Da ist zuallererst die Aufklärung: Mit Unterstützung westlicher Geheimdienste haben die Ukrainer ein sehr detailliertes Lagebild, können Schwachstellen in den russischen Linien ausmachen und dann dort zuschlagen, wo es am wenigsten erwartet wird. Die Gegenoffensive in Charkiw, angeführt von 15 Panzern, fand etwa dort statt, wo Soldaten ohne nennenswerte Panzerabwehrwaffen stationiert waren.
Dass die Kommunikation der Aufklärung so rasch und praktisch lückenlos möglich ist, liegt zu einem guten Teil an Elon Musks Satelliten-Netzwerk Starlink, das die digitale Infrastruktur in der Ukraine aufrechterhält. Ist die Schwachstelle gefunden, nutzen die ukrainischen Streitkräfte kleine Einheiten mit schnellen Fahrzeugen, stoßen zwischen den feindlichen Linien hindurch, unterbrechen die russische Kommunikation mit sogenannten „Jammern“ und richten damit Chaos an. Nach wie vor scheint die russische Militärführung, die bis September von einem langsamen aber stetigen Vormarsch, gestützt durch Artillerie, überzeugt war, kein passendes Gegenmittel gefunden zu haben.
Droht den russischen Einheiten die Einkesselung, müssen sie sich zurückziehen, wollen sie nicht den gezielten Schlägen der ukrainischen Streitkräfte zum Opfer fallen. Die HIMAR-Systeme, (ein leichtes und hochmobiles Artilleriesystem) die sich bereits ab dem Frühsommer bewährt hatten und mit deren Hilfe zahlreiche Munitionsdepots, Nachschublager und Kommandoposten zerstört werden konnten, erwiesen sich einerseits als wichtig für die Vorbereitung der Gegenoffensiven, andererseits tragen sie aufgrund ihrer hohen Genauigkeit dazu bei, den Russen während der Angriffe erhebliche Verluste beizubringen.
In der Nacht auf Mittwoch wurde bekannt, dass die USA in einer neuen 625 Millionen Dollar schweren Lieferung vier weitere Systeme an die Ukraine schicken werden – damit wären es insgesamt 20. 14 zusätzliche sollten bald kommen.
Bis dahin dürften sich die Russen im Nordosten des Landes auf eine neue Verteidigungslinie im Oblast Lugansk zurückgezogen haben. Die Linie zwischen den Ortschaften Svatove und Kreminna soll derzeit so ausgebaut werden, dass die ukrainischen Streitkräfte nicht einfach durchstoßen können. Gelänge ihnen das, könnten ukrainische Verbände künftig von Norden in Richtung Sjewjerodonezk vorstoßen.
Bis es allerdings so weit ist, kann viel passieren – wie immer im Krieg. Kaum jemand hätte im Sommer mit erfolgreichen ukrainischen Gegenstößen in dieser Größenordnung gerechnet. Die Initiative auf dem Schlachtfeld liegt jedoch klar aufseiten der Ukraine.
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