Lieferprobleme: EU erwägt rechtliche Schritte gegen Astra Zeneca

Lieferprobleme: EU erwägt rechtliche Schritte gegen Astra Zeneca
Die EU will sich absichern, dass Astra Zeneca nicht schon wieder weniger Dosen liefert, als vertraglich zugesichert.

Astra Zeneca war der erste Impfstoff, den sich die EU im August 2020 vertraglich sicherte. Das britisch-schwedische Pharmaunternehmen bekam aus der Union noch einen üppigen Vertrauensvorschuss in Höhe von 336 Millionen Euro zugeschossen – um sicherzustellen, dass große Mengen produziert und auch rechtzeitig geliefert werden können. 300 Millionen Impfdosen orderten die europäischen Staaten in Summe – weitere 100 Millionen sollten bei zusätzlichem Bedarf als Option gezogen werden können.

80 Millionen Dosen sollten noch im ersten Quartal 2021 geliefert werden. Es kam bekanntlich anders. Im Jänner verlautete Astra Zeneca die erste Hiobsbotschaft: Anstatt der ursprünglich zugesagten Dosen könnten bis Ende März doch nur 31 Millionen geliefert werden. Es gebe Probleme bei einem Werk in Belgien. Man werde aber das bestmögliche versuchen, eventuell doch mehr Impfstoff liefern zu können: 40 Millionen könnten sich vielleicht ausgehen.

Diese Willensbekundung war der EU zu wenig, sie pochte auf Einhaltung der Verträge. "Mit öffentlichen Geldern haben wir dieses Risiko finanziert. Wir müssen deswegen wissen, was passiert ist“, meinte etwa eine EU-Beamtin. Astra-Zeneca-Chef Pascal Soriot konterte kühl: Man habe nur eine "Best effort"-Vereinbarung mit der EU abgeschlossen.

Man ist nicht verpflichtet, zugesagte Mengen zu liefen, man müsse nur sein Bestes geben, die Lieferungen einzuhalten. Ein wortreicher Streit mit nächtlichen Marathonsitzungen um die Auslegung der Vertragsklauseln folgte, der Vertrag wurde öffentlich gemacht, wenngleich stark geschwärzt.

Als Reaktion führte die EU Anfang Februar Exportkontrollen ein. Denn, dass der Impfstoffhersteller aus Werken in der EU Impfstoffe in großer Stückzahl nach etwa Großbritannien exportiert, gleichzeitig aber seine Lieferzusagen an die EU nicht einhalten kann, stieß Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sauer auf.

Ihre Botschaft an Astra Zeneca: "Zuerst halten Sie Ihren Vertrag ein, bevor Sie exportieren." Hersteller in Europa haben seit Anfang Februar mindestens 41 Millionen Impfdosen in 33 Länder exportiert, so von der Leyen. "Von den Briten haben wir aber nichts bekommen, während wir ihnen Impfstoff liefern".

Geschichte darf sich nicht wiederholen

Für das zweite Quartal hat Astra Zeneca der EU vertraglich 180 Millionen Dosen zugesichert. Damit sich die Geschichte nicht wiederholt, überlegt die EU-Kommission Insidern zufolge, rechtliche Schritte gegen den Pharmakonzern einzuleiten. Es soll gesichert werden, dass der Hersteller die für das zweite Quartal vertraglich gesicherten Dosen diesmal tatsächlich liefere, sagten mit dem Vorgang vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters am Donnerstag. Auch das Magazin Politico hat darüber berichtet. Von Astra Zeneca war zunächst keine Stellungnahme erhältlich.

Bei einem Botschaftertreffen am Mittwoch hätten sich die meisten EU-Länder für rechtliche
Schritte ausgesprochen, sagte ein EU-Diplomat. Ein anderer Insider sagte, die EU-Länder müssten nun entscheiden, ob sie mitzögen.

Die Bedenken seitens der EU sind verständlich, wurde Ende Februar erstmals bekannt, dass Astra Zeneca von April bis Juni nur weniger als 90 Millionen Einheiten liefern wolle – also gerademal die Hälfte.

Der massiven Verstimmungen mit Astra Zeneca und der Lieferschwierigkeiten wegen, wird die Europäische Union den Liefervertrag mit dem britisch-schwedischen Konzern unter Umständen nicht erneuern, wurde vorige Woche bekannt. "Es ist noch nicht entschieden", sagte die französische Industrieministerin Agnes Pannier-Runacher. Aber es sei "am wahrscheinlichsten", dass die EU ihre Abmachung nicht über 2021 hinaus verlängern werde.

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