„Zu Tisch, das Essen ist (p)fertig“

GUMPRECHT PFERDEFLEISCH
Der Pferdefleischskandal bringt dem Familienbetrieb Gumprecht aus Enns neue Kunden ins Haus.

Laura hat eine zu breite Blesse (Fellzeichnung, Anm.) und krumme Beine. Prädikat: Für die Zucht ungeeignet. Am Freitag wurde sie geschlachtet und bald liegt sie filetiert in der Vitrine des Familienbetriebs Gumprecht in Enns.

Was drastisch oder gar herzlos klingt, ist die einfache Logik eines Fleischermeisters. „Es gibt in Österreich mehr als 120.000 Pferde – Reiter und Züchter müssen eben selektieren. Sie haben sicher ein schöneres Leben als eine Kuh, die als Fleischlieferant aufgewachsen ist“, sagt Leopold Gumprecht, der das Unternehmen in vierter Generation führt.

„Zu Tisch, das Essen ist (p)fertig“
GUMPRECHT PFERDEFLEISCH
Eine Familientradition ist seit 1924 übrigens nicht nur das Schlachten und Verarbeiten der Tiere, sondern auch der Reitsport. „Nur weil man Pferde isst, heißt das nicht, dass man sie nicht als Lebewesen wertschätzt“, betont Gumprecht, ein Pragmatiker. Schlachtraum und Reitstall liegen in der Firmenzentrale in Enns vis-à-vis, sind thematisch aber streng getrennt: Keines seiner Pferde wird vom Hobby zur Mahlzeit, versichert er.

Auf Herz und Nieren

„Zu Tisch, das Essen ist (p)fertig“
GUMPRECHT PFERDEFLEISCH
Bei Gumprecht nimmt man die Profession sehr ernst – und das nicht erst seit dem Pferdefleischskandal. Kein Stück wird verkauft, das nicht auf Herz und Nieren überprüft worden ist: „Die Pferde kommen ausschließlich aus Österreich und haben einen Pass. Nur wenn alles okay ist, kommen sie zur Schlachtung.“ Die verlaufe so stressfrei wie möglich. „Das Pferd wird in einen neutralen, sauberen Raum geführt, dann kommt der Schussapparat und bevor es etwas merkt, ist es tot.“ Fleischproben werden anschließend im Labor untersucht – erst dann werden daraus Produkte wie Leberkäse, Würste oder Frischfleisch.

Warum man bei dem Prozedere dennoch gut davon leben kann, weiß der Senior-„Gigerer“ (Wienerisch für Pferdefleischhauer, Anm.), ebenfalls mit Namen Leopold: „Der Markt ist so klein, dass die Industrie kein Interesse hat. Dadurch bleibt der Preis stabil.“

Gewissensbisse

Pro Woche werden bei Gumprecht bis zu fünf Pferde geschlachtet. Genug, um die eigenen sieben Filialen in Wien sowie die Gastronomie, Imbissstände und Feinkostläden zu versorgen. „Wir sind die einzige Fleischerei in Österreich, die sich ausschließlich auf Pferdefleisch spezialisiert hat“, ist er stolz.

Ein Plus von etwa zehn Prozent hat der Betrieb dem Pferdefleischskandal zu verdanken, sagt Gumprecht junior. Witze wie „Alle Kinder essen Lasagne. Nur nicht Ronny, der mag kein Pony“ oder „Zu Tisch, das Essen ist (p)fertig“ wirken indirekt als Marketing-Gag. Viele Kunden seien erst recht auf den Geschmack gekommen. „Jetzt, wo man so viel hört, ist mir wieder eingefallen, dass es das gibt“, sagt Renate Schausberger, die sich gerade ein Kilo Gulaschfleisch besorgt hat. Herzhaft beißt auch Kunde Karl Lenz in seine Pferdewurstsemmel.

Bei nur 2,7 Prozent Fettgehalt (im Vergleich: mageres Rindfleisch hat 13,7, Pute 20,2) kann der 61-Jährige das rein ernährungstechnisch guten Gewissens tun. Nur: „Ein bisserl Gewissensbisse hab’ ich schon, weil die Fohlen doch so lieb sind.“ Darüber muss Fleischermeister Gumprecht lachen: „Schmecken tut’s ihm ja trotzdem.“

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