Schock nach KTM-Insolvenz: 3.700 Mitarbeiter bangen um ihr Weihnachtsgeld
Die rund 3.700 Mitarbeiter des oberösterreichischen Zweiradherstellers KTM sehen der Weihnachtszeit mit einem mulmigen Gefühl entgegen. Nachdem die Geschäftsführung angekündigt hat, dass am Freitag die KTM AG, die KTM Components GmbH und der KTM Forschungs & Entwicklungs GmbH Sanierungsverfahren beantragen werden, ist die Verunsicherung groß.
Betriebsversammlung geplant
Fakt ist: Die Löhne und Gehälter für November sowie das Weihnachtsgeld werden nicht mehr vom Unternehmen, sondern vom Insolvenzentgeltfonds (IEF) bezahlt. Und der hat nach der Kika & Leiner-Pleite mit KTM die nächste Großpleite zu bewältigen. „Grundsätzlich sind wir finanziell gut aufgestellt und vorbereitet. Wir sind aber darauf angewiesen, dass uns der Insolvenzverband für Arbeitnehmer (ISA) der Arbeiterkammer die Anträge übermittelt“, sagt IEF-Chef Wolfgang Pfabigan zum KURIER. „Es ist noch nicht klar, wann die Anträge reinkommen, die wir prüfen müssen. Ich kann dazu noch nichts sagen, das wäre reine Spekulation.“
In der Regel dauert es ab Einlangen der Anträge weniger als vier Wochen, bis das Geld ausgezahlt wird. Ob sich die Auszahlung für die KTM-Mitarbeiter noch vor Weihnachten ausgeht, ist derzeit unklar. Um den Mitarbeitern das Weihnachtsfest nicht ganz zu verderben, plant KTM den Mitarbeitern die Dezember-Löhne und Gehälter bereits nächste Woche anzuweisen. Man wolle damit Härtefälle abfedern, hieß es aus dem Unternehmen.
Ab kommenden Montag sind Betriebsversammlungen geplant. Dort sollen die Beschäftigten informiert und Formulare für die Ansprüche aus dem Fonds ausgefüllt werden. Oberösterreichs AK-Präsident Andreas Stangl warnte die Beschäftigten vor voreiligen Eigeninitiativen: "Jetzt keinesfalls das Arbeitsverhältnis überstürzt auflösen. Dadurch könnten Ansprüche verloren gehen."
Dezembergehalt kommt früher
Ab Jänner werden die Löhne und Gehälter ganz normal ausbezahlt, so der KTM-Sprecher. Die Dezembergehälter sollen zudem bereits Anfang nächster Woche - und nicht wie üblich erst am Monatsende - ausbezahlt werden, berichtet das Morgenjournal.
Man wolle damit "Härtefälle vor Weihnachten abfedern", sagte ein Sprecher am Mittwoch. Der Antrag auf ein Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung soll am Freitag eingebracht werden. Damit sei man ab Montag rechtlich wieder in der Lage, Auszahlungen zu tätigen.
Ab März Ein-Schicht-Betrieb
Allerdings wurde am Dienstag ein Produktionsstopp für das neue Jahr angekündigt, was eine Arbeitszeitreduktion auf 30 Stunden bedeute und ab März werde von Zwei- auf Ein-Schicht-Betrieb heruntergefahren. Zudem werden - wie bereits angekündigt - bis zu 300 Stellen abgebaut.
Der Finanzierungsbedarf der KTM AG belaufe sich aktuell "auf einen hohen dreistelligen Millionenbetrag", teilte die Pierer Mobility am Dienstag mit. Das KTM-AG-Management gehe "nicht davon aus, dass es gelingen wird, die notwendige Zwischenfinanzierung zeitgerecht sicherzustellen". Daher werde der Antrag auf Einleitung eines gerichtlichen Sanierungsverfahrens mit Eigenverwaltung über das Vermögen der KTM AG und ihrer Töchter KTM Components GmbH sowie KTM F&E GmbH eingereicht. Alle sonstigen Tochtergesellschaften der KTM AG, etwa die Vertriebsgesellschaften, sind laut KTM AG nicht betroffen. Bereits am Montag hatte die mittelbar an der KTM AG beteiligte Pierer Industrie AG von Stefan Pierer ein Restrukturierungsverfahren eingeleitet.
Pierer bleibt IV OÖ-Chef
KTM-Chef Stefan Pierer wurde Mitte 2022 zum Präsidenten der Industriellenvereinigung Oberösterreich (IV OÖ) gewählt. Er war bereits seit 2016 Vizepräsident. Auf die KURIER-Frage, ob Pierer nach der Insolvenz noch in dieser Funktion bleiben könne, antwortet Geschäftsführer Joachim Haindl-Grutsch nur mit einem knappen „Ja“.
Dass es auch anders geht, zeigt das Beispiel Nina Stift. Sie ist Geschäftsführerin des Tullner Traditionsmodehauses Stift, das vor Kurzem in die Insolvenz schlitterte. Zeitgleich legte sie in der WKO NÖ ihre Ämter (Vizepräsidentin und Spartenobfrau) nieder. Bei der Aktie von Pierer Mobility ging indes am Mittwoch die Talfahrt weiter. Der Kurs sackte um 7,6 Prozent ab, nachdem es bereits am Vortag um 29 Prozent nach unten gerauscht war. Die Kritik an der Dividendenpolitik wird lauter.
Im April dieses Jahres wurden für das Vorjahr 0,50 Euro je Aktie ausgeschüttet, in Summe knapp 17 Mio. Euro. Allerdings wurde die Dividende gegenüber dem Vorjahr schon stark gekürzt (von 2 Euro). „Das letzte Jahr war noch ein Gutes“, sagte ein KTM-Sprecher zum KURIER. Und die Dividende sei nicht das Züngelchen an der Waage.
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