MAN Steyr: "Im Prinzip ist es aus und vorbei"
Das hat sich der Investor und Ex-Magna-Vorstand Siegfried Wolf wahrscheinlich nicht vorstellen können. Statt einer überwältigenden Zustimmung hat die MAN-Belegschaft in Steyr (2.356 Mitarbeiter) mit überwältigender Mehrheit (64 Prozent) seine Pläne für die Gesamtübernahme der MAN Truck & Bus Österreich GesmbH abgelehnt. Bei den Leasingkräften soll die Ablehnung sogar 71,4 Prozent betragen haben. Die Wahlbeteiligung lag bei insgesamt 94 Prozent.
MAN-Belegschaft sagt "Nein" zu Wolf
Die Belegschaft traut Wolfs Plänen nicht. Er wollte die Lkw-Produktion in Steyr mit der Hälfte der Mannschaft und in Kooperation mit dem russischen Autobauer GAZ weiterführen. Zugleich sollte die verbleibende Belegschaft (1.250 Mitarbeiter) auf bis zu 15 Prozent ihres Lohnes verzichten.
„Nicht transparent“
Und der Betriebsrat bemängelte auch, dass Wolf keine Wirtschaftlichkeitsrechnung seiner Produktionspläne vorgelegt hat. „Offensichtlich war das Konzept des Herrn Wolf nicht transparent genug, sodass sich die Kolleginnen und Kollegen dafür hätten entscheiden können“, sagt MAN-Sprecherin Anne Katrin Wieser zum KURIER. „Wir nehmen das Ergebnis mit Überraschung und Enttäuschung zur Kenntnis.“
Für MAN Steyr gebe es nur zwei Szenarien, eine Übernahme oder eine Schließung. Wieser: „Wenn es nicht zur Übernahme durch Herrn Siegfried Wolf kommt, dann muss das Unternehmen die nächsten Schritte zur Schließung wieder aufnehmen.“
Indes hat das negative Votum der Belegschaft Siegfried Wolf schwer getroffen. „Im Prinzip ist es aus und vorbei, er ist sehr enttäuscht, er hat sehr viel Herzblut investiert“, sagt Wolfs Sprecher Josef Kalina zum KURIER. „Er hat mit bestem Wissen und Gewissen ein industrielles Konzept mit Produkten und Umsetzungsvorschlägen auf den Tisch gelegt. Das wurde mit klarer Mehrheit abgelehnt. Das muss man zur Kenntnis nehmen.“ Wolf musste aber auch einräumen, dass ihm die nötige Aufklärungs- und Überzeugungsarbeit bei der Belegschaft nicht gelungen sei und er so „Missinterpretationen und Fehlinformationen nicht entkräften konnte“.
„Dabei kann ich den Zorn vieler nur zu gut verstehen. Aber auch ich konnte das Rad der Zeit nicht zurückdrehen, sondern nur ein solides, durchdachtes Konzept für die Zukunft entwickeln“, heißt es in einer Stellungnahme.
„Angebot war schlecht“
„Die Abstimmung ist so ausgegangen, wie ich es fast erwartet habe. Das Angebot von Herrn Wolf war für die Arbeitnehmer schlecht und ungenügend“, sagt Rainer Wimmer, Chef der Produktionsgewerkschaft Proge im Gespräch mit dem KURIER. „Man kann ja nicht glauben, wenn man Massenkündigungen, Lohnkürzungen und arbeitsrechtliche Verschlechterungen plant, dass die Leute da mit Hurra hineinmarschieren.“
Wie es nun weitergeht, ist noch nicht ganz klar. Die Gewerkschaft werde aber das Gespräch mit MAN wieder suchen. „Wir werden mit ganzer Kraft versuchen, dass die Schließung, wie MAN meint, nicht so einfach über die Bühnen geht“, sagt Wimmer. „Das werden wir nicht hinnehmen. Wir werden darauf drängen, dass mit weiteren Interessenten geredet wird.“ Und auch mit Wolf selbst will die Gewerkschaft nochmals reden.
Wimmer: „Wir sind auch bereit, mit Herrn Wolf ins Gespräch einzutreten. Sein Angebot war schlüssig, nur die Bedingungen waren schlecht.“ Das klingt nach einem Funken Hoffnung.
Produktion in Polen
MAN gehört wie Scania zum börsennotierten Nutzfahrzeugehersteller Traton; der wiederum gehört mehrheitlich zu VW. Der Lkw-Bauer kämpft seit Jahren mit Problemen. Die Corona-Krise hat die Lage noch verschärft.
Allein im vergangenen Jahr brach der Verkauf um mehr als 20 Prozent ein. MAN musste einen operativen Verlust in Höhe von 631 Millionen Euro verbuchen. MAN will in Deutschland bis Ende nächsten Jahres 3.500 Jobs abbauen. Die Produktion von leichten und mittleren Lkw soll von MAN in Steyr ins polnische Krakau verlegt werden.
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