Insolvenz-Schock bei KTM: Jetzt zittern 4000 Mitarbeiter um ihren Job

Insolvenz-Schock bei KTM: Jetzt zittern 4000 Mitarbeiter um ihren Job
Konzern schlittert in die Insolvenz und muss den Gläubigern in drei Monaten annehmbare Sanierungspläne vorlegen. Das Management steht bis dahin unter Kontrolle eines Sanierungsverwalters.

Letztlich ging es Schlag auf Schlag. Nachdem die Pierer Industries, die Holding der Pierer Mobility, am Montag die Einleitung eines Europäischen Restrukturierungsverfahrens angekündigt hat, hat der Zweiradhersteller KTM AG am Dienstag bekannt gegeben, dass er ein Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung beantragen wird. Für Freitag werden deshalb insgesamt drei Insolvenzanträge angekündigt.

„Der Finanzierungsbedarf der KTM AG beläuft sich nach derzeitigem Stand auf einen hohen dreistelligen Millionenbetrag“, teilte die Pierer Mobility weiters mit. Das KTM-AG-Management gehe „nicht davon aus, dass es gelingen wird, die notwendige Zwischenfinanzierung zeitgerecht sicherzustellen“.

Erst vor zwei Wochen teilte die Pierer Mobility mit, dass für die Motorradtochter KTM seitens der Kern-Aktionäre (Pierer und die indische Bajaj Gruppe) und Investoren ein dreistelliger Millionenbetrag als Überbrückungsfinanzierung nötig sei. Offensichtlich konnte diese Summe in der kurzen Zeit nicht aufgebracht werden.

11.000 Räder an Mitarbeiter verschenkt

Der Vorstand habe daher den Beschluss gefasst, die Einleitung von gerichtlichen Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung für die KTM AG und ihrer Töchter KTM Components GmbH sowie die KTM Forschungs & Entwicklungs GmbH zu beantragen. Sie beschäftigen insgesamt rund 4.000 Mitarbeiter.

Alle sonstigen Tochtergesellschaften der KTM AG, etwa die Vertriebs- und Racinggesellschaften sollen nicht betroffen sein. Zu KTM gehören die Marken Gasgas, Husqvarna, Agusta und Felt, unter denen Motor- und Elektrofahrräder verkauft werden. Wie der KURIER bereits berichtete, soll der Verkauf der Fahrradsparte überlegt werden. 11.000 Stück auf Lager wurden bereits an die Mitarbeiter verschenkt.

Sanierungsplan

„Ziel des Verfahrens ist es, innerhalb von 90 Tagen mit den Gläubigern einen Sanierungsplan zu vereinbaren“, schreibt die KTM AG. Den Gläubigern müssen aber zumindest 30 Prozent Quote geboten werden. „Das Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung hat den Vorteil, dass die Geschäftsführung in Amt und Würden bleibt, was bei einem Industriekonzern nie falsch ist, weil die das Geschäft und die Branche kennen“, sagt Gerhard Weinhofer von Creditreform zum KURIER. „Faktisch stehen sie aber unter der Kontrolle eines Sanierungsverwalters. Ohne dessen Mitwirkung geht nichts.“

Laut KTM wird das Unternehmen vom Management reorganisiert. „Durch eine Redimensionierung der Gruppe soll nicht nur der Bestand der KTM-Gruppe nachhaltig gesichert, sondern auch die Basis geschaffen werden, erstarkt aus dem Verfahren zu kommen“, heißt es weiters. Durch eine Redimensionierung der Produktion sollen die übervollen Lager bei KTM und den Händlern angepasst werden. 2025 und 2026 werde die Betriebsleistung deswegen um etwa eine Milliarde Euro sinken. Durch „notwendige Abwertungen“ im Zuge der geplanten Restrukturierung ergebe sich ein „zusätzliches Verlustpotenzial“. Auch schon für 2024 werde „ein negatives Jahresergebnis im sehr hohen dreistelligen Millionenbereich“ erwartet.

++ ARCHIVBILD ++ PIERER ÜBERNIMMT ANGESCHLAGENEN DEUTSCHEN AUTOZULIEFERER LEONI

Mitarbeiter

KTM-Chef Stefan Pierer glaubt, mithilfe seines erfahrenen Vize Gottfried Neumeister, das Ruder wieder herumreißen zu können. „Ich bin davon überzeugt, dass er gemeinsam mit mir das Unternehmen wieder auf die Erfolgsspur führen wird“, so Pierer. „Jetzt legen wir einen Boxenstopp für die Zukunft ein.“

Neumeister holt in seiner Aussage die Mitarbeiter ins Boot, deren Begeisterung sei der „wichtigste Wettbewerbsvorteil“. „Jetzt geht es darum, die Firma robust zu machen. Robust für die Zukunft.“

Nachdem heuer schon rund tausend Mitarbeiter abgebaut wurden, wurde den verbliebenen Beschäftigten am Dienstag in einer Betriebsversammlung die Einzelheiten über die Maßnahmen für Jänner und Februar – Produktionsstopp und Ein-Schicht-Betrieb – informiert. „Wir sind in den letzten drei Jahrzehnten zu Europas größtem Motorradhersteller gewachsen“, so Pierer weiters. „Die Marke KTM ist mein Lebenswerk und dafür kämpfe ich.“

Die Aktie verlor alleine gestern 45 Prozent, seit Jahresbeginn sind es 87 Prozent.

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