Nach Lärmbeschwerden: Soundanlage soll Nachbarn der Arena schonen
Ausnahmsweise dreht es sich in der Arena Wien nicht darum, was auf der Bühne passiert - sondern dahinter. Im Backstage-Bereich türmen sich die Kisten der neuen Soundanlage.
Geliefert wurden die Boxen aus Amerika um 7 Uhr am Montagmorgen.
In den kommenden Tagen wird die Anlage nun auf die Bühne gehängt und installiert. Für die Inbetriebnahme braucht es im Anschluss theoretisch nur noch das "Go" der MA 36 (Veranstaltungen).
"Wir schauen dem Termin zuversichtlich entgegen", sagt Mario Weisch, Kulturmanager der Arena, beim KURIER-Lokalaugenschein.
Seit bald 50 Jahren gilt die Arena mit ihren altehrwürdigen, Graffiti-besprühten Backsteingebäuden als Institution und Kult-Location.
Bewohner neuer Hochhäuser hatten sich aber über die Beschallung beschwert. Nun gibt es eine neue Soundanlage, auch bei Soundchecks vor Konzerten will man die Anwohner künftig mehr schonen.
Der Grund für den Optimismus: Bei einer Vorführung im Jahr 2023 des ausgewählten Modells "Panther" der Firma Meyer Sound wurde ein Abfall der Lautstärke um sechs Dezibel gemessen, was im menschlichen Gehör einer Reduktion um die Hälfte des Lautstärkeempfindens entspricht.
"Der Lärm wird weniger, der Sound besser und klarer"
Das Tonsystem hält den Klang und die Lautstärke im Areal, zusätzlich komme es zu einer Verminderung der Basswellen und somit der allfälligen Vibrationen. Die Kosten belaufen sich auf eine Million Euro, die Stadt Wien fördert den Kauf mit 595.000 Euro.
Soundchecks werden in Zukunft über eine eigenen Anlage am Mischpult durchgeführt und die Bühnenanlage nur für einen abschließenden Check verwendet. "Die Lärm-Emmissionen werden also deutlich weniger. Für Konzertbesucher wird der Sound besser und klarer - und das bei der gewohnten Lautstärke", verspricht Weisch.
Gute Nachbarschaft
Im besten Fall dürfen die Bands wieder wie gewohnt bis 23 Uhr auftreten. Bisher plant man bei zehn Konzerten ein Sperrstunde um 23 Uhr. Für die restlichen Events warte man den Termin am 26. April mit der MA 36 ab.
Zuversichtlich ist Petra Ruckendorfer, seit Februar neue Obfrau und bereits seit 20 Jahren in der Arena aktiv: "Wir sind unendlich dankbar für die Anlage und freuen uns, dass alles so schnell über die Bühne geht." Dem Auftakt der Open-Air-Saison mit dem Konzert von Großstadtgeflüster am 3. Mai stehe nichts im Wege.
Nach Lärmbeschwerden von Anwohnern der neuen Wohntürme "The Marks" wurde die Sperrstunde für Indoor-Events seitens des Magistrats nicht bis 6 Uhr verlängert, die Arena verlor in weiterer Folge vereinzelt Events.
Laut Weisch ist das Verhältnis zu den Bewohnern der Wohntürme aber ein gutes: "99 Prozent der Anwohner sind pro Arena und unterstützen uns. Mit dem Bau der Wohntürme war aber auch klar, dass sich jemand beschweren wird. Außerdem sind wir in Wien, da gehört sich aufzuregen dazu."
Um wieder länger feiern zu dürfen, gab die Arena zwei Gutachten in Auftrag, eine Entscheidung des Magistrats liegt inzwischen vor. Der Knackpunkt: Laut Messungen liegt der Umgebungslärm auch ohne Arena mit knapp über 50 Dezibel konstant über den erlaubten 45 Dezibel nach 22 Uhr.
Die "Circus"-Partys und "Iceberg" finden wieder bis 6 Uhr statt
Gemessen wurde auf der Terrasse einer Anwohnerin im Q-Tower des ÖSW, während die Hallen in der Arena lautstark bespielt wurden, sowie während Spielpausen. Das Ergebnis: Der Lärmpegel blieb so gut wie unverändert, mit und ohne Arena.
Besetzung: Die Stadt plante das Areal des Auslandsschlachthofs in St. Marx an die Textilfirma Schöps zu verkauften und abzureisen. Im Rahmen der Wiener Festwochen fand dort auch die alternative Veranstaltungsschiene „Arena“ statt. Nach der Abschlussveranstaltung am 27. Juni 1976 besetzten 700 Menschen den Schlachthof.
Prominente Unterstützer: Zu den Unterstützern gehörten Willi Resetarits, Wolfgang Ambros oder Georg Danzer.
Abriss: Exakt 101 Tage dauerte die Besetzung, zum Schluss wurde den Aktivisten der Strom abgedreht und die Telefonleitungen gekappt. Obwohl 70.000 Menschen für den Erhalt des Areals unterschrieben, stimmte der Gemeinderat im September für den Abriss. Im Oktober 1976 wurde der Auslandsschlachthof abgerissen.
Umzug: 1977 bezogen die Aktivisten den von der Stadt angebotenen Inlandsschlachthof – die heutige Arena.
Laut Weisch erlaubt die MA 36 ab sofort wieder eine Sperrstundenstreckung bis 6 Uhr, dies gelte auch für die nun wieder stattfindenden "Circus"-Partys sowie für die Eventreihe "Iceberg".
"Für die Indoor-Situation gibt es eine für uns zufriedenstellende Lösung. Erlaubt wären in der Mitte der Tanzfläche 100 Dezibel, laut Auflagen wurden wir auf 98 Dezibel reduziert. Und wenn sich künftig jemand beschwert, haben wird nun ein Gutachten, dass uns einen gewissen Schutz gibt", erklärt Weisch.
Im Nachhinein ist man immer klüger
Der Weg zur jetzigen Lösung sei jedoch ein mühsamer gewesen. "Im Nachhinein wäre das vermeidbar gewesen. Man hätte im Vorfeld des Wohnungsbaus schon viel erledigen können, auch von unserer Seite", analysiert Weisch.
Statt der sofortigen Sperrstundenverkürzung hätte man sich seitens des Magistrats eine Übergangslösung gewünscht. "Das hat uns einfach am falschen Fuß erwischt und den laufenden Betrieb eingeschränkt."
Überlegt werden weitere Lärmschutzmaßnahmen an den Hallen, wie zum Beispiel eine bessere Dämmung und eine Lüftungsanlage, an der sich laut Weisch auch die Buwog, Bauträger des "Helio Towers", finanziell beteiligen will.
Die Zukunft der Arena ist damit vorläufig gesichert. Offen bleibt laut Weisch eine Lösung für die zunehmende Problematik von neuem Wohnraum im Nahegebiet von Kulturstätten.
"Die Arena ist ein geschützter Raum, an dem man sich ausprobieren, wild sein und ausbrechen kann. Wir alle wissen, dass Wohnraum dringend gebraucht wird und der Anrainerschutz wichtig ist. Man könnte darüber diskutieren, ob Wohnraum so nahe an Kulturstätten sinnvoll ist."
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