Konzert-Monopolisten im Visier der Wettbewerbsbehörden
Stolze 180 Euro müssen Fans von US-Superstar Taylor Swift diesen Sommer beim Wien-Konzert für einen Stehplatz zahlen. Die Preise für Pop- und Rockkonzerte sind in den vergangenen Jahren stark gestiegen, nicht nur in Österreich. Einer der Gründe dafür ist die große Marktmacht weniger Anbieter.
Genug, sagte nun das US-Justizministerium und kündigte an, Branchenprimus Live Nation zu zerschlagen. Der Veranstalter und seine Tochter, die Vorverkaufsfirma Ticketmaster, wären derart dominant, dass sie den Wettbewerb ersticken würden.
"Fans zahlen mehr Gebühren, Künstler haben weniger Möglichkeiten, Konzerte zu geben, kleinere Veranstalter werden verdrängt und Veranstaltungsorte haben weniger Auswahlmöglichkeiten bei Ticketing-Dienstleistungen", beschreibt US-Generalstaatsanwalt Merrick Garland die Situation.
Das Unternehmen sieht in der Ankündigung einen "kurzlebigen PR-Coup", der an der Situation nichts ändern würde. Die Karten seien teurer wegen der Inflation, den immer anspruchsvolleren Shows, den hohen Künstlergagen - und der hohen Nachfrage. Der Verkauf hat sich durch das Internet zudem massiv gewandelt: Wie etwa bei Flügen können die Preise dabei mit der Nachfrage variieren ("dynamic pricing"). Dass Fans bereit sind, hohe Preise zu bezahlen, ist allerdings kein Beleg für einen funktionierenden Wettbewerb.
Live Nation Entertainment mit Sitz in Beverly Hills, Kalifornien, entstand 2005 als Abspaltung von Clear Channel Entertainment. Im Jahr 2010 erfolgte die Fusion mit Ticketmaster. Im Geschäftsjahr 2023 erwirtschaftete das Unternehmen einen Umsatz von umgerechnet 21 Milliarden Euro.
CTS Eventim ist der größte Anbieter in Europa. Das Unternehmen wurde 1989 gegründet und ist auch durch Zukäufe stark gewachsen. Seit den 1990er-Jahren gilt Eventim als Marktführer in Deutschland, im Jahr 2000 erfolgte der Börsengang. Im letzten Jahr hat CTS Eventim in insgesamt 25 Ländern einen Umsatz von 2,4 Milliarden Euro erwirtschaftet.
Probleme mit der marktbeherrschenden Stellung einzelner Teilnehmer gibt es auch in Europa. Im deutschsprachigen Raum ist der Münchner Veranstalter CTS Eventim immer wieder in der Kritik. Das Unternehmen ist der größte Kartenanbieter Europas, notiert im deutschen MDAX und ist auch in Österreich vertreten. In Deutschland attestiert ihm Daniel Zimmer, Professor für Kartell- und Wettbewerbsrecht an der Uni Bonn, eine marktbeherrschende Stellung mit einem Marktanteil von 60 Prozent.
Unter dem Portal Oeticket vermarktet CTS Eventim hierzulande nach eigenen Angaben jährlich 76.000 Veranstaltungen - unter anderem die eingangs erwähnten Stadionkonzerte von Taylor Swift. In Deutschland ermittelte zeitweise das Kartellamt gegen CTS Eventim, in Österreich sind laut Auskunft der Bundeswettbewerbsbehörde keine entsprechenden Vorgänge bekannt.
In der Praxis gebe es aber sehr wohl immer wieder Probleme, heißt es beim Verein für Konsumenteninformation auf Anfrage des KURIER. Im April bestätigte das Oberlandesgericht Wien eine Entscheidung des Handelsgerichts Wien. Demnach habe Oeticket, den Konsumentinnen und Konsumenten widerrechtlich „Servicegebühren“ verrechnet, ohne dafür eine erkennbare Leistung zu erbringen. Diese Gebühren von ein paar Euro werden bei jedem Kartenverkauf mitverrechnet - und läppern sich, je größer die Konzerte werden.
Live-Einnahmen werden immer wichtiger
Hinter den teuren Konzertkarten steht aber auch eine massive Verschiebung am Musikmarkt: Während Musikfirmen und Künstler früher an Tonträgern verdienten, ist das Live-Geschäft zur wichtigsten Einnahmequelle geworden. Plattformen wie Spotify bezahlen etwa 0,005 Cent pro Stream, den Künstlerinnen und Künstlern kommt im Regelfall nur ein Bruchteil davon zu.
Und die Lust auf Live-Konzerte scheint ungebrochen, trotz der teils sehr hohen Eintrittspreise. „Seit der Pandemie gehen die Leute wieder mehr auf Konzerte", sagt Thomas Kern vom Veranstaltungsort Arena Wien zum KURIER. Dass die Künstlergagen und die Kosten für die Ausrichtung der Events gestiegen sind, sieht auch er. Die höheren Preise würden aber in Kauf genommen.
Kern beobachtet in diesem Zusammenhang eine weitere Entwicklung: „Die Schere bei den Ticketpreisen zwischen größeren und kleineren Konzerten ist extrem auseinandergegangen“. Auch niederschwellige Konzerte mit Eintrittspreisen von zehn bis 15 Euro seien derzeit so gut besucht wie seit Jahren nicht mehr. Wie gut solche Nischen funktionieren, ist laut Kern allerdings hauptsächlich von der jeweiligen Szene abhängig. Die Entwicklung der kommerziellen Musikbranche sieht er zwar kritisch, den Befund, dass große Konzerne die Musikkultur abwürgen, kann er aber nicht bestätigen.
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