IKEA nimmt Fleischbällchen aus Sortiment

IKEA nimmt Fleischbällchen aus Sortiment
Tschechen fanden Pferdefleisch in Köttbullar. Steirische Firma wartet auf ausgewertete Proben. Fünf EU-Länder verlangen eine Herkunftskennzeichnung.

Weiterer Fall im Fleischskandal: Die schwedische Möbelkette IKEA nimmt die beliebten Fleischbällchen vorerst aus dem Sortiment. Als "Extra-Vorsichtsmaßnahme" hat IKEA den Verkauf von Fleischbällchen in den Shops und in den Restaurants vorerst gestoppt. Die Maßnahme betrifft fast alle europäischen Länder, auch Österreich, sagte Barbara Riedl, Sprecherin des Unternehmens am Montag in Wien. "Wir rechnen damit, dass die voraussichtlich gegen Ende der Woche vorliegenden Testergebnisse bestätigen, dass es keine Hinweise auf Pferdefleisch in den Fleischbällchen gibt", hieß es in einer Pressemitteilung. Man nehme das Ergebnis einer Untersuchung in Tschechien, das auf Spuren von Pferdefleisch in einer Charge Fleischbällchen hinweist, "ernst“, so Anders Lennartsson von IKEA Food Services.

Bereits vor zwei Wochen habe IKEA DNA-Analysen aller Fleischprodukte im Sortiment veranlasst. Die zwölf Testsamples verschiedener Chargen von Fleischbällchen wiesen keine Spuren von Pferdefleisch auf, betonte das Unternehmen.

Fund in Tschechien

In Tschechien war in den Fleischbällchen allerdings Pferdefleisch nachgewiesen worden. Betroffen war eine Charge Tiefkühl-Köttbullar, die in Brünn gefunden wurde, teilte Barbara Riedl, Ikea-Sprecherin in Österreich, der APA mit. "Andere Chargen waren nicht betroffen. Die Charge ist in Österreich nicht erhältlich gewesen." Betroffen seien 760 Kilogramm, so die tschechische Veterinäraufsicht.

"Wir haben sofort alle Lieferanten gecheckt", erklärte Riedl. Bisher sei nichts gefunden worden. Der Fall "widerspricht komplett dem, was unsere Anforderungen sagen", betonte die Ikea-Sprecherin. Man kontrolliere auf das Strengste.

Die Proben seien bei Ikea in der Stadt Brünn genommen worden, so das schwedische Unternehmen. Die Lieferung, die mit dem Etikett "Rind- und Schweinefleischbällchen" versehen gewesen sei, sei noch nicht in den Verkauf gelangt. Ikea stoppte daraufhin den Verkauf der Bällchen in allen schwedischen Filialen, wie die schwedische Nachrichtenagentur TT meldete. Der Möbelkonzern erklärte, Hersteller sei die Firma Familjen Dafgard in Schweden. Ikea in Italien stoppte nach eigenen Angaben ebenfalls den Verkauf von in Schweden produzierten Bällchen.

Laut Riedl dürfte dieser Schritt erfolgt sein, weil die betreffende Charge in diese Länder geliefert wurde. Die Ikea Österreich-Sprecherin kündigte zu den laufenden Kontrollen zusätzliche Überprüfungen an.

Neben den Köttbullar für Ikea stellte die tschechische Veterinäraufsicht auch 360 Kilogramm Tiefkühlfleisch für Burger aus Polen sicher. Die Burger seien von der Lebensmittelkette Nowaco mit Sitz in Dänemark nach Tschechien importiert worden.

Unterdessen gab die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) in Wien bekannt, dass von 179 Proben bei 77 die Ergebnisse vorliegen. Neue Fälle von nicht deklarierter Pferde-DNA in Fleischprodukten gab es nicht.

Staatsanwaltschaft Leoben nimmt Erhebungen auf

Die Staatsanwaltschaft Leoben plant unterdessen Erhebungen gegen eine Firma aufzunehmen, in deren Produkt Bolognese Soße ein nicht deklarierter Anteil von Pferdefleisch gefunden worden war. Anzeige liege keine vor, man sei von sich aus tätig geworden, so Sprecherin Nicole Dexer. Der Vorwurf lautet auf Betrugsverdacht.

