Lkw-Hersteller MAN Steyr wird Fall fürs Arbeitsgericht
Der deutsche Lkw-Hersteller MAN muss sich auf harte Auseinandersetzungen einstellen. Nachdem der Verkauf der Tochter MAN Truck & Bus Österreich GesmbH an den Investor Siegfried Wolf von zwei Dritteln der Belegschaft in einer von der Gewerkschaft initiierten Urabstimmung abgelehnt wurde, steht nun die Schließung des Werks in Steyr im Raum.
„In der Konsequenz dieses Ergebnisses muss MAN die Schließungspläne für das Werk wieder aufnehmen, weil wir außer diesem Angebot des Investors Wolf keine Alternative vorliegen haben, die es lohnt, weiter zu verhandeln“, sagte VW-Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch am Freitag. MAN ist Teil des VW-Konzerns.
Geht es nach dem Lkw-Bauer, sollen im Jahr 2023 in Steyr die Rollbalken geschlossen werden, doch die Gewerkschaft wird die Schließung nicht hinnehmen. Zumindest zwei Jahre braucht MAN die 2.356 Mitarbeiter in Steyr noch, da fließt noch viel Wasser die Enns hinunter. Einen Streikbeschluss hat der neue Betriebsratsvorsitzende Helmut Emler vorsorglich in der Tasche.
Doppelt so lange
Das Werk setzte zuletzt (2019) rund 1,1 Milliarden Euro um und schrieb einen Bilanzgewinn in Höhe von 617 Millionen Euro. Der operative Jahresgewinn betrug 20 Millionen Euro. „Das Werk ist voll ausgelastet, der Auftragsstand ist gut und wir fahren Überstunden“, sagt der MAN-Betriebsratsvorsitzende zum KURIER. „Wenn MAN sagt, dass in zwei Jahren Produktionen aus Steyr abgezogen werden, dann dauert es vier Jahre. Sie brauchen in der Praxis immer doppelt so lange, wie sie sagen.“
Heute ist aber noch nicht klar, in welchem Bereich die Schließungen beginnen werden. Kurios ist, dass MAN dem (gescheiterten) Investor Wolf zugesichert haben soll, dass die Kunststoff-Lackiererei in Steyr (400 Mitarbeiter) noch bis 2027 von MAN mit Aufträgen bestückt wird.
Fakt ist: Die Gewerkschaft wird sich mit MAN an den Verhandlungstisch setzen. Die Gespräche werden einen Knackpunkt haben. Die Gewerkschaft beharrt auf den Standortsicherungsvertrag – eigentlich gültig bis zum Jahr 2030. Den hatten MAN-Führung und der Betriebsrat abgeschlossen.
„Es handelt sich dabei um eine echte Betriebsvereinbarung, die gegenüber allen MAN-Beschäftigten ausgesprochen wurde, die bis 31. Dezember 2020 bei MAN Steyr beschäftigt waren“, sagt Alois Stöger, Ex-Minister und Leitender Sekretär der Gewerkschaft Proge. „Sie haben ein individuelles Anrecht darauf, dass dieser Vertrag eingehalten wird. Diese Vereinbarung kann nur durch Zustimmung des betreffenden Arbeitnehmers aufgelöst werden.“
Umlaufbeschluss
MAN hat diese Betriebsvereinbarung zwischenzeitlich aufgekündigt.
Dabei ist diese Vereinbarung erst im Jänner 2020 im MAN-Aufsichtsrat per Umlaufbeschluss bestätigt worden. „Sie haben genau gewusst, was sie tun“, sagt Gewerkschafter Stöger. „Sollte ein Arbeitnehmer nicht auf diesen Kündigungsausschluss verzichten, kann ihn MAN nicht betriebsbedingt kündigen und muss den Arbeitsvertrag aufrechthalten.“
Für Stöger und seinen Kollegen Emler ist klar: Am Ende wird wohl das Arbeitsgericht in Steyr die Gültigkeit der Betriebsvereinbarung beurteilen müssen. Das könnte für MAN teuer werden.
Zweiter Interessent
Indes hat der Linzer Industrielle Karl Egger, Chef des Rohrleitungsfertigers Kekelit (das Unternehmen zählt 600 Mitarbeiter), weiterhin Interesse am MAN-Werk in Steyr. Egger ist Teil eines Konsortiums, das vom Anwalt Gerald Ganzger vertreten wird.
„Wir werden uns erneut an MAN wenden, die sind derzeit in einer Schockstarre“, sagt Ganzger. „Wir als Konsortium werden uns am Wochenende abstimmen, wie wir weitermachen.“ Das Konsortium will Steyr zum Zentrum für „Green Mobility“ machen.
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