Verbund-Chef Strugl: "Das bezahlt der Stromkunde"
KURIER: Wie wirken sich die fortgesetzten Lockdowns beim Verbund-Konzern aus?
Michael Strugl: Im ersten Lockdown im Frühjahr war es wesentlich signifikanter als in der zweiten Welle. Der Verbrauch ist weniger geworden, insbesondere in der Industrie. Übers Jahr 2020 sind wir ungefähr bei Minus sieben Prozent gelandet. Bei den Großhandelspreisen gab es im März auch einen Einbruch. Übers Jahr hat sich das wieder erholt.
Im Zuge des ersten Lockdowns wurden die Abschaltungen bei Endkunden ausgesetzt. Werden aktuell Abschaltungen durchgeführt?
Es gab eine freiwillige Vereinbarung der Branche, auf Abschaltungen zu verzichten. Die Unternehmen wollten das nicht verlängern. Das kann nicht auf Dauer funktionieren. Wenn es hier Probleme gibt, dass Menschen in eine Notlage kommen, dann ist das ein sozialpolitisches Thema.
Diese Woche ist der sogenannte „Fat Cat Day“ (an dem Chefs von börsenotierten Konzernen so viel verdient haben, wie ein Durchschnittsverdiener im ganzen Jahr, Anm.) – ist diese Einkommensverteilung leistungsgerecht?
Bei uns werden die Gehälter anhand internationaler Kennzahlen-Vergleiche ermittelt. Die Kompensation bemisst sich an der Verantwortlichkeit
Was sind Ihre persönlichen Ziele in Ihrer neuen Rolle?
Wir stehen mitten in einem der größten Umbrüche, den der Energiesektor je gesehen hat. Meine Aufgabe ist es, das Unternehmen in diese Energiezukunft zu führen. Unsere Rolle wird sich ändern, von einem Versorger zu einem Leitunternehmen der Energiewende.
Wie ist Ihr Ausblick auf den Ausbau der Wasserkraft? Die Regierung spricht in der Klimastrategie von rund fünf Terawattstunden (TWh). Wenn ich das schätzen müsste, würde ich sagen in der Revitalisierungen bzw. Effizienzsteigerungen bestehender Anlagen sind es etwa zwei Drittel davon und ein Drittel aus Neubau.
Können Sie die Kritik nachvollziehen, dass Wasserkraft Naturlandschaften zerstört?
Für uns ist selbstverständlich, dass die Wasserkraft auf die Gewässerökologie Rücksicht nimmt. Wir haben entsprechend strenge Auflagen betreffend der Durchgängigkeit der Gewässer, zum Beispiel Fischaufstiegshilfen. Dort, wo wir Wasserkraft ausbauen, machen wir das ökologisch verträglich. Die fundamentale Kritik, dass Wasserkraft nicht umweltfreundlich ist, würde ich nicht teilen
Und Ihr Ausblick auf den Ausbau von Fotovoltaik und Windkraft?
Bis 2030 wollen wir ein Viertel unserer Erzeugung aus Fotovoltaik und Wind generieren. Wir haben dazu einige Projekte in Entwicklung. Und wir sind ständig am Screenen, wo neue Projekte in Österreich oder Deutschland möglich sind.
Was sind die Herausforderungen beim Netzausbau?
Die Transformation mit immer mehr volatilen Energieerzeugungen funktioniert nur, wenn wir parallel die Netzinfrastruktur ausbauen und die Speicher vergrößern. Jeder Windpark, jede Fotovoltaikanlage im größeren Stil, braucht einen Netzanschluss. Das ist vor allem auch eine Herausforderung in den Verfahren. Es ist sehr schwierig, diese Projekte umzusetzen, weil die Genehmigungsverfahren sehr lange dauern und das verteuert die Projekte. Wir sehen das, wo wir große Industriebetriebe besser mit Leitungen versorgen müssen.
Wer bezahlt das? Am Ende immer der Stromkunde.
Rechnen Sie mit einer Erhöhung der Ökostromabgabe?
Wenn man den Ökostromausbau fördert, kostet das etwas. Das bezahlt der Stromkunde und daher gibt es darüber eine politische Diskussion.
Auf welche Speichertechnologien setzen Sie?
Wir wissen, dass wir durch die Veränderung in der Erzeugung mit mehr Fotovoltaik und Wind im Sommer zu viel und im Winter zu wenig Erzeugung haben werden, das heißt wir müssen eine beträchtliche Menge saisonal verschieben. Man spricht von ungefähr 10 TWh. Unsere Langzeitspeicher sind derzeit im wesentlichen Hydrospeicher. Eine weitere Möglichkeit wären Gasspeicher, in denen zum Beispiel auch grüner Wasserstoff gespeichert werden könnte. Batteriespeicher sind nur kurzfristige Speichermöglichkeiten.
Wie ist Ihr Ausblick auf den Ausbau der Wasserkraft? Die Regierung spricht in der Klimastrategie von rund fünf Terawattstunden (TWh). Wenn ich das schätzen müsste, würde ich sagen in der Revitalisierungen bzw. Effizienzsteigerungen bestehender Anlagen sind es etwa zwei Drittel davon und ein Drittel aus Neubau.
Können Sie die Kritik nachvollziehen, dass Wasserkraft Naturlandschaften zerstört?
