Gentechnik und Atomkraft: Über diese Themen in Österreich ohne Emotion zu diskutieren, ist fast unmöglich. Nun hat die EU-Kommission – dank deutscher Meinungsführerschaft ohnehin nicht der allergrößte Hort der Liberalität – vorgeschlagen, gentechnisch veränderte Pflanzen nicht mehr kennzeichnen zu müssen, wenn die Veränderungen auch natürlich oder durch konventionelle Züchtung entstanden sein könnten.
Reflexartig protestierten die einschlägigen NGOs und ihre Vertreterin in der Regierung, Leonore Gewessler. Alles, was nicht 100 Jahre zurück biozertifiziert ist, gilt in diesen Kreisen als verdächtig, vergiftet, gewinnmaximierend. Weil auch viele Bauern und ihr Minister Norbert Totschnig dieser Meinung sind, ist eine „österreichische Lösung“ zu erwarten: also „generalpräventive“ Überregulierung, die den Anbau solcher Pflanzen verunmöglicht.
Diese Haltung kann man sich aber bestenfalls in Ländern wie Österreich mit halbwegs ausgeglichenem Klima leisten. Dass zum Beispiel Israel führend in Agrartechnik ist, liegt auch am knappen landwirtschaftlich nutzbaren Platz sowie am schwierigen Klima (und einer auch durch das starke Militär unterstützten Technikoffenheit). Wenn die grünen NGOs mit sauteuren weltweiten Kampagnen wirkungsvolle Dünge- und Schädlingsbekämpfungsmittel blockieren, dann ist es unlogisch, gleichzeitig auch gentechnisch verändertes Saatgut bzw. Pflanzen zu verhindern, die weniger Chemie brauchen und pilz- und hitzeresistenter sind.
Das kann der Umwelt nutzen und hilft, eine weiterhin wachsende Weltbevölkerung zu ernähren. Klar spart das den Firmen auch Geld, und neues Saatgut bedeutet neue Gewinne, was ja auch nicht per se schlecht ist. Es sollte nur nicht zu neuen, weltweiten Monopolen führen. Das zu verhindern ist Aufgabe der Politik. Die EU-Lebensmittelbehörde EFSA hat am Donnerstag übrigens grünes Licht für eine Verlängerung der Glyphosat-Zulassung gegeben, weil es mittlerweile als gesundheitlich unbedenklich eingestuft wurde. Gegen das Herbizid gab es eine riesige Rufmord-Kampagne.
Bei all diesen Debatten geht es vorrangig um Ideologie. Studien über eine gesundheitsschädliche Wirkung von Gentechnik auf den Menschen gibt es nämlich nicht – dafür beachtliche Fortschritte: Moderne Medikamente oder spezielle Krebstherapien zum Beispiel sind ohne Gentechnik nicht mehr vorstellbar. Sich gegen alles zu sperren, bedeutet Abkoppelung vom wissenschaftlichen Fortschritt. Die klügsten Köpfe aus Forschung und Wirtschaft in diesem Bereich wissen ohnehin, dass sie in den USA, in Großbritannien oder Asien mehr Chancen haben und nebenbei bemerkt auch weniger Einkommenssteuer zahlen müssen als in Österreich.
Es wird Zeit, alte (geschürte) Ängste zu überwinden.
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