Im Laufe des Dienstag dürfte der Auftrag zu Sachverhaltserhebungen ergehen, sagte Dexer, wahrscheinlich an das Landeskriminalamt. Bei der obersteirischen Firma Landena in Stainach - die eine Pasta-Soße mit Pferdefleischspuren hergestellt hat, die in Deutschland mittlerweile vom Markt genommen wurde - hat man selbst weitere Überprüfungen der Produkte in die Wege geleitet, wie seitens der Geschäftsführung am Montag mitgeteilt worden war.

Nun warte man auf die Ergebnisse, so Geschäftsführer Bernhard Gruber. Bisherige Rückmeldungen von 40 teils selbst, teils von Kunden gezogenen Proben seien negativ, das heißt, es wurden keine weiteren Spuren von Pferdefleisch gefunden. Bis Dienstag erwarte man Auskünfte über rund 60 Proben aus allen Produktbereichen.

Spanier fanden Spuren in Cannelloni

In Spanien sind unterdessen in Cannelloni Spuren von Pferdefleisch entdeckt worden. Dies gab der spanische Agrarminister Miguel Arias Canete am Montag in Brüssel bekannt. Laut Etikett hätten die Teigrollen mit Rindfleisch gefüllt sein sollen. Der Minister warnte davor, den Skandal um die Pferdefleisch-Funde als Anlass zur Änderung der EU-Regeln zu nehmen. "Wenn Fälle von Betrug auftreten, muss man nicht die Bestimmungen ändern", sagte er nach spanischen Medienberichten. "Man sollte vielmehr die Verantwortlichen bestrafen."

VP-Landwirtschaftsminister Niki Berlakovich sagte am Montag nach einem Treffen in Brüssel mit seinen Ressortkollegen aus Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Finnland, die fünf Länder verlangten zudem ein Vorziehen des von der EU-Kommission im Herbst geplanten Entwurfs zur EU-Verbraucher-Informationsverordnung auf einen Termin vor dem Sommer.

Den Anfang bei der Herkunftskennzeichnung sollten Fleischprodukte machen, berichtete Berlakovich von dem Treffen. Dabei sei man übereingekommen, dass gekennzeichnet werden soll, wo das Tier gemästet und wo es verarbeitet wurde. Diese Angaben sollten dann bei einem Fertigprodukt wie etwa Lasagne auf dem Etikett zu finden sein. In weiterer Folge soll die Herkunftskennzeichnung nach dem Willen der fünf Länder auch auf Milch, Eier und andere Inhaltsstoffe ausgeweitet werden.

Luxemburg und Rumänien wollten sich der Initiative der fünf Länder anschließen, sagte Berlakovich. Österreich trete zudem für eine EU-weite Datenbank zur Rückverfolgbarkeit von Lebensmitteln ein. Dies wäre "eine solide Basis, um Betrug und Täuschung zu verhindern", sagte Berlakovich. Die Herkunftskennzeichnung werde Betrug zwar nicht verunmöglichen, wäre aber "ein Beitrag, um Betrug zu erschweren". Der Konsument solle beim Kauf von Fertigprodukten eine Wahlfreiheit haben. Bei Fleisch sollten bereits geringe Anteile gekennzeichnet werden, so der Minister.

Die gesamte europäische Lebensmittelindustrie werde durch kriminelle Machenschaften einzelner erschüttert, sagte Berlakovich. Hier "tun sich Abgründe auf". Zugleich breche er eine Lanze für die ordentlichen Betriebe, die sich redlich bemühten. Er sehe sich nunmehr durch das von ihm vorgestellte österreichische Lebensmittel-Modell bestätigt, welches eine neue Werthaltung propagiere.

Wann die EU-Kommission die Verbraucher-Informationsverordnung vorlege, liege nun in den Händen des zuständigen Gesundheitskommissar Tonio Borg. Chancen auf Bewegung in der EU sieht Berlakovich, solange der aktuelle Pferdefleisch-Skandal nicht vergessen ist. "Man muss das Eisen jetzt schmieden, solange es heiß ist." Inhaltlich zuständig für einen Beschluss der Herkunftskennzeichnung wären die EU-Gesundheitsminister, sagte Berlakovich.

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