Warum in Österreich noch oft bar gezahlt werden muss

"Bargeld ist wichtiger Teil unserer Identität in Europa"
Gastronomen und Händler stehen auf der Bremse. Vor allem aus Sorge vor vermeintlich hohen Kosten. Auch steuerliche Gründe könnten ein Motiv sein.

Angebot und Nachfrage regeln den Markt. Diese Weisheit trifft auch auf ein seit Jahren bewährtes Streitthema zu. Lieber bar oder mit Karte zahlen? Fast die Hälfte der Österreicher bevorzugt Cash (siehe Infobox unten). In anderen Ländern steht man Kartenzahlungen viel aufgeschlossener gegenüber. Das liegt aber auch an den Möglichkeiten, mit Karte zu zahlen. „Österreich liegt eher am unteren Ende der Verfügbarkeit“, sagt Mario Mathera, Country Manager von Global Payments.

Der US-Zahlungsdienstleistungsanbieter ist seit vier Jahren in Österreich vertreten. Mathera kennt Länder, die eine höhere Durchdringung mit Zahlungsterminals haben. Während es hierzulande nur 15 Stück je 1.000 Einwohner seien, komme Spanien auf rund 50 und Griechenland auf 88.

Warum in Österreich noch oft bar gezahlt werden muss

Dass Geschäftsleute vor Kartenzahlungen zurückschrecken, sei den Gebühren geschuldet, meint Mathera. Dabei sei es eine Mär, dass diese hoch seien. Mit 0,3 Prozent je Transaktion mit Debitkarte (bzw. 0,7 Prozent Kreditkarte) seien diese „keine Hürde mehr“. Und es rechne sich für den Händler: Laut Mathera bringe die Möglichkeit zur Kartenzahlung rund 30 Prozent mehr Umsatz.

Jetzt auch im Schweizerhaus mit Karte zahlen

Das kann Karl Kolarik vom Schweizerhaus in Wien noch nicht bestätigen. Das Traditionsgasthaus bietet seit dieser Saison erstmals Kartenzahlung an. Es habe den Druck der Gäste dazu gegeben, die Pandemie sei ein zusätzlicher Treiber gewesen. Und auch Bargeld verursache Kosten und es gebe Sicherheitsrisiken.

Warum in Österreich noch oft bar gezahlt werden muss

Das Schweizerhaus ist seit heuer größter Einzel-Gastrobetrieb Österreichs, der eine Kartenzahlung für Bier, Stelze und Co. ermöglicht.

Schließlich hat er sich nach einem Jahr Prüfung diverser Systeme für jenes von Global Payments entschieden. Die technische Umsetzung sei aber nicht einfach gewesen, schließlich sei der Betrieb groß „und Blätter und Gäste schirmen die Übertragungsmöglichkeiten ab“. Er musste 34 WLAN-Router sowie 22 Standgeräte und Drucker anschaffen. Kostenpunkt: 330.000 Euro. Ein Drittel der Gäste würde bereits mit Karte zahlen, bis Jahresende sollen es mehr als die Hälfte sein.

Die Sorgen der Kellner

Die Sorge der Kellner, weniger Trinkgeld zu erhalten, habe sich laut Kolarik zerstreut. Auch, weil deren Geräte über ein eigenes, großes Eingabefeld am Display fürs Trinkgeld verfügen. Über das Zahlgerät werden auch die Order angenommen.

Warum in Österreich noch oft bar gezahlt werden muss

Global Payments-Chef Mathera, Mastercard-Bereichsleiter Christian Schicker, Schweizerhaus-Chef Karl Kolarik und Ertan Piskin, Payment-Experte von der Erste Bank

Mastercard-Bereichsleiter Christian Schicker sieht in der Gastronomie (neben Taxis) noch besonders viel Aufholpotenzial. „Der Unterschied bei der bevorzugten Zahlungsart ist weniger eine Frage des Alters, sondern eine zwischen Stadt und Land.“ Landesweit würden nur 55 Prozent der Betriebe Kartenzahlung akzeptieren. Ob dies daran liegt, dass so möglicherweise kein Schwarzgeld erwirtschaftet werden kann, wollte er nicht kommentieren.

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