Arbeit fern von zu Hause
Wenn die Bankangestellte Hermine S. täglich um 5 Uhr von Oberwart in Richtung Wien aufbricht, weiß sie sich in guter Gesellschaft. Vier von zehn Burgenländer arbeiten in einem anderen Bundesland, viele davon in der Bundeshauptstadt Wien.
Mit einer Pendlerquote von 80 Prozent liegt das Burgenland im Bundesländer-Vergleich klar vorne, wie eine Auswertung des Arbeitsklima-Index der Arbeiterkammer Oberösterreich (AK OÖ) ergab. In Kärnten und Vorarlberg pendeln 60 Prozent der Beschäftigten, in Wien hingegen nur zehn Prozent. Pendler sind für die AK Beschäftigte, die bei ihrem Arbeitsweg die Grenzen ihrer Heimatgemeinde verlassen. Nach dieser Definition pendeln täglich 1,7 Millionen Österreicher, das sind 48 Prozent aller unselbstständig Erwerbstätigen, zur Arbeit. „Dieser Wert ist seit etwa drei Jahren konstant und ist in etwa gleich hoch wie in Deutschland“, erläutert Reinhard Raml vom Ifes-Institut, das den Arbeitsklima-Index erstellt.
Bei fast zwei Drittel (62 Prozent) der Arbeitnehmer ist der Arbeitsplatz höchstens 15 Kilometer vom Wohnort entfernt. Immerhin acht Prozent bzw. 280.000 Beschäftigte fahren aber jeden Tag mehr als 50 Kilometer zur Arbeit und sind daher mehr als eine Stunde unterwegs (siehe Grafik).
Selbstfahrer
Das bevorzugte Verkehrsmittel der Pendler ist und bleibt der eigene Pkw. Mehr als drei Viertel (78 Prozent) fahren mit dem Auto zur Arbeit, lediglich zehn Prozent nutzen ausschließlich öffentliche Verkehrsmittel. Der Rest nutzt zumindest teilweise die Öffis. Die seit Jahresbeginn geltende Neuregelung der Pendlerpauschale (siehe auch unten) will mit Anreizen den Umstieg auf Bus und Bahn forcieren. So können Arbeitgeber nun ihren Beschäftigten die Jahreskarte oder Streckenkarte bezahlen, ohne dass für Steuern oder Sozialabgaben anfallen. Die Betriebe können das „Jobticket“ als Betriebsausgabe geltend machen.
Bus und Bahn oft zu unflexibel
AKOÖ-Präsident Johann Kalliauer fordert jedoch auch den Ausbau des öffentlichen Verkehrs insbesondere im ländlichen Raum sowie mehr und bessere Park&Ride-Anlagen. „Für Pendler sind Bus und Bahn oft zu unflexibel“, so Kalliauer. Angesichts der steigenden Kosten für Pendler geht der AK die Reform der Pendlerpauschale zu wenig weit. „Gutverdiener profitieren überproportional, während Kleinverdiener immer noch geringen Nutzen davon haben“, meint Kalliauer und fordert statt der Pauschale einen Absetzbetrag in der Höhe von 15 Cent je gefahrenen Kilometer.
Landflucht
Ein interessantes Detail der Pendlererhebung ist eine Verschiebung der Pendleranteile von ländlichen in städtische Gebiete. Denn während die Pendlerquote in Landgemeinden binnen fünf Jahren von 68 auf 61 Prozent zurückging, stieg sie in Städten von 25 auf 34 Prozent. Die Studienautoren erklären dies mit einer zunehmenden Landflucht. Wenn es in einer Region immer weniger Jobs gibt, wandern die Arbeitskräfte irgendwann ganz ab und müssen nicht mehr pendeln. Andererseits entstehen in den Speckgürteln rund um die Städte neue Arbeitsplätze, weshalb auch Städter vermehrt auspendeln.
Rund 50.000 Teilzeitbeschäftigte könnten heuer von der Ausweitung der Pendlerpauschale profitieren, schätzen Experten. Seit Jahresbeginn können Teilzeitkräfte und Wochenpendler bereits ab einem Pendeltag pro Woche die Pendlerpauschale aliquot beziehen, bisher gab es erst ab elf Tagen pro Monat Anspruch. Für Geringverdiener, die keine Einkommensteuer zahlen, wurde der so genannte Pendlerzuschlag von 141 auf maximal 290 Euro pro Jahr erhöht. Mehr Geld gibt es aber auch bei bestehender Pendlerpauschale. Diese wird um den „Pendler-Euro“ aufgefettet. Pro gefahrenem Kilometer kann ein Euro als Absetzbetrag beim Finanzamt geltend gemacht werden.
Für kürzere Wegstrecken, die mit Öffis möglich sind, gibt es das geförderte „Job-Ticket“. Damit kann der Arbeitgeber dem Beschäftigten steuerfrei ein Jahresticket kaufen. Im Jahr 2011 bezogen in Österreich 1,136 Millionen Menschen eine Pendlerpauschale. Die meisten der geförderten Pendler – 419.000 – fielen unter die große Pendlerpauschale bei einer Distanz von zwei bis 20 Kilometer.
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