebliche Aufregung gesorgt, weil in zwei Filialen der rein bargeldlose Betrieb probehalber versucht wurde.
Die Arbeiterkammer Tirol hat daraufhin umgehend mit einer Klage gedroht, und MPreis hat den Pilotversuch daher wieder eingestellt. Zugleich hat das bargeldlose Bezahlen per Karte oder Handy vor allem in der Pandemie enorm an Bedeutung gewonnen.
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