Georg Knill: „Es kommt zu einer Deindustrialisierung“

Georg Knill: „Es kommt zu einer Deindustrialisierung“
Der Präsident der Industriellenvereinigung (IV) gibt auch der Gewerkschaft die Schuld an den großen Problemen in der heimischen Industrie.

Georg Knill, Präsident der Industriellenvereinigung (IV), nimmt im KURIER-Gespräch zur Lage der heimischen Industrie Stellung.

KURIER: Ist die Insolvenz von KTM nur der Anfang?

Georg Knill: Die Stimmung bei den Mitgliedern ist katastrophal. KTM ist nicht das Ende der Schreckensnachrichten. Wir haben schon vor Monaten gewarnt, dass die Unternehmen unter massiven Druck kommen werden. Das tritt nun ein. Wir sind daher nicht überrascht, aber extrem alarmiert, denn wir verlieren an Wohlstand. Die Arbeitslosigkeit wird weiter steigen und es kommt zu einer Deindustrialisierung.

Was sind die Gründe dafür?

In den vergangenen drei Jahren sind die Lohnstückkosten in Österreich um 30 Prozent gestiegen. In Deutschland waren es nur 14 Prozent, in Italien waren es 7 Prozent. Neben den Arbeitskosten tragen auch die hohen Energiekosten sowie die gestiegene Bürokratie zur aktuellen Lage bei.

Nennen Sie ein Beispiel.

Insgesamt kosten die Berichtspflichten der heimischen Wirtschaft bis zu 15 Milliarden Euro im Jahr, was einem Anteil von bis zu 3,8 Prozent des BIP entsprechen würde. Diese müssen dringend gesenkt werden – mindestens um die angekündigten 25 Prozent. Österreich übererfüllt die EU-Regeln, etwa hinsichtlich der Klimaneutralität.

Gibt es auch Branchen, denen es besser läuft?

Ja, in einigen Bereichen und Betrieben läuft es normal, aber die Mehrzahl ist negativ, vor allem der Maschinenbau und all jene, die von den hohen Energiekosten betroffen sind, also Stahl, Zement, Papier, Glas und Chemie. Und die Auto- und Zulieferindustrie hat ein strukturelles Problem, dass stark politisch herbeigeführt wurde. Da gibt es noch keine klare Antworten auf den Strukturwandel.

Was sollte nun geschehen?

Bei den Berichtspflichten sollten die rigorosen Bestimmungen fallen; im Bereich Energie sollen die Erhöhung der Netzentgelte und Elektrizitätsabgabe entfallen. Und auch die Gewerkschaft muss in die Pflicht genommen werden.

Inwiefern?

Die hohen Lohnabschlüsse der letzten Jahre waren unverantwortlich und haben die Lage verschärft. Die IG Metall etwa hat in Deutschland jetzt die Löhne für die nächsten 25 Monate um knapp 2 Prozent erhöht. Das ist viel pragmatischer. Während in Österreich die Abschlüsse für die Beamten wieder über der Inflation liegen. Die Inflation wird wieder steigen, auch infolge anderer Abgaben. 

Was erwarten Sie sich von einer möglichen Dreier-Koalition?

Dass sie Antworten auf diese Herausforderungen zeigt und die Kosten für Arbeit, Energie und Bürokratie drastisch senkt. Wenn nicht, ist sie schnell Geschichte.

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