Müssen wir eigentlich immer noch Energie sparen?

Müssen wir eigentlich immer noch Energie sparen?
Die Erdgasspeicher sind gut gefüllt, Großhandelspreise sinken. Wie geht es also weiter?

Am Ende der Heizsaison waren die Gasspeicher in Österreich zu etwa zwei Drittel gefüllt. Die Großhandelspreise für Energie, also etwa auch für Strom und Sprit, sinken seit Monaten. Die Belastung für die Haushalte wird durch politische Maßnahmen wie die "Strompreisbremse" abgefedert. Gehört damit "Energie sparen", die Devise des vergangenen Herbstes, somit der Vergangenheit an?

"Energie sparen ist immer sinnvoll", heißt es dazu aus dem zuständigen Ministerium auf KURIER-Anfrage. Mit den Anstrengungen im vergangenen Winter zeigt man sich zufrieden, das EU-Ziel sei übererfüllt worden.

Müssen wir eigentlich immer noch Energie sparen?

Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne).

Jeder Kubikmeter Gas, den wir einsparen, macht uns unabhängiger und ist gut fürs Klima.

von Leonore Gewessler

In den kältesten Monaten von Oktober bis März lag der Gasverbrauch laut der Regulierungsbehörde E-Control um 17 Prozent unter dem fünfjährigen Durchschnitt. Dazu hat zwar auch der außerordentlich milde Winter beigetragen, temperaturbereinigt berechnet immer noch um 12 Prozent. Beim Strom wurden 6 Prozent eingespart.

Dass die Haushalte die Heizung kommenden Winter wieder hochdrehen, will man in Gewesslers Ministerium allerdings nicht: "Wir dürfen hier nicht stehen bleiben, sondern müssen nun die nächsten Schritte machen", heißt es. Einerseits gehe es darum, die Abhängigkeit von russischen Erdgaslieferungen zu senken, andererseits auch um den Klimaschutz.

Bisher geschieht das auch: "Wir sehen, dass immer noch alle Verbrauchergruppen in Österreich Energie sparen", sagt Johannes Mayer, Leiter der Abteilung Volkswirtschaft bei der E-Control. Dabei spiele es auch durchaus eine Rolle, dass die Energiepreise noch immer relativ hoch sind, auch wenn man die Beihilfen mit-einberechnet.

Effizienz statt Verzicht

Es fragt sich allerdings, wie lange noch. Insbesondere dort, wo die finanzielle Mehrbelastung verhältnismäßig gering ist, dürfte es zunehmend schwieriger werden, die Menschen in eine kollektive Verantwortung zu bringen. Mayer spricht von einer "Gratwanderung", das Ministerium will weiter auf Bewusstseinsbildung setzen und dazu auch heuer Kampagnen initiieren.

Müssen wir eigentlich immer noch Energie sparen?

Mit Entbehrungen könne man "über ein paar Monate" Effekte erzielen, schätzt man etwa bei Oesterreichs Energie, der Branchenvertretung der E-Wirtschaft. Langfristig sei Komfortverzicht aber kein realistisches Szenario. Angestrebt werden sollte stattdessen ein effizienter Umgang mit Energie, anders ließen sich auch die Energiewende-Ziele nicht erreichen, heißt es auf Anfrage des KURIER.

Mehr dazu hier: Energiewende als Mission Impossible?

Sinngemäß also nicht frieren, sondern thermisch sanieren, Wärmepumpe statt Ölheizung, Elektroauto statt spritsparendem Fahren. In Zukunft sollen etwa die Sektoren Verkehr und Heizen zunehmend von fossilen Energieträgern auf Strom umgestellt werden, aufgrund der höheren Effizienz sinkt dabei der Energieverbrauch insgesamt.

Dafür soll es "umfangreiche Förderprogramme" geben, etwa wie gehabt zum Heizungstausch und zur Gebäudesanierung. Der Staat will also mit Steuergeld private Investitionen mobilisieren, die zum Gelingen der Energiewende beitragen.

Drohende Strafzahlung

Bis 2030 soll der Energieverbrauch in Österreich um ein Fünftel sinken. In welchen Sektoren diese Einsparungen erzielt werden sollen, ist im Energieeffizienzgesetz geregelt. Dieses hängt allerdings seit Monaten im Parlament, weil die Regierung dafür eine Zwei-Drittel-Mehrheit, also die Zustimmung eines Teils der Opposition, braucht. Dieselbe Problematik bremst übrigens auch das Erneuerbaren Wärme Gesetz (EWG) bereits seit dem vergangenen Sommer.

Das ist nicht nur ein Problem der Zielsetzung: Denn im Energieeffizienzgesetz sind auch öffentliche Mittel für die Energiewende vorgesehen. Zu allem Überfluss droht Österreich ein EU-Vertragsverletzungsverfahren, denn das Vorgängergesetz ist 2020 abgelaufen – im Falle einer Verurteilung drohen Strafzahlungen in Millionenhöhe.

Kommentare