Neue Gentechnik als "Gefahr für österreichischen Weg"

Neue Gentechnik als "Gefahr für österreichischen Weg"
Bei vielen Lebensmitteln werden Zusatzstoffe mit Hilfe von Gentechnik hergestellt. Dafür gibt es aber keine Deklarationspflicht. Das gilt auch für das Verfüttern von gentechnisch veränderten Pflanzen.

Der Vorschlag der EU-Kommission, die neue Gentechnik mit der Genschere ohne Deklarationspflicht zuzulassen, stößt bei der Bundesregierung auf Widerstand. Umweltministerin Leonore Gewessler und Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig sehen darin eine "Gefahr für den österreichischen Weg der Landwirtschaft".

Außerdem würde die neue Gentechnik „den Konsumenten die Wahlfreiheit nehmen“, sich zwischen Lebensmittel, die mit dem Einsatz von Gentechnik erzeugt werden und Lebensmitteln ohne Gentechnik, zu entscheiden.

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Doch die Gentechnikfreiheit der Lebensmittel ist wie die Wahlfreiheit oft nur eine Illusion. Das belegt eine unvollständige Auflistung von Lebensmitteln, die mit dem Einsatz von Gentechnik erzeugt werden dürfen und trotzdem nicht als Gentechnik gekennzeichnet werden müssen.

Bei vielen Nahrungsmitteln kann man davon ausgehen, dass wahrscheinlich Gentechnik zum Einsatz gekommen ist. Man weiß es aber nicht. Es hängt vom jeweiligen Produkt ab.

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Die EU importiert jährlich rund 30 Millionen Tonnen Sojabohnen und Sojaschrot für die Tierfütterung. Ein Großteil davon kommt von gentechnisch veränderten Pflanzen.

Fleisch und Wurstwaren von Tieren, die mit Gentechnik-Pflanzen gefüttert wurden, müssen nicht als Gentechnik gekennzeichnet werden. Es ist nicht erlaubt, gentechnisch veränderte Pflanzen in Österreich anzubauen, aber der Import als Tierfutter findet statt. In der Biolandwirtschaft werden hingegen keine gentechnisch veränderten Pflanzen an die Tiere verfüttert.

Keine Deklarationspflicht

Lebensmittelzusatzstoffe, die mithilfe von Gentechnik erzeugt werden, fallen nicht unter die Deklarationspflicht. Auch bei veganen Fleischersatzprodukten können – wie in konventionellen Produkten – gentechnisch veränderte Mikroorganismen für Aromen, Süßstoffe und Geschmacksverstärker eingesetzt werden.

Für die Herstellung von Käse wird Lab benötigt. Es bringt das Milcheiweiß zum Gerinnen, ohne dass die Milch sauer wird. Lab wird aus Mägen von Kälbern, Schafen oder Ziegen gewonnen. Es gibt nicht annähernd genug Lab für die Käseproduktion. Daher wird auch Gentechnik eingesetzt. Mikrobielles Lab, das mithilfe von gentechnisch veränderten Mikroorganismen hergestellt wird, muss nicht deklariert werden. Die Konsumenten wissen nicht, ob Gentechnik bei der Produktion verwendet wurde.

Etwa die Hälfte der Amylasepräparate für Milchersatzprodukte werden mit Gentechnik produziert. Das gilt auch für Beta-Carotin, das so wie Vanillin als Farbstoff eingesetzt wird. Auch viele Vitamine, die in Lebensmittel nachweisbar sind, werden mit Unterstützung von Gentechnik erzeugt.

So ist es auch bei den mithilfe von Gentechnik hergestellten Enzymen für Brot und Backwaren. Sie verbessern die Teigeigenschaften und den Backprozess. Keine Kennzeichnungspflicht gibt es auch bei Gentechnik-Enzyme für Bier und Glukosesirup, das für Tomatenketchup verwendet wird. Beim Wein werden sowohl Gentechnik-Enzyme als auch Enzyme ohne Gentechnik genutzt.

Ob Zitronensäure mit gentechnisch veränderten Mikroorganismen hergestellt wird, weiß der Konsument ebenfalls nicht. Zitronensäure braucht man etwa für Mayonnaisen und fürs Dressing. Der synthetische Süßstoff Aspartam findet sich in Limonaden und Softdrinks. Auch hier wird gerne mit Gentechnik gearbeitet.

Das Argument, man könne bei vielen Lebensmitteln den Einsatz der Gentechnik ohnehin nicht nachweisen – und daher sei auch eine Kennzeichnung nicht notwendig – kann nicht überzeugen. Auch beim Einsatz der Genschere für die Pflanzenzucht gib es keine Möglichkeit, das Ergebnis von einer natürlichen Züchtung zu unterscheiden.

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