Als Reaktion auf die illegale Annexion der vier ostukrainischen Regionen durch Russland hat sich die EU am Mittwoch auf ein achtes Sanktionspaket geeinigt: Im Fokus steht dabei erneut Russlands wichtigste Einnahmequelle – das Öl.
Vorgesehen ist dabei die Einführung einer Preisobergrenze für russisches Öl, und zwar für den Export in Drittländer. Konkret bedeutet das etwa: Griechische Schiffe, die russisches Öl nach Indien oder China liefern, dürfen es nur transportieren, wenn es unter einem bestimmten Preis verkauft wurde. Wie hoch dieser Maximalpreis sein soll, ist noch nicht festgelegt. Der Hebel sind dabei wichtige Dienstleistungen wie Versicherungen für Tankschiffe. Denn diese werden bisher größtenteils in westlichen Staaten zugekauft. Lange hatten sich Griechenland, Malta und Zypern, die jeweils über große Transportflotten verfügen, gegen den Vorstoß gewehrt. Denkbar ist, dass etwa asiatische Reeder und Finanzdienstleister die Lücke zumindest teilweise füllen.
In einer früheren Strafrunde hat die EU bereits ein Ölembargo für russische Importe nach Europa verhängt. Das gilt aber nur für Öl, das per Tanker in EU-Staaten geliefert wird. Ungarn, Tschechien und die Slowakei erhielten wegen ihrer großen Abhängigkeit von russischem Öl Ausnahmeregelungen: Sie dürfen weiter über die Druschba-Pipeline beliefert werden. Auf diesem Weg kommen deshalb derzeit nur noch zehn Prozent der früheren russischen Ölimporte in die EU.
Wir akzeptieren weder die Scheinreferenden noch irgendeine Art von Annexion in der Ukraine
In dem neuen Sanktionspaket finden sich auch weitere Import- und Exportbeschränkungen, etwa betreffend Schlüsseltechnologien für die Luftfahrt und russischen Stahl. Zudem kommen Dutzende weitere Personen auf die bereits über 1.400 Menschen umfassende Liste, die in die EU nicht mehr einreisen dürfen und deren Vermögen eingefroren wird. EU-Bürgern wird es künftig verboten, Sitze in Führungsgremien russischer Staatskonzerne einzunehmen.
OPEC+ kürzt Förderung
Die Ölpreise sind in den letzten Monaten von etwa 120 auf 90 US-Dollar pro Fass (je 159 Liter) gefallen und haben im September ihren tiefsten Stand seit Jänner erreicht. Hauptsächlich dürfte das an einer Abkühlung der weltweiten Konjunktur liegen. Die Vereinigung erdölexportierender Länder (OPEC+), zu denen auch Russland zählt, hat sich am Mittwoch auf Förderkürzungen geeinigt, um den Preisrückgang durch eine Reduktion des Angebots aufzuhalten. Die Allianz aus 23 Staaten will täglich um zwei Millionen Fass weniger fördern. Das entspricht etwa zwei Prozent der weltweiten Nachfrage und bedeutet die stärkste Verknappung langem.
Auch die Preise für Erdgas sind zuletzt deutlich gefallen. Am für Europa richtungsweisenden Terminmarkt in Amsterdam sank der Preis am Mittwoch zwischenzeitlich auf 155 Euro pro Megawattstunde und damit auf den niedrigsten Stand seit Ende Juli. Am österreichischen Spotmarkt, wo Lieferungen für den Folgetag gehandelt werden, war der Rückgang noch deutlicher. Mit 120 Euro je Megawattstunde lagen die Preise auf dem tiefsten Niveau seit Mitte Juni (siehe Grafik).
Hintergrund sind hier die deutlich besseren Aussichten für den Winter. Zuletzt hat die Internationale Energieagentur einen Report veröffentlicht, laut dem es in Europa kommenden Winter nicht zu Versorgungsengpässen kommen sollte – vorausgesetzt die getroffenen Sparmaßnahmen greifen und die nicht-russischen Lieferanten fallen nicht aus.
Die Entspannung an den Energie-Großhandelsmärkten ist allerdings relativ. Die Gas- und Strompreise sind nach wie vor auf einem Vielfachen des jahrelangen Durchschnittswerts. Das trifft nicht nur die Haushalte, sondern insbesondere die energieintensiven Produktionsbetriebe. Die Deutsche Bank warnt in einer am Mittwoch veröffentlichten Analyse, dass die gestiegenen Erzeugungskosten zu einer Deindustrialisierung führen könnten.
Weitere Maßnahmen
In der EU läuft die Debatte um weitere Maßnahmen deswegen weiter. "Europa braucht eine offene und ehrlich gelebte Energieunion", sagte der Vizepräsident des Europäischen Parlaments Othmar Karas (ÖVP) am Mittwoch. Am Freitag sollen weitere Maßnahmen dazu präsentiert werden. Betreffen könnte das etwa die von vielen Staaten geforderte Entkopplung von Strom- und Gaspreis. Denn aufgrund des derzeit gültigen Marktmodells schlagen die Produktionskosten der Gaskraftwerke auf die Großhandelspreise für Strom durch.
Bisher gibt es nur einzelstaatliche Maßnahmen, um diese Teuerung abzufedern, eine Einigung auf EU-Ebene ist hingegen nicht in Sicht. Kritiker einer Preisobergrenze für Gasimporte befürchten, dass diese zu Versorgungsengpässen führen könnte.
Erdöl und Treibstoffe sind Russlands wichtigstes Exportgut. Die EU-Staaten haben seit dem Beginn des Angriffskriegs auf die Ukraine 53 Milliarden Euro dafür bezahlt
Erdgas spielt ebenfalls eine wichtige Rolle. Nach Europa wurde es großteils durch Pipelines exportiert. Die EU-Staaten hab dafür seit dem 24. Februar 46 Milliarden Euro bezahlt, schätzt das finnische Centre for Research on Energy and Clean Air. Inklusive Kohle waren es insgesamt 102 Milliarden Euro für fossile Energieträger
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