Microsoft und die Marktmacht: Das Imperium schlägt zurück
Ohne Microsoft herrscht das Chaos. So in etwa bezeichnet Satya Nadella gerne die Konzernphilosophie des größten Softwareunternehmens der Welt. Anders als Amazon-Lenker Jeff Bezos oder Tesla-Boss Elon Musk ist Microsoft-Chef Nadella ein Mann der leisen Töne. Lieber lässt er Zahlen sprechen.
Und die sind beeindruckend: Durch den Pandemie-bedingten Digitalisierungsschub kehrte das Windows-Imperium, das sein Geld nicht mit Datenhandel oder Werbung, sondern primär mit dem Verkauf seiner Software verdient, zu alter Stärke zurück. Homeoffice und Homeschooling kurbeln den Umsatz von Windows und Office, den Surface-Notebooks, der Spielekonsole Xbox sowie Cloud-Services kräftig an.
Mit einem Cash-Bestand von mehr als 130 Mrd. Dollar ist genug Geld für lukrative Zukäufe da, um den Big-Data-Rivalen Google, Apple oder Facebook Paroli zu bieten. Im Visier ist aktuell der Gamer-Chat-Dienst Discord. Wachstum kommt auch aus der Dominanz im Altgeschäft:
- Betriebssystem
Am PC und Laptop ist Microsoft weiterhin konkurrenzlos. Windows kommt hier auf einen Marktanteil von 77 Prozent, Windows 10 allein auf gut 60 Prozent. Anders sieht es am Smartphone aus, wo Windows keine Rolle spielt. Hier dominiert Googles Android mit fast 75 Prozent Marktanteil, Apple kommt auf 25 Prozent. Allerdings gehören Microsoft wichtige Patente an Android und so schneidet man an den Einnahmen mit.
- Bürosoftware
Die Marktmacht voll ausspielen kann Microsoft im Bereich integrierter Bürosoftware. MS Office, das es seit 30 Jahren gibt, hat allein bei deutschen Unternehmen einen Marktanteil von 85 Prozent. Mit den webbasierten Google Docs wächst jedoch ein mächtiger Gegner heran. Mit Teams, dem Alleskönner für Unternehmenskommunikation als fixer Bestandteil des Office-Pakets, festigte Microsoft die Dominanz. Teams wird im Office-Paket (Microsoft 365) automatisch installiert.
Alternative Anbieter wie Slack, die ihr Chat-Tool separat verkaufen müssen, werden aus deren Sicht unsanft aus dem Rennen geworfen. Slack reichte deshalb eine Wettbewerbsklage bei der EU-Kommission ein. Bereits in den 1990-er Jahren wurde Microsoft wegen dem in Windows vorinstallierten Webbrowser Explorer von der EU bestraft und die Verbreitung streng reguliert.
- Cloud-Dienste
Am stärksten wächst derzeit das Geschäft mit der webbasierten Bereitstellung von Speicherplatz, Rechnerleistung und Anwendersoftware als Dienstleistung. Microsofts Cloud-Dienst Azure, der eng mit den eigenen Software-Anwendungen verknüpft ist, hinkt hier mit einem Marktanteil von 18 Prozent Amazon Web Service (33 Prozent) hinterher. Auch Google und Alibaba mischen kräftig mit. Die Daten werden in eigenen Rechenzentren gespeichert und zur Verfügung gestellt, weshalb Microsoft ganze Datacenter-Regionen schafft.
Eine davon entsteht in den nächsten vier Jahren auch in Ost-Österreich. Bis zu einer Milliarde Euro fließt in den Bau und Betrieb mehrerer Rechenzentren. Das erste soll 2022 in Betrieb gehen, das Grundstück nahe der Wiener Stadtgrenze wurde bereits erworben. Das Investment sei ein starkes Commitment in den Standort Österreich, sagt Microsoft-Österreich-Chefin Dorothee Ritz (siehe Artikel rechts). „Durch die digitale Transformation ist der Kundenbedarf gestiegen“. So beabsichtigen die Erste Group und Bawag die Microsoft Cloud-Services in Österreich zu nutzen.
Reizfigur Bill Gates
Und was hat eigentlich Bill Gates noch mit Microsoft zu tun? (Fast) gar nichts mehr. Der 65-jährige Firmengründer und Windows-Erfinder ist zur Zielscheibe von Verschwörungstheoretikern geworden, seit er als einer der Ersten schon 2015 auf die Gefahren einer Pandemie öffentlich aufmerksam machte. Gates besitzt nur noch 1,3 Prozent der Firmenanteile, trat schon vor 20 Jahren als Chef und im Vorjahr auch als Aufsichtsrat zurück, um sich ausschließlich seiner Stiftung zu widmen.
Die 1999 mit seiner Gattin gegründete „Bill & Melinda Gates Foundation“ ist mit einem Vermögen von rund 40 Mrd. Euro und 1.000 Mitarbeitern die größte, einflussreichste und umstrittenste Wohltätigkeitsorganisation der Welt. Zur medizinischen Unterstützung der Ärmsten ist sie an vielen Forschungs-, Sozial- und Entwicklungsprojekten beteiligt. Auf der anderen Seite investiert die Stiftung zum Erhalt des Geldes auch in Firmen, die von ihren Kritikern für Umweltzerstörung und soziale Schieflagen mit verantwortlich gemacht werden.
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