Kelag-Chef: “Die Auflagen werden immer strenger“
Kelag-AG-Vorstand Manfred Freitag im KURIER-Interview über Netzgebühren, Vorteile und Probleme bei Investitionen im Ausland sowie die weiteren Pläne in Österreich.
KURIER: Warum zahlen die Kärntner österreichweit die höchsten Netzgebühren?
Manfred Freitag: Dafür gibt es zwei wesentliche Gründe. Zum einen die Raumordnung und Zersiedelung in unserem Bundesland. Wir haben sehr lange Leitungen mit wenigen Abnehmern und durch die Entfernungen sehr viele Trafostationen, an denen wenige Kunden hängen. Das wirkt preistreibend. Das Zweite ist die demografische Entwicklung, die im besten Fall stagniert.
Ist Kärnten dabei speziell?
Ja, das ist ungünstig und betrifft übrigens alle Infrastrukturbetreiber in Kärnten. Das Netznutzungsentgelt ist einer intensiven Prüfung durch den Regulator E-Control unterzogen, wir bekommen per Bescheid zugestanden, welche Kosten wir an die Kunden weitergeben können.
Kelag hat 2020 Kraftwerke in Frankreich, Portugal und Kroatien gekauft. Ist das attraktiver als in Österreich zu investieren?
Wir flüchten nicht mit unserer Investitionstätigkeit, weil es dort leichter wäre, sondern das Ausbaupotenzial ist in vielen Regionen noch höher. In Österreich wird es ungleich schwieriger. Die Auflagen, die in den Genehmigungsverfahren erteilt werden, werden immer strenger und das ist zum Teil kontraproduktiv für die Wirtschaftlichkeit. Die wirklich großen Anlagen, wie Donau- oder Draukraftwerke, würde man heutzutage wahrscheinlich gar nicht mehr durchbringen.
Der Kelag-Tochter Kelkos wird im Kosovo Naturzerstörung beim Bau von Flusskraftwerken vorgeworfen.
Wir haben die Kraftwerke nach dem selben Stand der Technik gebaut wie er auch bei uns gilt. Wir haben immer alle Behördenauflagen eingehalten. Die Vorwürfe sind haltlos.
Warum gibt es dann die Probleme?
Jeder technische Eingriff in die Natur ist ein Eingriff, es geht nur darum, ihn so umweltverträglich wie möglich zu machen. Wenn jemand davon überzeugt ist, dass ein Wasserkraftwerk ein irreparabler, nicht tragbarer Eingriff in die Natur ist, wird er mit nachvollziehbaren Argumenten nicht von seiner Meinung abzubringen sein.
Konkret gab es den Vorwurf, dass zu viel Schotter aus dem Bachbett entnommen wurde. Wurde es wieder angefüllt?
Nein. Das war ein geplanter Kopfspeicher, wir sind dann aber bei den Vorerkundungen zu dem Ergebnis gekommen, dass das in dem Karst technisch und wirtschaftlich vertretbar nicht möglich ist. Wir warten jetzt auf die Genehmigung der Behörde, wie wir diesen Bestand wieder sanieren.
Gäbe es bei einem vergleichbaren Projekt in Österreich ähnliche Probleme?
Ich glaube, es würde Diskussionen im Genehmigungsverfahren geben, aber wenn einmal ein rechtskräftiger Bescheid durch alle Instanzen bestätigt ist, sollte das normalerweise kein Thema mehr sein.
Wie ist das Corona-Jahr für die Kelag AG gelaufen?
Wir sind über das Jahr gesehen in etwa mit denselben Zahlen konfrontiert, die österreichweit kommuniziert worden sind, also rund drei Prozent Rückgang beim Stromverbrauch. Bei den Haushaltskunden hat es einen Mehrabsatz gegeben, bei Gewerbe und Industrie hat es Rückläufe gegeben.
Gab es mehr Abschaltungen bei Privatkunden?
Nein. Bei den Zahlungsausfällen gab es keine Abweichung zu einem Regeljahr.
Hat die Corona-Krise Auswirkungen auf Investitionen?
Nein, wir halten an unseren strategischen Plänen fest. Wir werden auch in Zukunft in erneuerbare Energien investieren, vorbehaltlich der Genehmigung durch Behörden und – worauf die ganze Branche wartet– das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG, Anm.).
Wo sehen Sie Ausbaupotenziale, speziell in Kärnten?
Bei Fotovoltaik sehen wir noch sehr viel Potenzial. Auch bei Wind sehen wir in Kärnten trotz der öffentlichen Meinung im Nordostbogen Ausbaupotenzial, weil dort der Windertrag sehr gut ist.
Welche konkreten Ausbauziele haben Sie?
Wir wollen mittelfristig unsere Kunden mit 100 Prozent Eigenerzeugung versorgen. Wir haben derzeit 3,4 Terawattstunden (TWh, Anm.) Eigenerzeugung und 4,4 TWh Kundenabsatz, das heißt, eine TWh wollen wir noch durch Zubau von neuen Erzeugungsanlagen mit allen Technologien erreichen – also Wasserkraft, Wind, Fotovoltaik, eingeschränkt auch Biomasse. Das jetzt auf die einzelnen Technologien runterzubrechen ist zum heutigen Zeitpunkt sehr schwer, weil wir noch auf das Förderregime vom EAG warten
Wasserkraft
Mit 84 Prozent machen Wasserkraftwerke den größten Anteil an der Stromproduktion der Kelag AG aus
Windkraft
Knapp 11 Prozent fallen auf die zweitgrößte Technologie, die Windkraft
Biomasse und Fotovoltaik
Biomasse macht nur 2,75 Prozent der Stromproduktion aus. Das ist immer noch mehr als doppelt so viel, wie Sonnenenergie derzeit beiträgt (1,25 Prozent). Bei der Fotovoltaik verortet Kelag auch in Österreich großes Ausbaupotenzial
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