Krise, welche Krise? Millionäre spüren von Corona-Pandemie nur wenig
Lockdowns, Geschäftsschließungen, Kurzarbeit und Jobverlust: Die Pandemie bekommen viele Arbeitnehmer direkt zu spüren. Die Krise nagt an ihren Spareinlagen. Ganz anders sieht es vielfach in der Welt der Reichen aus. Sie haben zwar im Durchschnitt ihre Vermögen im ersten Halbjahr kaum vermehren können. Doch die Verluste hielten sich ebenfalls in Grenzen. Unterm Strich gibt es weltweit betrachtet kaum weniger Dollar-Millionäre als noch zu Jahresbeginn.
Das zeigt der alljährlich erscheinende „Global Wealth Report“ der Schweizer Bank Credit Suisse.
Im Jahr 2019 gab es demnach noch einen Zuwachs von 5,7 Millionen auf 51,8 Millionen Reichen. Im ersten Halbjahr wurden es nur um 51.000 weniger, also rund ein Prozent der im Vorjahr neu Hinzugekommenen. Die Zahl der Superreichen mit einem Nettovermögen mit mehr als 50 Millionen Dollar stieg im Jahr 2019 um 11 Prozent auf 175.690. In der ersten Jahreshälfte 2020 verlor diese Gruppe der „Ultra High Net Worth“ nur 120 Mitglieder.
Markante Erholung
Es habe zwar von Jänner bis März mit den Geschäftsschließungen zunächst einen starken Einbruch gegeben, doch sei die Erholung markant gewesen, schreibt die Credit Suisse. Schließlich haben die Finanz- und Immobilienmärkte, aber auch Rohstoffe wie Gold wieder deutlich an Wert zugelegt. Davon profitieren öfters reichere Menschen, die in diesen Kategorien veranlagen. Allerdings, darauf weist der Report hin, sind Anteile an börsenotierten Konzernen nicht zwingend ein Schlüssel zum Erfolg in der Krise. Tech-Aktien etwa profitieren, die „Old Economy“ wie etwa Autotitel erleiden anhaltende Verluste.
Gefallene Millionäre
Die meisten der aus dem breiten Millionärsklub Gefallenen kommen aus Großbritannien, Brasilien, Australien und Kanada. Fast wettgemacht hat diese Zahl der Krisenverlierer allerdings neu hinzugekommene Millionäre aus China. Das Land verzeichnete wie schon im Vorjahr den größten Zuwachs und zementierte damit Platz Zwei im Ranking der Länder mit den meisten Reichen ein (hinter den USA, siehe Grafik). Erstaunlicherweise liegen beim Zuwachs im ersten Halbjahr hinter China die Niederlande noch vor den USA. 58.000 Amerikaner können sich nun ebenfalls als Millionär bezeichnen, die selbe Zahl weist auch Deutschland auf, knapp dahinter die Schweiz mit 52.000.
Österreich
Zahlen für das erste Halbjahr 2020 wurden für Österreich nicht berechnet. Allerdings gab es davor im zweiten Halbjahr 2019 einen deutlichen Anstieg von 313.000 auf 334.956 Dollar-Millionäre, wie Credit Suisse auf KURIER-Nachfrage mitteilte. Red-Bull-Gründer Dietrich Mateschitz ist laut Forbes mit 16,5 Mrd. Dollar (15,2 Mrd. Euro) der mit Abstand reichste Österreicher. Mit 6,5 Mrd. Dollar deutlich dahinter belegt Novomatic-Eigentümer Johann Graf Platz Zwei, gefolgt von Immobilientycoon René Benko mit 4,7 Mrd. Dollar. Die Summen wurden allerdings vor Ausbruch der Pandemie erhoben.
Stärker betroffen
Die breite Bevölkerung ist von den finanziellen Folgen der Pandemie deutlich stärker betroffen. Insgesamt lag das Vermögen privater Haushalte der Studie zufolge weltweit rund 0,3 Prozent oder eine Billion Dollar (840 Milliarden Euro) höher als Ende 2019. Es beträgt nun 400,2 Billionen Dollar. Da in diesem Zeitraum allerdings die Weltbevölkerung noch stärker stieg, fiel das durchschnittliche Vermögen pro Kopf um 0,4 Prozent auf 76.984 Dollar. Im Vorjahr wuchs es hingegen noch real um insgesamt zehn Prozent oder 36,5 Billionen Dollar.
In den vergangenen Jahren reduzierten sich die Vermögensunterschiede zwischen Reich und Arm fast überall (mit Ausnahme der USA etwa) spürbar. Die Bank geht aber davon aus, dass die Einkommensschere in vielen Ländern nun auseinandergeht, weil Erwerbstätige mit geringen Einkommen und unsicheren Arbeitsplätzen in der Krise am ehesten ihren Job verlieren.
In Deutschland ist der Vermögensunterschied im europäischen Vergleich besonders ausgeprägt: Das oberste Prozent der reichsten Leute besitzt 29 Prozent der Vermögen (so viel wie in China), verglichen mit 22 Prozent in Frankreich oder Großbritannien. Weltweit sind es im Durchschnitt sogar 43 Prozent. Dafür sorgen vor allem Russland (57 Prozent), Brasilien (47), Indien (39) und die USA (35 Prozent).
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