Für uns ist selbstverständlich, dass die Wasserkraft auf die Gewässerökologie Rücksicht nimmt. Wir haben entsprechend strenge Auflagen betreffend der Durchgängigkeit der Gewässer, zum Beispiel Fischaufstiegshilfen. Dort, wo wir Wasserkraft ausbauen, machen wir das ökologisch verträglich. Die fundamentale Kritik, dass Wasserkraft nicht umweltfreundlich ist, würde ich nicht teilen
Und Ihr Ausblick auf den Ausbau von Fotovoltaik und Windkraft?
Bis 2030 wollen wir ein Viertel unserer Erzeugung aus Fotovoltaik und Wind generieren. Wir haben dazu einige Projekte in Entwicklung. Und wir sind ständig am Screenen, wo neue Projekte in Österreich oder Deutschland möglich sind.
Was sind die Herausforderungen beim Netzausbau?
Die Transformation mit immer mehr volatilen Energieerzeugungen funktioniert nur, wenn wir parallel die Netzinfrastruktur ausbauen und die Speicher vergrößern. Jeder Windpark, jede Fotovoltaikanlage im größeren Stil, braucht einen Netzanschluss. Das ist vor allem auch eine Herausforderung in den Verfahren. Es ist sehr schwierig, diese Projekte umzusetzen, weil die Genehmigungsverfahren sehr lange dauern und das verteuert die Projekte. Wir sehen das, wo wir große Industriebetriebe besser mit Leitungen versorgen müssen.
Wer bezahlt das? Am Ende immer der Stromkunde.
Rechnen Sie mit einer Erhöhung der Ökostromabgabe?
Wenn man den Ökostromausbau fördert, kostet das etwas. Das bezahlt der Stromkunde und daher gibt es darüber eine politische Diskussion.
Auf welche Speichertechnologien setzen Sie?
Wir wissen, dass wir durch die Veränderung in der Erzeugung mit mehr Fotovoltaik und Wind im Sommer zu viel und im Winter zu wenig Erzeugung haben werden, das heißt wir müssen eine beträchtliche Menge saisonal verschieben. Man spricht von ungefähr 10 TWh. Unsere Langzeitspeicher sind derzeit im wesentlichen Hydrospeicher. Eine weitere Möglichkeit wären Gasspeicher, in denen zum Beispiel auch grüner Wasserstoff gespeichert werden könnte. Batteriespeicher sind nur kurzfristige Speichermöglichkeiten.
Wann erreicht Wasserstoff als Energieträger die Marktreife?
Dazu gibt es unterschiedliche Einschätzungen, wir glauben, dass es nicht vor 2030 sein wird.
Wie kann das funktionieren?
Die meisten Experten gehen davon aus, dass es eine Wasserstoffwirtschaft in Europa geben wird, die international Energieagentur spricht sogar von einer globalen Wasserstoffwirtschaft. Dazu braucht es zwei Hebel. Erstens, gerade am Beginn, entsprechende Incentivierungen und regulatorische Rahmenbedingungen, zweitens Skaleneffekte. Es muss einen großen, industriellen Maßstab geben, damit grüner Wasserstoff wirtschaftlich ist. Sehr grob gesprochen wird es in etwa so funktionieren, dass der grüne Wasserstoff dort erzeugt wird, wo er am billigsten ist, also dort, wo erneuerbarer Strom günstig erzeugbar ist. Aus Windkraft im Norden Europas, aus Sonnenkraft im Süden. Und von dort wird er dann zu den Bedarfsträgern transportiert. Wir werden in Österreich nicht genug grünen Wasserstoff erzeugen können.
Gibt es dazu schon konkrete Projekte?
Wir sind Teil eines großen Konsortiums, das sich gerade bildet. Ein IPCEI-Projekt („Important Projects of Common European Interest“ der Europäischen Kommission, Anm.), wo es darum geht, in Südosteuropa größere Mengen grünen Wasserstoffs zu erzeugen und zu Industrieabnehmern zu bringen.
Können Erdgas oder Biogas Brückentechnologien sein?
Gas als Brückentechnologie werden wir vermutlich noch länger sehen. Ich glaube, dass Biogas (z.B. aus landwirtschaftlichen Abfällen, Anm.) in der Größenordnung nur eine untergeordnete Rolle spielen wird. Aber absehbar ist, dass es immer mehr grüne Gase geben wird.
Ist das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz ein ausreichender rechtlicher Rahmen?
Es ist insgesamt ein Schritt in die richtige Richtung. Viel von dem, was wir für wichtig erachten, findet sich in diesem Entwurf. Wichtig wäre, dass das Gesetz im ersten Quartal beschlossen wird, weil diese Förderkulisse eine wichtige Voraussetzung für die Investitionsentscheidungen ist. Ein paar Kritikpunkte gibt es von uns, das betrifft zum Beispiel die ökologischen Kriterien bei der Wasserkraft, Differenzierungsfaktoren bei der Windkraft und den Abschlag bei Freiflächen-Fotovoltaikanlagen.
Wie stehen Sie zu einer allgemeinen CO2-Bepreisung, wie sie zum Beispiel in Deutschland ab heuer gilt?
Es gibt mehrere Wege, die nach Rom führen, aber wenn man die Dekarbonisierung will, wird man bei CO2 ein System der Bepreisung finden müssen. Wichtig ist, dass die Einnahmen aus diesem System auch wieder für entsprechende Klimaschutzmaßnahmen verwendet werden. Und wichtig ist auch, dass es entsprechende Rahmenbedingungen und flankierende Maßnahmen gibt, zum Beispiel für die Industrie, damit man die nicht aus Europa vertreibt.
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